Liebesnacht auf Kefalonia
doch nichts konnte die Szene aus ihrem Gedächtnis vertreiben. Mick lag ausgestreckt auf dem Bett – ihrem gemeinsamen Bett – und schlief. Er war nackt. Victoria saß, nur mit einem Handtuch bekleidet, vor dem Frisiertisch und kämmte sich das Haar.
Und nun verlangte er, dass sie, Kate, während Ismenes Hochzeitsfeier brav an seiner Seite stand und die ergebene Ehefrau spielte. Als ob sie ihm irgendetwas schuldete!
Wenigstens muss ich nur tagsüber den Schein wahren, tröstete sie sich. Nachts würde ihr die Heuchelei erspart bleiben.
Und ihm auch.
Wie kann ein Mann nur so etwas tun?, fragte sie sich. Wie konnte er mit einer Frau schlafen, obwohl sein Herz und seine Seele einer anderen gehörten?
All jene kostbaren, leidenschaftlichen Momente, in denen er sie mit seinem kraftvollen Körper ins Paradies entführt hatte – waren sie tatsächlich bedeutungslos für ihn gewesen?
Vielleicht hatte sexuelle Erfüllung genauso zu seinem Teil des Handels gehört wie die Designergarderobe und das Geld, mit dem er sie überschüttet hatte. Einer der Vorteile, Mrs. Michael Theodakis zu sein.
Aber das hatte Kate nicht genügt, denn sie hatte Liebe gewollt. Und die hatte er ihr nie geboten. Zumindest in diesem Punkt war er ehrlich gewesen.
Offenbar hat er meine Unerfahrenheit und Naivität amüsant gefunden, überlegte sie und schürte so den Zorn gegen ihn. Zorn war gut. Sicher. Er hielt den Schmerz über die Einsamkeit und den Verrat in Grenzen. Ihr fehlte die Kraft für noch mehr Tränen und Kummer.
Sie hatte genug geweint. Jetzt musste sie irgendwie weitermachen.
Allerdings konnte sie kein neues Leben beginnen, solange ihre kurze Ehe noch existierte und sie an die Vergangenheit fesselte. Sie musste sie beenden und vergessen. Dafür benötigte sie natürlich Micks Hilfe. Wie gern hätte sie ihm gesagt, er möge sich zur Hölle scheren! Dass sie lieber sterben würde, als nach Kefalonia zurückzukehren und noch einmal – und sei es noch so kurz – seine Frau zu spielen.
Denn das hieß, sie musste erneut als Schutzschild gegen den eifersüchtigen und völlig gerechtfertigten Verdacht seines Vaters dienen. Wie sollte sie das nur ertragen?
Ganz zu schweigen von dem verächtlichen und zugleich triumphierenden Ausdruck auf Victorias schönem Gesicht. Der Blick, den sie Kate zugeworfen hatte, als diese an jenem Nachmittag vor wenigen Wochen leichenblass an der Tür gestanden hatte.
„Wie taktlos von dir, Liebes“, hatte Victoria sie boshaft getadelt. „Du solltest künftig besser anklopfen, bevor du das Schlafzimmer deines Mannes betrittst.“
Kate war schockiert zurückgewichen und ins Bad am Ende des Flurs gelaufen, die Hand auf den Mund gepresst, weil die Übelkeit sie zu überwältigen drohte. Zitternd kauerte sie sich auf den gefliesten Boden, während der Raum sich um sie zu drehen schien. Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie dort geblieben war, aber irgendwann traf sie eine Entscheidung. Sie musste fort. Ihre kurze Ehe war vorbei, sie konnte keine Stunde länger unter dem Dach der Theodakis-Familie verbringen.
Kate zwang sich, ins Schlafzimmer zurückzukehren, und wappnete sich innerlich gegen eine weitere demütigende Konfrontation, aber Victoria war verschwunden.
Mick schlief noch immer tief und fest. Vermutlich völlig erschöpft vom Sex, dachte sie bitter. Wie konnte er nur schlafen, während ihr das Herz brach?
Ihr war klar, dass sie ihn zur Rede stellen und seine schuldbewusste Miene sehen musste. Sie legte die Hand auf seine Schulter und schüttelte ihn. „Mick. Wach auf.“
Er regte sich leicht, ohne die Augen zu öffnen. „S’agapo“, murmelte er benommen. „Ich liebe dich.“
Schockiert wich sie einen Schritt zurück und presste die Hand auf den Mund. Endlich hatte er die Worte ausgesprochen, nach denen sie sich gesehnt hatte, seit sie zusammen waren.
Nur galten sie nicht ihr, sondern seiner geheimen Geliebten, der Frau, mit der er sich in Kates Abwesenheit so leidenschaftlich vergnügt hatte. Der Geliebten, die er nie wirklich aufgegeben hatte. Diese Kränkung war zu viel für sie. Erschüttert wandte sie sich ab.
Sie packte das Notwendigste in eine Reisetasche, dann schrieb sie eine kurze Nachricht und deponierte sie zusammen mit dem Trauring auf dem Nachttisch.
Ich hätte Dich nie heiraten dürfen. Es war ein schrecklicher Fehler, und nun ertrage ich es nicht, auch nur eine Minute länger mit Dir zu leben. Versuch nicht, mich zu finden.
Niemand beobachtete ihren Aufbruch. Sie
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