Liebeslied für einen Prinzen
Schultern, lächelte und schien wieder voller Energie zu sein. „Nur etwas von Rachmaninow“, erwiderte Elena, als wäre es das Normalste auf der Welt.
„Haben Sie eine besondere Vorliebe für Russen?“
Wenn sie lachte, wirkte sie noch viel lebhafter. Ihr Anblick weckte in Adam den Wunsch, sie in die Arme zu nehmen und an sich zu drücken. Dieses Verlangen ging weit über bloßes Begehren hinaus, aber was war es? Eine Art Beschützerinstinkt? Er schüttelte den Kopf. Hier waren Gefühle im Spiel, mit denen Adam sich nicht weiter beschäftigen wollte.
„Ich bekenne mich schuldig, was die Musik angeht“, sagte sie und stand auf.
Als würde er einen Vogel beobachten, der am Himmel kreiste, verfolgte Adam fasziniert ihre anmutigen Bewegungen. Er konnte sich nicht sattsehen. Bestimmt tanzte sie so schön, wie sie spielte – sofern sie sich in der Umgebung sicher genug fühlte.
Nachdem sie ihm etwas zu trinken angeboten hatte, folgte er ihr in die Küche. Beeindruckt beobachtete er, wie sie zielsicher Gläser, Eiswürfel und Limonade auf die Arbeitstheke stellte, ohne auch nur ein einziges Mal zu zögern. Der Raum war klein und quadratisch. Offensichtlich wusste Elena exakt, wo sich alles fand.
„Haben Sie genau im Kopf, wo Ecken und Kanten sind?“, fragte er und dachte zu spät daran, dass es sie stören könnte, wenn er ihre Blindheit ansprach. „Tut mir leid“, fügte er verlegen hinzu und schwieg, um es nicht noch schlimmer zu machen.
Sie wandte sich ihm zu und schüttelte lächelnd den Kopf. „Eines sollten wir jetzt gleich klarstellen“, sagte sie entschieden. „Ich bin blind, Adam. Blind! Sprechen Sie mir nach. Blind – blind – blind. Dafür schäme ich mich nicht, und ich verberge es auch nicht. Alle wissen Bescheid. Also können Sie auch darüber reden. Das ist wie mit dem Elefanten, der mitten im Zimmer steht. Es hat keinen Sinn, so zu tun, als wäre er nicht da. Wer es versucht, gerät bald in arge Schwierigkeiten.“
„Sie haben natürlich recht.“ Er lächelte, weil sie ihm auf nette Weise den Kopf zurechtgerückt hatte. „Ab sofort nenne ich Sie das sagenhafte blinde Mädchen. Wie finden Sie das?“
Zuerst tat sie, als müsste sie überlegen. Dann nickte sie. „Ja, das gefällt mir.“
Er sehnte sich so sehr nach einem Kuss, dass er es kaum ertragen konnte. „Wissen Sie eigentlich, wie schön Sie sind?“, fragte er unverblümt. „Ich meine, haben Sie eine Vorstellung, wie attraktiv Sie auf … auf …“ Er verstummte, weil er „Männer“ sagen wollte, aber eigentlich sich selbst meinte.
Sekundenlang hielt sie bewegungslos inne, bevor sie sich ihm zuwandte und ein Glas reichte. „Wo ist denn Jeremys Mutter?“, erkundigte sie sich.
Worauf die Frage abzielte, war ihm sofort klar. Elena wollte ihn daran erinnern, dass es zwischen ihnen keine Beziehung geben würde. Diese schöne Frau war nicht an ihm interessiert, ganz besonders nicht, da sie seine Lebensumstände nicht kannte.
Anstatt gekränkt zu reagieren, entschied Adam, dass sie eine aufrichtige Antwort verdiente. Er lehnte sich an die Küchentheke und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Die Frau, die meinen Sohn zur Welt gebracht hat, wandert in Hollywood von einer Besetzungscouch zur nächsten“, sagte er verbittert. „Wir sprechen von ihr nicht als Jeremys Mutter, weil sie ihm nie eine richtige Mutter war.
Im Moment steht Melissa vermutlich kurz vor dem beruflichen Durchbruch als Schauspielerin. Sie braucht nur eine tolle Rolle oder einen großen Skandal. Wir werden sehen, was ihr zuerst gelingt. Wir bekommen sie nie zu Gesicht.“
Jeremys schwierige Lage machte Elena betroffen. Außerdem überraschte es sie, wie ruhig Adam darüber sprach, als wäre die Abwesenheit der Mutter völlig normal. „Sind Sie mit ihr verheiratet?“, fragte sie vorsichtig.
„Nein.“ Er ließ das Glas kreisen, die Eiswürfel darin erzeugten ein leises Klirren. „Sie sorgte sich darum, dass eine Ehe ihrer Karriere im Weg stehen könnte.“
„Mutter zu werden dagegen nicht?“
„Absolut nicht. Sie hat sich der Mutterrolle schnell entledigt, genauso wie meiner.“
„Verstehe“, murmelte Elena und konnte das Verhalten dieses Mannes nun tatsächlich besser einordnen. Er kümmerte sich um den Sohn, der von der Mutter verlassen worden war. Auch wenn er mit Kindern offenkundig nicht gut zurechtkam, war er vielleicht doch nicht so charakterschwach, wie Elena anfangs gedacht hatte. Andere Männer hätten sich aus der
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