Liebesparadies im Alpenschnee
erwiderte.
„Bitte halte mich nicht für undankbar, wenn ich es ablehnen muss. Ich habe mich fest entschieden, mit Philippe in Breckenridge zu leben …“
Das Blut rauschte in seinen Ohren.
„Wenn wir zurückkehren, werde ich dort eine Skischule gründen, für mich und Philippe ein Haus kaufen und dafür sorgen, dass er nicht so viel allein spielt. Sport könnte ihm helfen, am besten ein Mannschaftssport, weil er ja ein Einzelkind ist. Vielleicht möchte er auch ein Instrument lernen. Er scheint musikalisch zu sein. Ich werde vielleicht ein Klavier anschaffen. Vielleicht findet er Gefallen daran. Ich möchte meinem Kind Möglichkeiten bieten, sich zu entfalten …“
Und wenn sie noch Stunden so weitersprach, er glaubte ihr kein Wort.
„Du hast mir Zeit gegeben, über das Angebot nachzudenken. Nun, die Wahrheit ist, ich hätte gleich ablehnen können, aber ich wollte nicht, dass du mich auch noch für unhöflich und für undankbar hältst.“
Er verlagerte das Gewicht auf das andere Bein und versuchte, Haltung zu bewahren. „Du bist weder unhöflich noch undankbar, wenn du die Skischule nicht hier aufmachen willst. Ich werde dich nicht mehr daraufhin ansprechen. Ich habe dir und Philippe nur auf meine Weise und mit meinen Möglichkeiten helfen wollen.“
Sie sah ihn unglücklich an. „Du warst immer für uns da, Raoul. Ich weiß nicht, was ich … wir ohne dich gemacht hätten.“
Was Worte alles ausdrücken und gleichzeitig verstecken konnten! „Ich bin immer für dich … für euch da. Darauf kannst du bauen“, versprach er.
Sie strich sich das Haar zurück und merkte es nicht einmal. Doch ihm entging diese Geste nicht. Früher hatte seine Schwägerin ihre Nervosität in seiner Nähe besser zu beherrschen gewusst. Seit er nach Colorado geflogen war, beobachtete er dieses neue Phänomen.
„Ich werde dir nie vergessen, dass du mir dieses Angebot gemacht hast. Und ich bin dankbar für all das, was du für meinen Sohn tust. Er hat mit seinem Onkel großes Glück.“
„Du weißt, dass er mir sehr am Herzen liegt. Übrigens bin ich hochgekommen, um dir zu sagen, dass ich eine Schlittenfahrt organisiert habe. Jeder, der mitkommen möchte, ist herzlich dazu eingeladen. Sie ist als kleine Belohnung für die Kinder gedacht, weil sie so schön gesungen haben. Ich glaube, Philippe würde sich freuen, wenn du mit von der Partie wärst. Und vergiss nicht, dich warm anzuziehen.“
Auf dem Weg nach unten schickte er eine Nachricht an Des. „Alles gut gegangen. Angebot rundum abgelehnt. Bin ich froh!“
6. KAPITEL
Crystal blieb wie erstarrt zurück. Doch in ihrem Inneren herrschte wildes Durcheinander. Mit seinem Kuss hatte Raoul alle Regeln gebrochen und eine Grenze überschritten. Was hatte Eric über seinen älteren Bruder gesagt? Er lebe nach seinen eigenen Maßstäben. Leider stimmte auch, was Raoul ihr auf den Kopf zugesagt hatte: Sie hatte den Kuss genossen.
Aber gab ihm das das Recht, ihr nicht zuzuhören und sie nicht ernst zu nehmen? Er war jedenfalls nicht bei der Sache gewesen, als sie sein Angebot ablehnte und ihm von ihren Plänen erzählte. Fand er, sie bezog Philippes Bedürfnisse darin zu wenig mit ein?
Warum hatte er dann keine Einwände erhoben? Es gab doch gute Gründe, ihr zu widersprechen. Die fehlende Gegenwehr hatte sie vollkommen aus dem Gleichgewicht gebracht.
Offenbar ahnte er etwas von ihren wachsenden Gefühlen für ihn. Sonst hätte er nicht gewagt, sie zu küssen und damit ihren Widerstand zu schwächen. Was führte er im Schilde?
Während sie noch mit sich rang, wie sie sich die restliche Zeit der Ferien verhalten sollte, platzte Philippe herein.
„Mommy? Bist du krank?“
Sie nahm ihn in die Arme. „Aber nein, ich habe nur ein bisschen Bauchschmerzen gehabt. Du hast mir gut gefallen als Engel und so schön gesungen.“
„Das hat Onkel Raoul auch gesagt. Komm, beeil dich. Wir machen gleich eine Schlittenfahrt.“
„Ich weiß. Dafür müssen wir uns warm anziehen.“
Während sie die Sachen zusammensuchte, nahm sie sich vor, schon Philippe zuliebe gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Sie hatte einmal die Kraft gehabt, Chamonix zu verlassen, und würde sie wieder aufbringen. Für Philippe war es besser, wenn er seinen Onkel allmählich vergaß. Den Vater konnte er ihm doch nicht ersetzen.
Und ihr gegenüber hatte Raoul sich geradezu wie ein Feind verhalten, indem er den Vorhang beiseitezog und ihre verbotene Leidenschaft bloßstellte. Nun hatte sie keine andere
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