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Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ludmilla ein und fragte:
    »Was habt ihr vor bis zum Nachmittag? Ich muß vor der Sitzung im Sowjet noch hinaus zu den Abschußbasen.« Jefimow war stolz, das so leichthin sagen zu können. Er tat es auch nur, um Ludmilla damit zu imponieren. Sieh, welch ein bekannter Mann ich bin, sollte das heißen. Ich komme dorthin, wo Rußlands größte Geheimnisse schlafen. Ich habe Zutritt zum Herzen der Roten Armee. Ich bin mächtig genug, das Vertrauen der Großen zu besitzen.
    Semjonow atmete tief. »Sie meinen die Raketen, Maxim Sergejewitsch?« fragte er gleichgültig.
    »Ja. Die Raketen! Von hier aus schießen sie bis London und Paris, wenn's sein muß. Wunderwerke sind es, Freunde. Man steht davor und staunt, daß Menschengeist so etwas schaffen kann. Und man weiß plötzlich: Mütterchen Rußland wird ewig leben, denn hier ist der Beweis, daß wir unbesiegbar sind!«
    Es klang wie eine Parteirede, aber Jefimow meinte es ehrlich. Und Semjonow glaubte ihm. Er wußte, wie man beim CIA über die sowjetischen Interkontinentalraketen dachte.
    »Fahren wir hin!« sagte Jefimow plötzlich. »Ich werde dafür sorgen, daß wir hineinkommen. Man kennt mich … und die Genossin Kommissarin und der Genosse Ingenieur und Werkleiter von Kalinin II … man wird uns nicht hindern.«
    Eine Stunde später, nach einer rutschigen Fahrt über die geräumte Straße, die später in einem dichten Wald endete, standen sie vor schwerbewaffneten Posten und Schlagbäumen. Jefimow beugte sich vor, zeigte seinen Paß, seinen Passierschein und die Pässe seiner beiden Freunde.
    »Das ist der einzige Weg«, sagte er leise. »Ringsherum in den Wäldern ist alles vermint. Erst vor ein paar Wochen, im Herbst, sind drei Pilzsucher in die Luft geflogen, weil sie in den Sperrgürtel kamen.«
    Semjonow nickte stumm. Sein Herz schlug bis zum Hals.
    Ich bin am Ziel, dachte er und schwitzte wie in einem Dampfbad. Der Spion Franz Heller vom CIA, Deckname Iwan, ist am Ziel. In wenigen Minuten sehe ich die Raketen und Abschußrampen, für die ich Semjonow wurde und mein Leben wagte.
    »Passieren!« hörte er den Posten sagen. »Melden Sie sich aber bitte noch bei Major Bronissew am Kontrollpunkt III, Genosse Jefimow.«
    Der Wagen fuhr wieder an, rollte in das abgesperrte Gelände.
    Ein amerikanischer Spion sah in das Herz Rußlands.
    Wer kann die Gefühle beschreiben, die Semjonow empfand, als er nach zwei Stunden zurück nach Komssa fuhr? Er hockte neben Jefimow im Fond des Wagens, während Ludmilla neben dem Fahrer saß.
    »Was sagen Sie nun, Pawel Konstantinowitsch?« fragte Jefimow. »Sind wir nicht unbesiegbar.«
    »Das sind wir, Maxim Sergejewitsch.« Semjonow dachte an die riesigen Raketenkörper mit den Atomsprengköpfen, an die neuartigen Abschußrampen, an den geheimen Treibstoff, der den Geschossen eine Reichweite verlieh, von der niemand im Westen etwas ahnte. Er sah vor sich die neuartigen Zielberechnungsgeräte, die Radarsteuerung und die bereits jetzt festgelegten Ziele auf den Spezialkarten mit den eingezeichneten Flugzeiten der Raketen. Man konnte auf einen Knopf drücken … und an hundert Punkten in Europa brach die Hölle los und verglühten Millionen Menschen in einem einzigen Feuerschlag.
    »Setz dich auf das Bett, Täubchen«, sagte Semjonow, als sie spät in der Nacht wieder im Lager und in ihrer Steinbaracke waren. Ludmilla setzte sich auf Semjonows Bett und sah ihn mit ihren großen, dunklen Augen sehnsuchtsvoll an.
    »Ich habe dir versprochen, dich zu überraschen«, sagte er und ging unruhig im Zimmer hin und her. »Es wird eine schreckliche Überraschung werden. Nur wenn du mich liebst, wie ich dich liebe, wirst du sie überstehen.«
    Ludmilla hatte die Hände gefaltet und lehnte sich gegen die hölzerne Wand. »Was wird es sein, Pawluscha?« fragte sie mild. »Wie kannst du Schlechtes für mich haben?«
    Semjonow bückte sich und löste das Dielenbrett vor dem Bett. Aus der Höhlung unter dem Fußboden nahm er den zusammengelegten Kurzwellensender, stellte ihn auf den Tisch und zog nur die lange, dünne Antenne aus dem Sendekasten.
    Der Blick Ludmillas wurde starr. Noch nie zitterten in einem Paar Augen so viel Unglauben und stumme Fragen.
    »Weißt du, was das ist?« fragte Semjonow.
    Ludmilla nickte stumm.
    Ebenso stumm sah sie zu, wie Semjonow den Sender zusammenbaute und sich an einen kleinen Tisch setzte. Dann hörte sie das Klappern der Morsetaste, und sosehr sie sich dagegen wehrte, sie buchstabierte mit, wie sie es auf der

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