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Liebesdienste / Roman

Liebesdienste / Roman

Titel: Liebesdienste / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Atkinson
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selbst gemachte Schwarze-Johannisbeer-Marmelade, Schlagsahne. Schwalben durchschnitten den blauen, blauen Himmel, segelten und stießen herab wie Battle-of-Britain-Piloten. Das ferne
Pop
von Leder auf Schlagholz. Der Duft von heißem, starkem Tee und frisch gemähtem Gras. Diese Dinge waren einem furchterregenden wütenden Mann mit einem Baseballschläger gegenüber gewiss unendlich vorzuziehen.
    Martin schleppte seinen Laptop mit sich herum, weil die mittägliche Kabarettveranstaltung, für die er angestanden hatte, nur ein Umweg war auf seinem heutigen (sehr verspäteten) Gang ins »Büro«. Martin hatte vor kurzem ein »Büro« in einem renovierten Block in Marchmont angemietet. Es war einst ein Lebensmittel- und Spirituosengeschäft gewesen, bot jetzt jedoch langweiligen, gesichtslosen Raum – Rigipswände und Laminatboden, Breitbandanschluss und Halogenlampen – für ein Architekturbüro, eine IT -Beraterfirma und für Martin. Er hatte das »Büro« in der vergeblichen Hoffnung gemietet, dass es ihm helfen würde, die Lethargie zu überwinden, die er bei dem Gedanken an sein Projekt (»Tod auf Black Isle«) empfand, wenn er jeden Tag das Haus verließ, um zu schreiben, und sich wie alle anderen an normale Arbeitszeiten hielt. Er betrachtete es als schlechtes Zeichen, dass er an das »Büro« nur als einen Raum dachte, der zwischen Anführungszeichen existierte, mehr ein fiktionales Konzept als ein Ort, an dem tatsächlich etwas geleistet wurde.
    »Tod auf Black Isle« war wie ein verzaubertes Buch, gleichgültig, wie viel er schrieb, es schien nie mehr zu werden. »Sie sollten den Titel ändern, er klingt wie ein Tim-und-Struppi-Buch«, meinte Melanie. Bevor Martin vor acht Jahren sein erstes Buch veröffentlicht hatte, war er Religionslehrer gewesen, und aus unerfindlichen Gründen hatte es sich Melanie zu einem frühen Zeitpunkt ihrer Bekanntschaft in den Kopf gesetzt (und es nicht wieder herausbekommen), dass Martin einst in einem Kloster gewesen war. Wie sie auf diese Idee verfallen war, hatte er nie begriffen. Es stimmte, er hatte eine vorzeitige Tonsur wegen seines schütter werdenden Haars, aber davon abgesehen glaubte er nicht, dass an seiner Erscheinung etwas besonders Mönchisches war. Gleichgültig, wie sehr er sich bemühte, Melanie diese fixe Idee auszureden, war es noch immer das, was sie an ihm am interessantesten fand. Melanie war es gewesen, die diese Fehlinformation an seinen Verleger weitergegeben hatte, der sie seinerseits in der Öffentlichkeit verbreitete. Es stand in den öffentlich zugänglichen Informationen über ihn, es stand in der Ausschnittsammlung und im Internet, und sooft Martin zu Journalisten auch sagte, »Nein, das stimmt nicht, ich war nie Mönch«, sie machten es zum Dreh- und Angelpunkt jeden Interviews –
Blake widerspricht, wenn seine Priesterschaft erwähnt wird.
Oder:
Alex Blake weist eine frühe religiöse Berufung weit von sich, aber seinem Charakter haftet noch immer etwas Verschlossenes an.
Und so weiter.
    »Tod auf Black Isle« schien Martin noch abgedroschener und formelhafter als seine früheren Bücher, etwas, was man im Bett, im Krankenhaus, im Zug oder Flugzeug oder am Strand las und sofort wieder vergaß. Seitdem er mit Nina Riley angefangen hatte, schrieb er jedes Jahr ein Buch, und er glaubte, dass ihm einfach der Dampf ausgegangen war. Sie schleppten sich nebeneinander dahin, er und seine leichtgewichtige Schöpfung, und sie steckten gemeinsam fest. Er sorgte sich, dass sie einander nie entkommen würden, dass er ewig über Nina Rileys alberne Eskapaden schreiben würde. Er wäre ein alter Mann, und sie wäre immer noch zweiundzwanzig, und er hätte ihnen beiden das Leben ausgesaugt. »Nein, nein, nein, nein, nein, nein, und noch mal nein«, sagte Melanie. »Man nennt das eine Goldmine ausbeuten, Martin.« Den letzten Tropfen aus einer Milchkuh herauspressen, hätte es vielleicht jemand anders genannt, der nicht fünfzehn Prozent bekam. Er fragte sich, ob er seinen Namen wechseln – oder, noch besser, seinen richtigen Namen annehmen – und etwas anderes, etwas von wirklicher Bedeutung und wahrem Wert schreiben könnte.
     
    Martins Vater war Berufssoldat gewesen, Hauptfeldwebel einer Kompanie, aber Martin selbst hatte im Leben einen entschieden nichtkämpferischen Weg eingeschlagen. Er und sein Bruder Christopher waren in einem kleinen Internat der Kirche von England gewesen, das den Söhnen der Streitkräfte eine spartanische Unterkunft bot,

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