Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
begeistert gekauft wurden und Dauerhaftigkeit und Sicherheit vorgeben, und ich betrete Gilis leeres Zimmer, helle Quadrate zeigen die Umrisse der Möbelstücke, die hier gestanden haben, Bett, Kommode, Kleiderschrank, und da sind die Markierungen, mit denen wir immer wieder festgehalten haben, wie viel er gewachsen ist, hier hat er sich hingestellt, neben den Türstock, den kleinen Körper gereckt, und ich habe eine gerade Linie gezogen und notiert, Gili, zwei Jahre alt, drei, vier, fünf, sechs. Ich bin gewachsen, hat er gejubelt, ich werde mal so groß wie Papa, und ich berühre die Striche, als würde er noch immer hier stehen, mit seinem dichter und dunkler gewordenen Haarschopf, und dann stelle ich mich an den Türstock und ziehe einen Strich über meinem Kopf, Ella, sechsunddreißig Jahre, notiere ich, der Maler wird unsere Spuren sowieso überstreichen.
Sein Fenster sieht aus wie ein Wandbild, ich prüfe den Ausblick aufmerksam, als wäre dies die Wohnung, in die zu ziehen ich beabsichtige, fleischiger Efeu rankt sich um den Stamm des Baums vor dem Fenster, geschmückt mit den purpurnen Blüten einer Bougainvillea, und ich denke wütend an den Ausblick von seinem neuen Zimmer, ziehe ich etwa wieder aus dem Dorf in die Stadt, so wie damals, ziehe ich an einen Ort, der nie mein Zuhause sein wird, und schon würde ich am liebsten die Möbelpacker aufhalten und sie beauftragen, die Kisten zurückzutragen, das Bett des Jungen, seinen Kleiderschrank, den Teppich, denn das hier ist sein Zimmer, sein Zuhause, nie wird er ein anderes Zuhause haben, so wie ich keines mehr hatte. Ich lehne an der Fensterbank, seufze über den Köpfen der Vorübergehenden, sie müssen dem Lastwagen ausweichen, der sich immer mehr mit Kartons füllt, soll ich sie zu Hilfe rufen, Diebe rauben meine Wohnung aus, sie lassen mir nichts mehr, aber alle sehen so sorglos aus, und ich frage mich, ob wir irgendwann auch so durch diese Straße gehen werden, in ein lebhaftes Gespräch vertieft, und ich werde auf das große Fenster deuten und sagen, hier haben wir einmal gewohnt, du und ich und Papa, und er wird einen Blick zum Balkon hinaufwerfen und sagen, wirklich, ich kann mich kaum noch erinnern.
Die Möbelpacker sind schneller als meine Gedanken, schon stehen sie wieder in der Tür, fragen, ob sie noch etwas mitnehmen sollen, und ich schüttle schweigend den Kopf, am liebsten würde ich ihnen um den Hals fallen und sagen, ihr seid die letzten Zeugen des Lebens, das wir in diesem Haus geführt haben, und nachdem ich langsam hinter der letzten Kiste die Wohnung verlasse und sorgfältig die Tür abschließe, sehe ich zu meinem Entsetzen draußen auf der Straße die Reste unseres alten Lebens, die aus der übervollen Mülltonne quellen. Ein Zettel wird von dem Wind davongetragen, und ich laufe hinterher und bücke mich danach, darauf die hastig hingekritzelte Nachricht, ich komme spät, mach dir keine Sorgen, diese einfachen Worte basieren auf der festen Annahme, dass der andere auf dich wartet und an dich denkt, auf der Annahme, dass du einen Ort hast, an den du zurückkehren kannst, ein einfacher Zettel, mit Bleistift beschrieben, ohne Datum, Dutzende solcher Zettel sind schon von der Mülltonne verschluckt worden. Als ich die Papiere sortierte, habe ich ihm keine Beachtung geschenkt, aber hier, auf der Straße, bricht er mir mit seiner Unschuld das Herz, und ich stecke ihn in die Tasche, auf einmal bemerke ich die Fotos, die vermutlich aus einem Karton gefallen sind, unsere letzten gemeinsamen Fotos, aufgenommen an Gilis sechstem Geburtstag, wir haben es nicht mehr geschafft, sie ins Album einzukleben, wir waren viel zu sehr mit unserer Trennung beschäftigt, hier haben wir ihn samt Stuhl hochgehoben, sein Gesichtsausdruck ist der eines Prinzen, verträumt, mit einem beherrschten Lächeln, der Kranz fällt ihm fast vom Kopf, der Rasen ist mit Luftballons geschmückt, die Kinder spielten Fangen, niemand merkte, dass wir, Amnon und ich, kein Wort miteinander gewechselt haben.
Aus der übervollen Mülltonne fließen die Reste unseres Lebens und überschwemmen die Stadt wie Heuschrecken, zu jedem Haus werden sie gelangen, durch jedes Fenster dringen, und ich wühle mit bloßen Händen in der Tonne, die die Heimlichkeiten unserer Familie ausspuckt, damit alle sie sehen, fische weitere Fotos heraus, stinkender Schmutz bleibt an meinen Fingern kleben, und da kommt eine Nachbarin mit einer Mülltüte die Treppe herunter, stellt sie neben die Tonne und
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