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Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Titel: Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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einfach, es war sehr schön, wir telefonieren, und er nimmt meinen Arm, warte einen Moment, Ella, drängt er, hör auf, mich so zu behandeln, ich weiß, dass es dir nicht gefallen hat, ich weiß, dass wir nicht telefonieren werden, hör auf, dich zu verstellen, und ich ziehe überrascht meinen Arm zurück, zum ersten Mal, seit wir uns getroffen haben, schaue ich ihn offen an, hör zu, es hat wirklich nichts mit dir zu tun, sage ich, ich bin momentan einfach nicht für solche Treffen geeignet, es ist zu früh für mich, ich habe es Dina gleich gesagt, aber sie hat trotzdem darauf bestanden, es tut mir wirklich Leid. Auch mir tut es Leid, sagt er, sein Gesicht ist meinem ganz nahe, schade, dass du mir keine Chance gibst, du nimmst überhaupt nicht an dem teil, was passiert, du wagst es nicht, den Fuß ins Wasser zu strecken, du isst nichts, du sprichst nicht, du trägst nichts bei zu dieser Verabredung, vielleicht glaubst du, dass du auf diese Art bei dem Spiel gewinnst, aber du irrst dich, du spielst überhaupt nicht mit, und ich schaue ihn verlegen an, was hast du eigentlich erwartet? Was hätte ich dir schon Wesentliches zu sagen gehabt?
    Zum Beispiel, dass ich für das Steak bezahlen soll, das ich gegessen habe, sagt er, es war dir angenehmer, selbst zu bezahlen, als mir einen ehrlichen Satz zu sagen, glaub ja nicht, dass es mir nicht aufgefallen ist, er nimmt einen Geldschein aus seiner Tasche und hält ihn mir hin, hier, nimm, ich öffne mich dir, so wie ich bin, mit Gutem und Bösem, und du verschließt dich, was verbirgst du, sag es mir, und ich verteidige mich sofort, nein, ich verberge gar nichts, solche Dates sind einfach nichts für mich. Wo lebst du denn, glaubst du etwa, für mich, fragt er spöttisch, glaubst du, so etwas macht irgendjemandem Spaß? Es ist für jeden eine Qual, und trotzdem machen wir weiter, wir wollen nicht auf die kleine Chance verzichten, dass es diesmal etwas Richtiges sein könnte, etwas, das alle Mühsal rechtfertigt. Du bist nicht die Richtige für mich, Ella, und trotzdem mache ich mir etwas aus dir, und ich sage dir, du bist erst am Anfang des Weges, und dieser Weg wird immer unangenehmer. Du musst wissen, was dir bevorsteht, du musst dich an diesem Spiel beteiligen, denn es ist deine einzige Chance, jemanden zu finden, ich weiß, dass ich dir nicht gefallen habe, aber es könnte sein, dass alle, die du zukünftig treffen wirst, dir noch weniger gefallen werden als ich, also dann, er schüttelt sich, gute Nacht, und schon verlässt er mich auf seinen dünnen Beinen und verschwindet in dem schwarzen Jeep, der auf dem Gehweg geparkt ist und den Eingang zum Café fast versperrt.
    Verlegen und überrascht schaue ich ihm hinterher, zerdrücke, ohne es zu merken, den Geldschein in meiner Hand, soll ich ihn zurückrufen, soll ich versuchen, das Treffen noch einmal neu zu beginnen, nein, das ist es nicht, wozu dieser Abend bestimmt ist, ich setze mich auf das feuchte Mäuerchen auf der anderen Straßenseite, dem Café gegenüber, und beobachte den Geburtstagstisch, als würde ich mir einen Stummfilm anschauen, Jotams triumphierendes Wandern von den Knien seines Vaters zu den Knien seines Großvaters und seiner Großmutter, das Gesicht seiner Schwester, von Neid gerötet, die Worte, die gerade zu mir gesagt worden sind, sinken mir zu Füßen, gültig und gegenwärtig, störend wie ein Jucken, aber sie sind es jetzt nicht, in die ich mich versenke, ich schiebe meine Hände in die Manteltaschen und habe vor, die traurige Möglichkeit, die sich mir zufällig bietet, das Verhalten einer vollständigen Familie zu beobachten, bis zum Letzten auszunutzen, so wie man an einem schönen Tag in den Zoo geht, ich betrachte jetzt keine Tonscherben, sondern Menschen, die viel eher verschwinden werden als das Geschirr, von dem sie essen.
    Die Großmutter mit silbern glänzenden kurzen Haaren, der Großvater ein bisschen schwerfällig, mit entspannten Gesichtszügen, den Farben nach zu urteilen, sind sie Michals Eltern, und ich frage mich, wo seine Eltern sind, ob er vielleicht eine Waise ist, ich achte vor allem auf ihn, auf sein hartes und trotzdem zerbrechlich wirkendes Profil, jetzt bemerkt er, dass seine Tochter sich ärgert, und bietet ihr seine Knie an, was für ein herausfordernder Stolz strahlt aus ihrem Gesicht, als er sie umarmt, als würde sie gekrönt, seine dunklen Lippen auf ihren honigfarbenen, mit einer Spange zusammengehaltenen Haaren, jetzt flüstert sie ihm etwas ins Ohr, und beide

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