Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
deine Freunde sein wollen, und er sagte, ja, vielleicht, aber vielleicht auch nicht, und seine jungenhaften Augen schauten mich aus dem Kindergesicht skeptisch an, und vielleicht sehne ich mich jetzt nach einem ähnlichen Wunder, das mir die Aufgabe erleichtert, so dass ich nur noch bestätigen und beruhigen muss, statt die Nachricht selbst zu überbringen. Aber wann ist der passende Zeitpunkt, am Morgen vor der Schule auf keinen Fall, und nachmittags ist er hungrig und müde, später ist er ins Spielen vertieft, oder er lädt sich einen Freund ein, und wenn der Freund schließlich geht, ist es schon spät, und vor dem Schlafengehen passt es am allerwenigsten, und am nächsten Wochenende ist er bei Amnon, komm, mein Süßer, mein Junge, komm, setz dich einen Moment zu mir, ich habe dir etwas zu sagen.
Ist sein Gesicht weiß geworden, oder bilde ich es mir nur ein, Blässe vertuscht mehr als Röte, sie beunruhigt und ist nicht zu fassen, meine Augen sind schon von einem Schleier bedeckt, Mama, warum weinst du, soll ich sagen, dass ich vor Freude weine, vor Freude weine ich, komm, mein Liebster, setz dich auf meinen Schoß, sein Körper erstarrt in meinen Armen, seine Muskeln verkrampfen sich, und trotzdem ist sein Gesicht voller Vertrauen, als er mit einer unschuldigen, erstickten Stimme fragt, Mama, aber das ist nicht für immer, nicht wahr, das ist nur für einen langen Besuch, ja?
Und wer, mein Sohn, wird die Länge des Besuchs festlegen, ich oder du, oder unsere Gastgeber, ihre Großzügigkeit, ihre Freundlichkeit, ihre Geduld, das ist kein Besuch, Gili, sage ich und versuche, Festigkeit in meine Stimme zu legen, das wird unser Zuhause sein, Gili, und er protestiert, aber das hier ist unser Zuhause, er breitet seine kleinen Arme in dem dämmrigen Zimmer aus, und dann fragt er gleich, und wer wird hier wohnen, Papa? Nein, sage ich, wir werden die Wohnung an andere Leute vermieten, und er fragt entsetzt, werden sie auf diesem Sofa sitzen und unser Essen essen? Aber nein, sage ich, wieso denn, wenn wir umziehen, nehmen wir unsere Möbel mit, und natürlich auch das Essen, wir nehmen all unsere Sachen mit in die neue Wohnung, wir lassen hier nichts zurück, und er legt seinen Kopf in meinen Schoß, seine Stimme bricht, aber ich will nicht umziehen, ich will hier bleiben, zu meiner Überraschung sagt er nichts zu der neuen Familie, die uns erwartet, der wir durch eine Art komplizierte Operation hinzugefügt werden sollen. Gili, ich weiß, dass es wirklich nicht leicht ist, sage ich, auch ich bin ein bisschen traurig, aber wir beide werden uns gemeinsam daran gewöhnen und wir werden eine größere Wohnung haben, und ich kaufe dir ein Geschenk für das neue Zimmer, sogar einen Fernseher, verspreche ich in meiner Dummheit, ich bin mir selbst zuwider, schaffe es aber nicht, damit aufzuhören, du wirst im Bett fernsehen können, sage ich, um ihn zu begeistern, als wäre das die Krönung allen Glücks, und sofort versuche ich, wieder die pädagogischere Richtung einzuschlagen, es ist doch schön, etwas zu verändern, es ist vielleicht ein bisschen unheimlich, aber auch interessant, nicht wahr, oder möchtest du dein ganzes Leben lang am selben Ort bleiben?
Ja, antwortet er einfach, bis ich groß bin, und ich küsse ihn auf die Haare, er riecht nach winterlichem Schweiß und dem Schlamm des Spielplatzes, als wäre er aus der Tiefe der Erde aufgestiegen, du wächst die ganze Zeit, und die ganze Zeit gibt es Veränderungen, mal größere, mal kleinere, Veränderungen helfen uns zu wachsen, sie helfen uns, stärker zu werden, aber die schwache Glühbirne der Tischlampe wirft einen düsteren Kreis um unsere aneinander gelegten Gesichter, und es scheint, als würden wir immer schwächer, als klammerten wir uns aneinander, um unser Leben zu retten, mein Sohn Gil’ad und ich.
Wie einen kranken Säugling wiege ich ihn in den Armen, es ist, als hätte ich ihm jetzt erst von der Trennung seiner Eltern berichtet, von der endgültigen, tragischen Trennung, und all die Tränen, die sich seither angesammelt haben, brechen jetzt aus ihm heraus, lange Schluchzer, die in ihrer Heftigkeit wetteifern, ich will nicht umziehen, es reicht, dass wir uns von Papa getrennt haben, ich will mich nicht von der Wohnung trennen, und ich sage, du wirst sehen, dass du dich an die neue Wohnung gewöhnst, so wie du dich an die neue Schule gewöhnt hast, wie du dich an Papas Wohnung gewöhnt hast, und er schlägt gegen meine Brust, ich will nicht, ich
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