Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition)
selbstverständlich gerne«, bot ich an.
Er lachte leise.
»Das war nicht die Frage, die ich dir gestellt habe, oder?«
»Nicht? Dann habe ich das wohl falsch verstanden.« Ich spürte, wie mir das Blut schon wieder ins Gesicht schoss und meine Wangen heiß wurden.
O Gott. Was sollte ich denn nur machen? Ich konnte doch nicht mit meinem Chef schlafen!
»Möchtest du nicht?«, fragte er, und sein Lächeln war plötzlich verschwunden.
»Was jetzt? Du meinst … äh … Also, du willst nicht mit mir zum Hafen, sondern …«, meine Stimme wurde leise, »… mit mir schlafen?«
Er nickte und sah mir fest in die Augen. Dieses Grün müsste eigentlich verboten werden! Ich schluckte.
»Nun. Doch. Schon.« Er war ja eindeutig ein attraktiver Mann, wenn auch nicht so gut aussehend wie Michi oder Ernesto. Keine gute Idee, jetzt an die beiden zu denken.
»Schön! Zahlen bitte.« Er winkte Dimi zu. Und in meinem Magen breitete sich ein Gefühl aus, das glatt eine Cousine der Angst sein könnte.
Hatte ich tatsächlich Ja gesagt? Aber warum auch nicht? Was stellte ich mich eigentlich so an? Ich war schließlich eine moderne junge Frau und ich war Single.
Ich griff in meine Handtasche, um ein Papiertaschentuch herauszuholen. Da zwickte mich etwas in den Finger. Ich sah in die Tasche und blickte in die wütend blitzenden Augen von Eisi. Wäre er nicht eine Plastikfigur, hätte ich geschworen, dass er mich in den Finger gebissen hatte. Aber da das unmöglich war, konnte ich mich nur an einem der anderen tausend Dinge gepikst haben, die in den Tiefen meiner Tasche schlummerten.
»Kommst du?« Matthias war bereits aufgestanden und wartete auf mich.
Ich folgte ihm zu seinem Wagen in der Nähe des Lokals. Wie in einem seltsamen Traum ließ ich mich in die Ledersitze seines Luxusgefährts sinken.
Was tat ich da? Wollte ich wirklich mit ihm schlafen? Ich verdrängte die Frage, auf die ich mir selbst keine eindeutige Antwort geben konnte.
Fünf Minuten später schloss sich hinter uns das elektronische Garagentor. Keiner hatte ein Wort gesagt, seit wir ins Auto gestiegen waren. Matthias stieg aus, ging um das Auto herum und öffnete mir die Wagentüre. Mein Herz trommelte inzwischen so wild, dass mich jede Percussionformation mit Freuden als neues Bandmitglied aufgenommen hätte.
Ich folgte ihm mit wackligen Beinen über eine Treppe in den Wohnbereich, der wenig überraschend dieselbe edle Eleganz wie sein Büro hatte und trotzdem Behaglichkeit ausstrahlte. Allerdings hatte ich ein viel größeres Haus erwartet.
Matthias verschwendete keine Zeit, mir die übrigen Räume zu zeigen, und führte mich gleich in sein Schlafzimmer. Es war, ungewöhnlich für einen Mann, völlig in Weiß gehalten. Kein farbiges Bild, keine bunte Lampe. Noch nicht mal eine klitzekleine Grünpflanze. Nur Weiß um mich herum! Warum das denn?
»Beim Sex sollte man von nichts abgelenkt werden. Weiß ist ein wunderbarer Rahmen für Körper, die sich im Liebesspiel bewegen«, erklärte er mit rauer Stimme, so als hätte er wieder einmal meine Gedanken erraten.
Eigentlich wäre ich am liebsten sofort aus dem Haus gerannt. Doch das Verhalten von Matthias war so ungewöhnlich, dass meine Neugierde mich zurückhielt. Dieser Mann war ein absolutes Rätsel für mich.
Zudem hörte ich in meinem Hinterkopf die vom Rauchen kratzige Stimme meiner Tante Josefine, deren Credo war: »Das, was du im Leben am meisten bereust, sind die Dinge, die du nicht ausprobiert hast.«
Demnach hätte Tante Josefine sicherlich nicht viel zu bereuen. Sie hatte ziemlich viel ausprobiert in ihrem Leben. War viermal verheiratet und im zarten Alter von dreiundsechzig mit einem zwanzig Jahre jüngeren indischen Sänger nach Schweden ausgewandert. Allerdings dachte sie jetzt schon wieder öffentlich auf Facebook über eine Ortsveränderung in südlichere Gefilde nach. Und so wie ich das verstand, auch über einen neuen Mann.
»Lene?« Matthias’ dunkle Stimme in der Stille seines Zimmers riss mich los von Tante Josefine. Er saß, immer noch voll bekleidet, auf dem Bett und beobachtete mich.
»Ja?«
»Komm her!« Er sprach leise, aber bestimmt.
Und in diesem Moment wurde mir klar, dass ich nicht mit ihm schlafen konnte. Nicht so. Tut mir leid, Tantchen, aber in dem Fall nahm ich die Reue gerne in Kauf!
Würde mich das jetzt meinen Job und den Buchvertrag kosten? Und wenn, dann hatte ich es mir selbst eingebrockt. Ich hätte mir gleich im Lokal eine vernünftige Ausrede einfallen
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