Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition)
den Feldern angerichtet hatte.
»Wo warst du?«, fragte er mich, als ich aus dem Auto stieg.
»Wir sind unterwegs vom Gewitter überrascht worden«, erklärte Matthias ruhig.
Doch Vater achtete gar nicht auf ihn. Er sah mich von oben bis unten an und zog wohl seine eigenen Schlüsse.
»Kann ich mich auf dich überhaupt nicht mehr verlassen?«, fragte er aufgebracht.
»Ich konnte doch nicht ahnen, dass so ein Gewitter kommen würde. Wir hatten etwas zu besprechen wegen des Buchs …«, versuchte ich zu erklären.
»Dich interessiert doch nichts anderes mehr als dieser Schwachsinn mit der bayerischen Liebe! Und jeden Tag ist hier schon bald ein anderer Mann, der dich abholt. Wer weiß, was du mit denen alles machst! Ich schäme mich für dich!«, wütete er.
Es war, als hätte er mir eine Ohrfeige gegeben. Wie konnte er nur so was sagen?
»Bitte, Herr Koller, Ihre Tochter …«, versuchte Matthias, mir beizustehen.
Vater unterbrach ihn.
»Ich glaube nicht, dass Sie das etwas angeht. Auch wenn Sie ihr Chef sind. Hier ist womöglich gerade die Arbeit eines ganzen Jahres zerstört worden. Aber meine Tochter beschäftigt sich nur mit einem Buch, das die Welt nicht braucht.«
»Vater, das stimmt doch gar nicht.« Inzwischen konnte ich meine Tränen kaum mehr zurückhalten.
»Ich glaube, es ist besser, du suchst dir eine eigene Wohnung.« Damit drehte er sich um und ging in den Stall. Ich war wie vom Donner gerührt. Was sagte er da?
»Vater, bitte! Lass uns reden!«, rief ich ihm nach. Doch er reagierte gar nicht auf meine Worte.
Ich sah ihm nach und war verletzt. Und unglücklich. Matthias legte seinen Arm um mich und zog mich tröstend an sich.
»Du kannst für eine Weile in das Haus ziehen, Lene. Den Schlüssel hast du ja«, bot er mir an. Viel lieber würde ich zu Claudia gehen. Aber da sie noch nicht aus Italien zurück war, konnte ich nicht bei ihr unterkommen. Ich nahm sein Angebot an.
Wie betäubt ging ich in mein Zimmer, packte eine Tasche voller Sachen und nahm meinen Laptop. Zuletzt steckte ich Eisi ein.
Vater ließ sich nicht mehr blicken, bis ich in meinem Wagen hinter Matthias her aus dem Hof fuhr. Im Rückspiegel sah ich, wie er aus der Scheune kam, mir kurz nachsah und sich dann umdrehte.
Kapitel 19
Matthias begleitete mich in meine neue vorübergehende Unterkunft. Er zeigte mir alles und fuhr dann wieder.
Ich vermied es, an meinen Vater zu denken, denn das tat mir zu weh. Planlos lief ich durch das Haus. Es war tatsächlich nicht besonders groß, aber sehr wohnlich. Neben dem Schlaf- und Badezimmer gab es eine kleine, aber sehr funktionale Küche, ein Wohnzimmer mit Essbereich und eine angrenzende Sonnenterrasse.
Im Schlafzimmer räumte ich meine Kleider in die leere Seite des Schranks. Auf der anderen Seite waren einige wenige Sachen von Matthias. Zwei Anzüge und Hemden, ein Paar Jeans, T-Shirts, Unterwäsche und Socken. Ob das hier sein Liebesnest war, in dem er sich regelmäßig mit diversen Frauen traf? Ein Blick auf das weiß bezogene Bett und die Erinnerung an seine Worte bestärkten mich in dieser Annahme.
Ich ging ins Badezimmer und ließ das Wasser in der Dusche so heiß, wie ich es gerade noch aushalten konnte, über meinen zunehmend rot werdenden Körper prasseln. Dann schlüpfte ich in mein Lieblingsnachthemd, das schon etwas ausgewaschen und alles andere als sexy war. Aber egal, schließlich würde es außer mir niemand sehen. Ich stand vor dem Bett und war hundemüde. Trotzdem konnte ich mich nicht überwinden, mich in das weiße Liebeslager zu legen und darin die Nacht zu verbringen. Kurz entschlossen packte ich das Bettzeug und ging damit ins Wohnzimmer. Dort machte ich es mir auf dem großen Sofa gemütlich. Die ganze Aufregung um das Gewitter, das Techtelmechtel mit Matthias im Auto und schließlich das Zerwürfnis mit meinem Vater ließen mich erschöpft in einen tiefen und traumlosen Schlaf fallen.
Es war noch früh am Morgen, als ich wach wurde. Ich dachte lange über den Streit mit meinem Vater nach. Vielleicht hatte ich die letzte Zeit wirklich nicht so viel wie sonst mitgeholfen. Ich konnte auch verstehen, dass er wegen des Schadens auf dem Hof aufgebracht war, aber er war ja versichert. Deswegen hätte er mich nicht rauswerfen müssen. Denn genau das war es, was er getan hatte. Er hatte seine einzige Tochter rausgeworfen. Sicher täte ihm das bald leid, und er würde sich entschuldigen. Doch die Stunden vergingen, und ich hörte nichts von ihm.
Nur Michi
Weitere Kostenlose Bücher