Liebesnacht auf Kefalonia
fuhr zum Flughafen und buchte ein Ticket via Athen nach London.
Nie wieder würde sie zurückkehren, das hatte sie sich geschworen.
Ich kann es nicht, dachte Kate. Es wäre zu erniedrigend, ihr noch einmal gegenübertreten zu müssen. Sie zusammen zu sehen und zu wissen, was ich weiß.
Aber welche Alternative hatte sie?
Sie konnte nicht jahrelang warten, bis Mick geruhte, sie freizugeben. Solange sein Vater lebte, hatte er keinen Grund, die Ehe zu beenden.
Sie hatte ihn durch ihre überstürzte Abreise gedemütigt und sollte nun dafür büßen, indem sie an den Ort ihrer Niederlage zurückbeordert wurde, der die schmerzlichen Erinnerungen erneut heraufbeschwören würde.
Wie konnte Mick ihr das nur antun? Wieso drängte er sich in ihr Leben und stellte Forderungen?
Weil er keinerlei Schamgefühl oder Skrupel besitzt, sagte sie sich bitter. Er ist reich genug, um darauf verzichten zu können.
Aber ich nicht. Irgendwie muss ich es durchstehen und meine Würde retten. Danach hatte sie dann Zeit genug, sich eine sichere Zukunft aufzubauen. Sicherheit hatte es bei Mick nie gegeben.
Er war wie ein riesiger dunkler Planet an ihrem Horizont aufgetaucht und hatte sie unwiderstehlich in seinen Bann gezogen. Und als sie schließlich die Gefahr erkannt hatte, war es zu spät gewesen.
„Komm schon, Katie, sei kein Spielverderber. Wir werden viel Spaß haben“, lockte Lisa. „Wann haben wir schon einmal Gelegenheit, ein Hotel wie das Zycos Regina zu betreten? Bist du nicht neugierig auf das Leben der oberen Zehntausend? Außerdem brauche ich dich, damit wir zwei Paare sind.“
Kate zögerte. Obwohl sie gern als Reiseleiterin auf der griechischen Insel Zycos arbeitete, war sie froh, dass die Saison vorbei war. Eigentlich hatte sie beabsichtigt, die letzten Sachen für den Heimflug am nächsten Tag zu packen und nach einer heißen Dusche früh ins Bett zu gehen. Doch ihre Kollegin Lisa, mit der sie sich den Sommer über ein kleines Apartment geteilt hatte, wollte unbedingt in die Stadt.
„Wer kommt noch mit?“, fragte sie.
„Sein Name ist Stavros“, erklärte Lisa. „Er ist Diskjockey in dem Nachtclub unten am Strand.“
„Ach dort.“
„Du bist wirklich ein Snob“, beschwerte Lisa sich.
„Unsinn. Der Club hat allerdings keinen guten Ruf, und du weißt das. Die Polizei macht dort ständig Razzien.“
„Wir bringen ja keine Gäste hin, und Stavros ist nur für die Musik zuständig. Er ist hinreißend.“ Lisa seufzte verzückt. „Dein Begleiter ist sein Cousin Dimitris aus Athen.“
„Ich glaube nicht …“, begann Kate, doch Lisa unterbrach sie.
„Sei ein einziges Mal locker, Kate. Es wird ein harmloser Abend zu viert und keine lebenslange Verpflichtung. Morgen früh fliegen wir nach Hause.“
Das stimmt, pflichtete Kate ihr im Stillen bei. Es handelte sich lediglich um einen Abend, notfalls konnte sie Kopfschmerzen vorschützen und sich vorzeitig verabschieden. Abgesehen davon war sie tatsächlich neugierig auf das Zycos Regina, das größte und exklusivste Hotel der Insel. Es lag an einer malerischen Privatbucht, weitab vom Touristenrummel. Kate wusste, dass es zu einer Kette von Luxusherbergen rings ums Mittelmeer gehörte, deren hoher Standard für Pauschalreisende unerschwinglich war.
Vielleicht war es ja ganz amüsant, sich für eine Weile unter die Reichsten der Reichen zu mischen.
Sie lächelte Lisa an. „Du hast mich überredet.“
Aus ihrer begrenzten Garderobe wählte Kate für den Abend ein schlichtes ärmelloses Kleid aus schwarzem Leinen, das ihr bis knapp über die Knie reichte und einen dezenten viereckigen Ausschnitt aufwies. Die blonde Lisa hingegen bevorzugte ein extravaganteres Outfit, doch Kate fand, dass Zurückhaltung angesagt war. Daher flocht sie das Haar zu dem gewohnten Zopf, statt es offen über die Schultern fallen zu lassen, wie sie es ursprünglich geplant hatte. Das Make-up beschränkte sie auf ein Minimum – ein wenig Mascara und ein Hauch Lippenstift.
Nachdem sie die hochhackigen Riemchensandaletten übergestreift hatte, betrachtete sie sich prüfend im Spiegel. Plötzlich hatte sie das Gefühl, als würde ein eisiger Wind durch die offenen Fensterläden wehen. Eine innere Stimme flüsterte ihr warnend zu: „Sei vorsichtig.“
Gütiger Himmel, dachte sie ungeduldig und wandte sich zum Gehen. Was sollte ihr schon an einem so mondänen Ort passieren?
Stavros missfiel ihr auf Anhieb. Sein machohaftes Auftreten mochte Lisa faszinieren, aber nicht sie. Er
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