Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
fragt erstaunt, ihr zieht aus, und ich versuche höflich zu lächeln, ja, sage ich, wir haben eine größere Wohnung gefunden, doch mein Lächeln verblasst, und ich wische mir mit meinen schmutzigen Fingern über die Augen, meine Lippen beginnen zu zittern, und sie schaut mich verwirrt an, das ist nicht schlimm, murmelt sie, Sie müssen darüber nicht so traurig sein, dieses Haus fällt sowieso auseinander.
Wie Schafe zur Schlachtbank werden unsere Kartons im Bauch des Möbelwagens transportiert, sie sind mit roten Buchstaben versehen, Gilis Zimmer, Schlafzimmer, Wohnzimmer, Küche, Badezimmer, und vorn, in der Kabine, sitze ich neben dem Fahrer, schaue von oben hinunter auf die vertrauten Straßen, von hier aus hat das Leben des Menschen kaum eine Bedeutung, so zwergenhaft sehen die Geschöpfe aus, die den Zebrastreifen überqueren, und auch ihre Autos sind klein, ihre Sorgen, ihre Wünsche, was trieb die Flüchtlinge über Meere und Kontinente auf ihrer Suche nach einer neuen Wohnstatt, war es der Überfall feindlicher Völker, Fremde, die vom Westen kamen und alles zerstörten, was sich ihnen in den Weg stellte, oder ein plötzlicher Klimawechsel oder ein Erdbeben, das den alten Orient erschütterte und den Lauf der Geschichte veränderte, Kulturen zerstörte, ganze Bevölkerungen auf die Wanderung trieb? Vor der weißen Wohnungstür bleibe ich stehen, den Schlüssel in der Hand, ich habe ihn noch nie benutzt, wird er beide Schlösser öffnen, oder ist ein zusätzlicher Schlüssel nötig, den ich gar nicht habe, und ich versuche, ihn in das obere Schloss zu stecken, ohne Erfolg, auch in das untere passt er nicht, und hinter mir schnauft einer der Möbelpacker, auf seinem gebeugten Rücken hängt an Gurten die Waschmaschine, was ist, machen Sie schon auf, sagt er, und ich entschuldige mich nervös, noch einen Moment, es gibt hier ein Problem, ich rufe sofort Oded an, aber er geht nicht ran.
Sind Sie sicher, dass es der richtige Schlüssel ist, fragt mich der Fahrer, der dazugekommen ist, er nimmt ihn mir aus der Hand und versucht ebenfalls sein Glück, haben Sie vielleicht noch einen anderen? Und ich wühle in meiner Tasche und ziehe erleichtert ein kleines Bund heraus, Verzeihung, ich bin durcheinander gekommen, entschuldige ich mich, das war der Schlüssel von meiner alten Wohnung, ich halte ihm das Bund hin, und innerhalb weniger Minuten füllt sich die halb leere Wohnung mit Kartons und Möbeln. Mein graues Sofa steht ganz natürlich gegenüber seinem schwarzen Ledersofa, der Teppich ist ausgerollt und schmückt das Wohnzimmer mit orangefarbenen und purpurnen Streifen, und in Gilis Zimmer steht bereits das Bett neben dem Fenster und gegenüber der Kleiderschrank, und dazwischen liegt der Teppich, darauf das Geschenk, das ich ihm gekauft habe, eine große, von Mauern umgebene Ritterburg, und während ich wie ein eifriger Verkehrspolizist den einen Karton ins Schlafzimmer dirigiere, den anderen zur Küche, kehrt langsam das leise Gefühl zurück, dass ich die Sache im Griff habe, und es scheint, als würde sich meine Existenz, vom langen Zögern aufgeweicht, nun wieder ein wenig festigen, nun, da ich tue, wovor ich mich so gefürchtet habe, und einen Moment lang genieße ich es, diese Frau zu sein, die hier mit ihrem neuen Partner und den Kindern leben wird, in dieser geräumigen Wohnung, und behutsam aus den Scherben zweier Familien eine neue schafft, eine späte, vollständige Familie, die sich von den vorherigen vollkommen unterscheidet.
Wie einfach es doch eigentlich ist, Möbel von einer Wohnung in die andere zu transportieren, denn als die Möbelträger ihre Arbeit beenden, ist es noch nicht einmal Mittag, und ich packe die Kartons in Gilis Zimmer aus, hänge die vertrauten Kleidungsstücke in den vertrauten Schrank, räume seine Spielsachen in die Kommode, die wir vor seiner Geburt gekauft haben, und es gibt fast keinen Unterschied zwischen diesem Zimmer und seinem alten. Zufrieden betrachte ich all diese Dinge, die heil hier angekommen sind, wie die Kulissen für eine Theateraufführung, dann laufe ich schnell zum Schlafzimmer und schüttle die Kleidungsstücke aus den Bettbezügen, räume die Kartons aus, räume die zusammengelegten Hosen und Pullover nachlässig in die leeren Fächer und ruhe mich keine Sekunde aus, trotz der Müdigkeit, als müsste ich mich beeilen, Fakten zu schaffen, als würde in dem Moment, da ich das letzte Kleidungsstück in den Schrank lege, diese Wohnung zu meiner werden,
Weitere Kostenlose Bücher