Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
langen Fenster des Treppenhauses steht ein einzelner Blumentopf, eine mickrige Pflanze mit milchweißen Blättern, und ich wende mich an sie, als würde ich sie um Verzeihung bitten, ich mache mir solche Sorgen um Gili, murmle ich heiser, wie soll er hier zurechtkommen, er verliert sein Zuhause, und diese Wohnung ist schon besetzt, er ist ein Einzelkind, und plötzlich diese Konkurrenz von allen Seiten, ich habe Angst, dass er das nicht aushält, er ist sensibel und schwach, ich habe Angst, dass sich eine Katastrophe anbahnt.
Das Licht im kalten Treppenhaus geht immer wieder an und aus, und ich drücke mich an die Wand, aber nur in den unteren Stockwerken kommen und gehen Menschen, niemand kommt hierherauf, mit welcher Selbstverständlichkeit kehren Menschen um diese Uhrzeit in ihre Wohnungen zurück, mit welcher Selbstverständlichkeit habe ich meine Wohnung verloren. Erst als ich schweige und meine brennenden Augen vor dem Blumenstock schließe, macht er die Tür auf und kommt zu mir, setzt sich neben mich auf die Treppe, genug, Ella, beruhige dich, alles wird gut sein, flüstert er mit Mühe, hält mir ein Glas hin, hier, trink etwas und komm wieder zu dir, er legt den Arm um meine Schultern, und ich flüstere in sein Ohr, entschuldige, dass ich dich so angefahren habe, ich weiß nicht, was mit mir los ist, ich habe nicht gewusst, dass es mir so schwer fallen würde, mich von der Wohnung zu trennen, ich habe das Gefühl, mein Zuhause verloren zu haben. Aber du hast Liebe gefunden, sagt er ruhig, du hast mich, du bist so beschäftigt mit Kleinigkeiten, dass dir das Wichtigste nicht auffällt, unsere Liebe ist etwas, worüber du dich freuen sollst, ich werde nicht zulassen, dass du eine Tragödie aus ihr machst, wir versuchen, gemeinsam etwas Neues aufzubauen, und ich flüstere, aber um aufzubauen, haben wir so viel zerstört, und er sagt, wir haben nur getan, was nötig war, ertrinke nicht schon wieder in der Vergangenheit, du musst dich von ihr befreien, du warst so tapfer am Anfang, ich erinnere mich, wie ich deinen Mut bewundert habe, als wir uns kennen lernten.
Das war kein Mut, das war Dummheit, sage ich, ich habe damals nicht verstanden, was ich tue, ich habe geglaubt, dass sich alles zum Guten wendet, und er sagt, auch jetzt verstehst du nicht, was du tust, wenn du glaubst, dass alles schlecht wird, komm, steh auf, drängt er, wasch dir das Gesicht, wir gehen, und ich frage, wohin, ich kann nirgendwohin gehen, ich habe noch nicht fertig gepackt, und er sagt, wir kaufen einen Vorhang, beeil dich, die Geschäfte schließen bald, und ich stehe mühsam auf, mir ist schwindlig und in meinem Kopf pocht ein dumpfer Schmerz, ich habe gedacht, du glaubst nicht an künstliche Lösungen, erinnere ich ihn, und er sagt, das stimmt, aber im Moment suche ich nicht nach einer Lösung, sondern nach einem Vorhang.
Und am nächsten Tag, am ersten Adar um halb neun Uhr morgens, steht ein schwerer Möbelwagen auf dem Bürgersteig unter den Pappeln, und ich deute mit schwacher Hand auf die Dinge, die für den Umzug bestimmt sind, das Sofa, die Sessel, der Computer und die Schreibtische, das Bett und die Kommode, der Schrank und die Regale, Teppiche und Bilder, und die Kleider, die wir in Bettbezüge gestopft haben, und die Bücherkartons, die Küchengeräte und Spielsachen. Der Herd und der Kühlschrank bleiben hier, bis die Wohnung verkauft ist, auch das Ehebett, und ich betrachte schweigend die Zimmer, die sich schnell leeren und den Blick auf graue Wände freigeben, wie kranke Zähne, hier wird unser Leben zerstört, fast sieben Jahre, was sind schon sieben Jahre gegen ein ganzes Leben, aber für den Jungen ist es sein ganzes bisheriges Leben, es ist die Arena seines frühen Lebens.
Unsere Fingerabdrücke an den Wänden bewegen sich wie Schatten, die tiefe Zeichen einritzen, was bedeutet diese Schrift, die noch nicht entziffert ist, vielleicht wird derjenige, der sie entziffert, es vorziehen, sie nicht zu verstehen, denn diese Schrift erzählt nicht von einem Sieg, sondern von einer Niederlage, und es handelt sich nicht nur um die Niederlage der Familie, die fast sieben Jahre lang hier gewohnt hat, es wird auch die der Familie sein, die nach ihr hier wohnt, denn die Schrift erzählt von der Vergeblichkeit unserer Bemühungen und von der Nacktheit des Lebens, von der Sinnlosigkeit, die sich wie ein giftiges Insekt hinter jedem Felsen versteckt, und von der Armseligkeit, die von Ort zu Ort wandert, trotz all der Dinge, die
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