Liebesdienst
neulich ganz sicher waren, viel über mich zu wissen, und sich jetzt ganz sicher sind, ich würde Ihre Gesellschaft genieÃen, nehme ich Ihre Einladung an. Unter einer Bedingung â¦Â«
»Und die wäre?«
Sie stand vom Tisch auf, nicht kokett, eher geistesabwesend. Marius bezahlte den Tee, warf Geld in die Spendenbüchse am Ausgang des Museums, geleitete Marisa hinaus in die gewittrige Feuchtigkeit des Nachmittags, wo ich, unsichtbar und bedeutungslos wie ein Busch, die beiden bereits erwartete. Ãber ihnen ein Wasserfarbenhimmel, groÃe graue Wolkenfetzen, die sich auflösten, kaum hatten sie sich gebildet, die Vergänglichkeit der Dinge als Tuschmalerei am Firmament, Zeichen, die sie durchaus hätten entziffern können, so kalligrafisch wirkten sie. Ein fantasiebegabterer Mensch als Marius hätte Marisa bedeutet, nach oben zu blicken, damit sie ihrer beider Namen sähe, in blutiger schwarzer Tinte verschlungen â Marius und Marisa oder vielleicht Marius liebt Marisa â, doch auch Marisa wäre nicht fantasiebegabt genug, ihm bei diesem Spiel entgegenzukommen. »Ich kann nichts erkennen«, hätte sie geantwortet, es sei denn, die Zeichen wären überdeutlich gewesen, aber so weit würde ich nicht gehen.
»Unter welcher Bedingung?«, wiederholte Marius seine Frage.
Aufgerüttelt durch das Wort Bedingung, spitzte ich die Ohren. Wenn bereits von Bedingungen die Rede war, machten sie Fortschritte.
»Dass Sie einen Tisch in einem Restaurant meiner Wahl reservieren, egal wann, auÃer freitags, und mich dann anrufen und mir sagen, dass Sie ihn reserviert haben.«
»Keine sehr harte Bedingung. Betrachten Sie sie als erledigt. Sagen Sie mir nur den Namen des Restaurants und geben Sie mir Ihre Telefonnummer.«
»Das müssen Sie beides selbst herausfinden. Das ist ja gerade die Bedingung.«
»Und wie soll ich das schaffen?«
»Ich werde sie verstecken.«
Ach, Marisa â versteckte sich jetzt für einen anderen!
»Verstecken? Wo?«
»Im Museum.«
»Im Museum? Was soll das heiÃen? Am Informationsschalter? Oder am Schwarzen Brett?«
»Nein. Im Museum heiÃt: in der Kunst.«
»Soll heiÃen, in einem Gemälde?«
»Kann sein, muss aber nicht. Die Wallace Collection verfügt über eine erlesene Sammlung europäischer Möbel und Skulpturen.«
»Muss ich für die Information, die ich brauche, irgendeinen Code knacken? Muss ich eine schriftliche ÃuÃerung interpretieren, oder muss ich nach einem realen Objekt suchen, zum Beispiel in einer Schublade?«
Sie überlegte. »Ich habe mich noch nicht entschieden«, sagte sie. »Vielleicht eine Kombination von allem. Eins weià ich schon, es wird ein Gegenstand sein. Aber ich werde Ihnen nicht verraten, wo Sie suchen sollen. Das dürfen Sie nicht von mir verlangen.«
»Ein Gegenstand?«
»Für einen Mann mit einer wachen Intelligenz stellen Sie zu viele Fragen. Machen Sie Ihre Augen auf, und Sie werden ihn finden.«
»Wollen Sie mir nicht noch andere Hinweise geben?«
»Nein.«
»Und wann kann ich mit der Suche beginnen?«
»Heute in einer Woche.«
»Brauchen Sie so lange, um das Ding zu verstecken?«
»Ich habe noch anderes zu tun, als mich um Ihr Amüsement zu kümmern.«
»Amüsement â kein Wort, das meinen Zustand korrekt beschreibt.«
Und meinen auch nicht, muss ich sagen, nicht an diesem Nachmittag der Worte und Versteckspiele. Doppelt falsch, wie ich fand, die Idee, dass Marisa etwas vor Marius versteckte, einem Mann, mit dem sie sich vor mir versteckte.
Der Verkäufer einer Obdachlosenzeitung sprach die beiden an, bevor sie sich verabschieden konnten.
»Sie tragen ja gar nicht Ihren Ausweis«, provozierte Marius ihn.
»Den haben sie mir geklaut«, antwortete der Verkäufer. »Auf offener StraÃe wird man heute beklaut.«
Marius schob eine Hand in seine GesäÃtasche und zog ein Bündel Geldscheine hervor â eine protzige StraÃenhändlergeste, die ich schon in dem Käsegeschäft an ihm beobachtet hatte. »Ich glaube dir kein Wort, alter Gauner«, sagte er, lehnte die Zeitung ab und gab dem Mann trotzdem einen Fünfpfundschein.
»Das wird ja ein teurer Tag für Sie«, lachte Marisa.
»Wie sagt der Dichter«, erwiderte Marius, »es gibt kein süÃeres Vergnügen, als einen Menschen dadurch zu
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