Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
war, wie werde ich mich jemals wieder verlieben können, frage ich mich jetzt, während eine lautstarke Gesellschaft hinter meinem Rücken Platz nimmt, ich sehe die Leute nicht, aber ihr ausgelassener Lärm dringt an unseren Tisch, eine fröhliche familiäre Geburtstagsfeier, wie sich herausstellt, und er zieht die Brauen hoch, was ist das für ein Krach, vielleicht setzen wir uns an einen anderen Tisch, man kann ja sein eigenes Wort nicht mehr verstehen, und ich schaue mich um, das Café ist schon sehr voll, wohin sollen wir umziehen, nur am Eingang ist noch ein Tisch frei, neben dem Wachmann, jeder hat Angst, sich dorthin zu setzen, sogar der tapfere Pilot mir gegenüber.
Es bleibt uns nichts anderes übrig, sagt er, ich werde sie bitten, ein bisschen leiser zu sein, eine Unverschämtheit, man könnte wer weiß was denken, nur ein Geburtstag, was gibt es da groß zu feiern, und ich werde immer verlegener, als ich sehe, wie er schnell aufsteht, seine lächerliche kurze Hose gerade zieht, zu unseren Tischnachbarn geht und sagt, entschuldigen Sie, wir haben hier eine außerordentlich wichtige Verabredung, macht es Ihnen etwas aus, leiser zu sein, und ich höre, wie ihm eine tiefe Stimme in spöttischer Höflichkeit antwortet, wir werden uns große Mühe geben, aber das ist ein bisschen schwierig mit den Kindern, eine mir bekannte Stimme, eine Stimme, die ich schon mehr als einmal gehört habe. Kennen wir uns, hat er gefragt, kennen wir uns? Und ich senke den Kopf, werfe einen verstohlenen Blick zu der Familie hinüber, zu den Eltern und den Kindern, ein fröhlicher Geburtstag bei der Familie Schefer, die mangofarbenen Locken der Frau mit einer goldenen Nadel hochgesteckt, das ernste Gesicht des Jungen, der mich immer an Gili erinnert, die puppenhafte Schönheit des Mädchens, und er selbst mit den vollen Lippen und den schwarzen Augen mit den dunklen Ringen, die sie noch schwärzer aussehen lassen, er selbst ist es, der mir ein großartiges Geschenk gemacht hat, und er weiß es noch nicht einmal, nein, wir kennen uns nicht, wir werden uns nie kennen, aber wenn es etwas gibt, was ich mir mehr als alles andere wünsche, dann ist es, dich kennen zu lernen.
Schon wieder dieser Geruch, zischt der Pilot leise, als stünden wir beide zusammen gegen den Rest der Welt, vorher war es doch in Ordnung, vermutlich kommt er von ihnen, und ich senke den Kopf, damit sie mich ja nicht erkennen, und versuche, ihrem Gespräch zu lauschen, herauszufinden, wer Geburtstag hat, ihre Stimmen hören sich angenehm an, wecken meinen Neid. Papa, ich will auf deinem Schoß sitzen, verkündet Jotam, und Michal sagt, aber wie soll Papa dann essen, das stört ihn, du bist doch kein Baby mehr, du bist heute sechs geworden, und sein Vater sagt, in Ordnung, komm schon, mein Süßer, und ich wage nicht hinüberzuschauen, aber vor meinem inneren Auge sehe ich, wie sich die dunklen, vollen Lippen auf die hohe Stirn des Jungen drücken, der Gili so ähnlich sieht und dessen Lebensumstände doch so anders sind. Wie wird unsere zerrissene Familie den nächsten Geburtstag feiern, alle folgenden Geburtstage, vielleicht werden wir zwei getrennte Feiern organisieren, eine doppelte Freude, das heißt eine geteilte.
Gleich kommen Oma und Opa, sagt Michal, warten wir mit dem Bestellen, bis sie da sind, und Jotam kreischt vor Glück, ich darf mir bestellen, was ich will, ich habe heute Geburtstag und du nicht, er provoziert seine Schwester, und sie antwortet sofort, du bist einfach noch ein Baby, was gibst du so an, ich hatte schon öfter Geburtstag als du, und wieder kommt die behutsame Stimme ihres Vaters, der den Streit im Keim erstickt. Ich bestelle mir ein zweites Glas Wein, und während der ganzen Zeit berichtet mir mein Tischgenosse von seinen Reisen durch die Welt. Wir können von diesen Japanern viel lernen, erklärt er begeistert, und es stellt sich heraus, dass er gerade aus Japan zurückgekehrt ist, ihre Vorstellung von Ästhetik ist absolut außergewöhnlich, wirklich eine neue Religion, du müsstest sehen, wie sie einen Baum beschneiden, zehn Gärtner um einen Baum, und ich nicke gleichgültig, achte nur auf das, was am Nachbartisch gesprochen wird, hüte mich aber, das Gesicht zu wenden, um meine Demütigung nicht zu zeigen, schließlich sind Paare eines Blinddate leicht zu erkennen, Talja und ich haben uns manchmal darüber amüsiert, aber zu meinem Entsetzen höre ich plötzlich einen fröhlichen Aufschrei, vermutlich begleitet von einem
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