Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
dachte ich, wie wenig ich ihm doch vertraue, es könnte mir passieren, daß ich wirklich eine Tramperin war, aber im Auto eines anderen.
Fast war ich überrascht, als er anhielt und mich sogar mit einem breiten Lächeln durch das Fenster anstrahlte. Ich machte die Tür auf, und er sagte, ich fahre nach Jaffo, wohin willst du?
Nach Jaffo, sagte ich, stieg in den brandigen, scharfen Geruch des Autos und betrachtete prüfend und mißtrauisch den Fahrer, schließlich konnte eine solche Fahrt die letzte sein, und er spürte meinen Blick und sagte, du brauchst keine Angst zu haben, ich werde dich nicht vergewaltigen.
Was machst du beruflich, fragte ich, vielleicht sagst du mir ja zufällig die Wahrheit, und er lachte, ich organisiere Reisen, das ist es, was ich tue. Ich betrachtete sein dunkles Profil, und auf einmal kam er mir wie ein Inder vor, mit dieser dunklen Haut, den silbernen Haaren und den hohen Wangenknochen, ein alter Inder mit viel Lebensweisheit, und ich stellte ihn mir mit einem Turban auf dem Kopf vor und lachte, was hatte ich mit ihm zu tun, und er warf mir einen verwirrten Blick zu und fragte, und du?
Ich heiße Avischag, sagte ich, ich komme aus einem Kibbuz im Negev. Solch eine Avischag war mit mir bei der Armee gewesen, sie hatte mit mir das Zimmer geteilt und war immer ganz problemlos eingeschlafen, während ich mich bis zum Morgen im Bett herumwälzte, meine Schlaflosigkeit verfluchte und sie beneidete und mir wünschte, an ihrer Stelle zu sein.
Avischag, sagte er, begeistert auf meine neue Identität eingehend, was hast du unter der Strumpfhose an?
Einen Slip, sagte ich, was hast du denn gedacht?
Genau das, sagte er enttäuscht, Avischag, ich war viele Jahre in Paris, und weißt du, was ich dort entdeckt habe?
Keine Ahnung, sagte ich kühl, der neue Name schützte mich vor ihm.
Ich habe entdeckt, daß die Pariserinnen nichts unter der Strumpfhose tragen, und du kannst mir glauben, es lohnt sich für sie, zieh deinen Slip aus, Avischag, und du wirst sehen, daß du ihn nicht brauchst.
Und daß es sich für mich lohnt, kicherte ich, und er sagte in seinem üblichen hochmütigen Ton, du sollst es nicht für mich machen, sondern für dich, du wirst deinem Körper näher sein, das sage ich dir.
Ich war eigentlich gar nicht so darauf aus, meinem Körper näher zu sein, sondern seinem, und nicht direkt seinem Körper, sondern etwas anderem, mehr Innerlichem, das ich, weil ich keine Wahl hatte, Körper nannte, mit Bedauern nannte ich es Körper, lange Finger und glatte, dunkle Haut und klar geschnittene Lippen und Augen, die plötzlich lebendig geworden waren und abwechselnd von der breiten Straße auf meine Beine schauten, ohne seine Erwartung zu verbergen.
Also begann ich, mich im Auto auszuziehen, erst die Schuhe, dann die Strumpfhose, wand mich, damit sie nicht zerriß, wie eine große Spinne mit vielen Beinen, von denen eines dem anderen im Weg ist, und zog das überflüssige Kleidungsstück aus, schlüpfte wieder in die Strumpfhose und wedelte mit dem Slip in seine Richtung, und er lächelte zufrieden, nahm ihn und steckte ihn ein wie ein Taschentuch, und mein Slip guckte aus seiner Hosentasche, auch als wir das Auto verließen und zu Fuß weitergingen. Ich erkundigte mich absichtlich nicht nach unserem Ziel, wenn schon Abenteuer, dann bis zum Schluß, und ich wußte, daß er auf meine Frage sauer reagieren würde, er wollte, daß ich ihm bedingungslos vertraute, deshalb sagte ich mir, heute gewöhnst du dich also an Vertrauen und an ein Dasein ohne Slip, als wäre das ein höheres Ziel, eine erhabenere Stufe der Weiblichkeit, oder besser des Mätressendaseins. Ich stellte mir vor, daß Leute mich nach meinem Beruf fragten, und ich sagte Mätresse, in einem Ton, der sie zum Erstaunen brachte.
Ich hatte gedacht, wir würden durch die Galerien ziehen oder das Meer betrachten, aber er bog rasch in eine schmale Gasse ein und stieg alte Treppen hinauf, mein Slip sah aus seiner Hosentasche, und klopfte an eine Tür, und nach ein paar Sekunden wurde sie aufgemacht, und ein verschlafen aussehender Mann stand in der Tür und strahlte vor Freude.
Arie, sagte er mit einer dünnen Stimme, wie wunderbar, dich zu sehen, ich habe fast nicht mehr geglaubt, daß du kommst, dann schaute er mich an, schien verwirrt zu sein, jedoch zufrieden, und Arie sagte, das ist Avischag, eine Kibbuznikit aus dem Süden, meine Tramperin.
Ich fühlte mich ganz wohl in meiner geliehenen Identität und dachte, was würde
Weitere Kostenlose Bücher