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Liebesnacht mit einem Mörder

Liebesnacht mit einem Mörder

Titel: Liebesnacht mit einem Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Robb
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dezenten Farben. Eve hielt sie für eine echte Dame: beherrscht, von ruhiger Eleganz und äußerst eloquent.
    Die Arbeit mit Geisteskranken, Gewalttätern und gewohnheitsmäßigen Perversen brachte Mira weder aus der Fassung noch verlor sie dadurch ihr Mitgefühl. Ihre Gutachten zu Mördern und Verrückten waren für die New Yorker Polizei von unschätzbarem Wert.
    Eve zögerte gerade lange genug, als dass Mira ihre Nähe spürte. Die Psychologin wandte ihren Kopf, und ihre blauen Augen wurden, als sie Eve erblickte, warm.
    »Ich wollte nicht stören. Ihre Assistentin ist gerade nicht da.«
    »Sie ist in der Mittagspause. Kommen Sie herein, und machen Sie die Tür hinter sich zu. Ich hatte Sie bereits erwartet.«
    Eve blickte auf das Sandwich. »Ich störe Sie in Ihrer Pause.«
    »Polizistinnen und Ärztinnen machen ihre Pause dann, wenn sie sie nehmen können. Möchten Sie vielleicht etwas essen?«
    »Nein, danke.« Der Energieriegel lag ihr noch immer bleiern im Magen, und sie überlegte, wann der Verkaufsautomat zum letzten Mal gewartet worden war.
    Trotz Eves Ablehnung stand Mira auf und bestellte eine Kanne Tee. Es war ein Ritual, und Eve hatte gelernt, damit zu leben. Sie würde an dem Gebräu mit dem leicht blumigen Aroma nippen, doch mögen müsste sie es nicht.
    »Ich bin die Daten, die Sie mir haben schicken können, und die Kopien der Berichte durchgegangen. Das ausführliche schriftliche Profil bekommen Sie morgen.«
    »Was können Sie mir heute sagen?«
    »Wahrscheinlich nur sehr wenig, was Sie nicht schon selbst erarbeitet haben.« Mira lehnte sich bequem auf ihrem Stuhl zurück. Abgesehen davon, dass er blau war, war er ähnlich wie die Stühle in Simons Salon.
    Eve, bemerkte sie, war etwas zu blass und ein wenig zu dünn. Mira hatte sie seit ihrer Rückkehr in den Dienst noch nicht wieder gesehen, und die Ärztin diagnostizierte still, dass sie zu früh die Arbeit aufgenommen hatte.
    Diese Meinung behielt sie allerdings lieber für sich.
    »Der Mensch, nach dem Sie suchen, ist wahrscheinlich ein dreißig- bis fünfunddreißigjähriger Mann«, begann sie mit ruhiger Stimme. »Er ist beherrscht, berechnend und gut organisiert. Er genießt es, im Rampenlicht zu stehen, und hat das Gefühl, er hätte es verdient, im Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit zu stehen. Möglicherweise hat er mal eine Karriere als Schauspieler angestrebt oder aber er hat irgendeine andere Beziehung zu Theater oder Film.«
    »Er hat regelrecht mit der Überwachungskamera gespielt.«
    »Genau.« Mira nickte. »Außerdem bin ich der Meinung, dass er das Kostüm und die Requisiten nicht ausschließlich zur Tarnung und als Werkzeuge verwendet, sondern weil ihm das Flair des Schauspielers und vielleicht die Ironie gefällt, die sich hinter dem Kostüm des Weihnachtsmanns verbirgt. Ich frage mich, ob er auch die Grausamkeit, mit der er vorgeht, als Ironie ansieht.«
    Sie schlug ihre Beine übereinander und nippte behutsam an ihrem Tee. Wenn sie angenommen hätte, dass Eve den Tee tatsächlich trinken würde, hätte sie ihn mit ein paar Vitaminen und Aufbaustoffen versetzt. »Eventuell betrachtet er das Ganze als eine Art von Show. Er genießt diesen Aspekt. Die Vorbereitung, die Details. Er ist ein Feigling und zugleich ein äußerst vorsichtiger Mensch.«
    »Das sind alle Feiglinge«, antwortete Eve.
    »Ich kann verstehen, dass Sie das so sehen, weil für Sie die Beendigung eines Lebens einzig durch die Verteidigung eines anderen Lebens zu rechtfertigen ist. Für Sie ist ein Mord die allergrößte Feigheit. Aber unser Mörder ist sich seiner Ängste anscheinend sehr bewusst. F> betäubt seine Opfer – nicht, um ihnen Schmerzen zu ersparen, sondern um sie daran zu hindern, sich gegen ihn zu wehren und ihn womöglich tatsächlich zu überwältigen. Alles ist sorgfältig von ihm inszeniert. Er schafft sie auf das Bett, fesselt sie und trennt ihre Kleider, statt sie ihnen in wilder Wut vom Leib zu reißen, langsam und sorgfältig auf. Durch die Fesseln sind sie total hilflos, gehören völlig ihm.«
    »Dann vergewaltigt er sie.«
    »Ja, ebenfalls, wenn sie gefesselt, wenn sie nackt und hilflos sind. Wären sie frei, würde er von ihnen zurückgewiesen werden. Das weiß er, weil er schon einmal zuvor zurückgewiesen worden ist. Nun aber kann er mit ihnen tun und lassen, was er will. Er braucht es, dass sie wach sind, damit sie ihn sehen. Sie sollen wissen, dass er die Macht über sie hat, und sie sollen sich wehren, denn er weiß,

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