Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition)
aufmerksam geworden. Er beobachtete uns neugierig.
»Hast du ihm das erzählt?«, fragte Karl mich harsch.
Ich schüttelte den Kopf. »Ich? Nein, ich habe nur …« Weiter kam ich nicht, weil ich von einem heftigen Lachanfall geschüttelt wurde.
»Da sind Sie ja!« Die Schwester, die mir vorhin die Spritze gegeben hatte, kam mit einem weißen Nachthemd über dem Arm auf uns zu. Bei ihrem Anblick verging mir das Lachen augenblicklich. »Ich suche Sie schon überall.« Sie sah geradezu bedrohlich aus.
»Bitte, Herr Doktor, muss das sein mit dieser Kolostrophie«, fragte ich deswegen den Arzt.
»Koloskopie«, korrigierte mich die Schwester ungeduldig.
»Entschuldigung, Schwester, was haben Sie mit Frau Koller vor?«, fragte Doktor Fischer vorsichtig.
»Na eine Darmspiegelung!«
Was?! Instinktiv zog ich meine Pobacken zusammen. Niemals! Außerdem war mir inzwischen schwindlig.
Was kein Wunder war, wie ich gleich darauf erfuhr. Die Schwester hatte mich mit einer anderen Patientin verwechselt und mir eine Beruhigungsspritze gegeben, die sich nicht so wirklich gut mit dem Glas Sekt im Studio und der Schmerztablette von vorhin vertrug.
Karl lachte schadenfroh auf, als er das hörte. Da wir schon genug Aufmerksamkeit auf uns gezogen hatten, bat uns der Arzt zur Klärung in ein Behandlungszimmer.
Als wir den Raum eine Viertelstunde später wieder verließen – mit der dringenden Empfehlung, mich so schnell wie möglich nach Hause in ein Bett zu bringen –, sah ich meinen Vater an der Anmeldung stehen und mit einem Arzt sprechen. Mein Herz machte vor Freude einen Salto. Papa war also doch nicht mehr böse auf mich.
»Dort ist mein Vater«, sagte ich glücklich wie ein kleines Kind zu Karl. »Du kannst jetzt gehen. Ich fahre mit ihm heim.«
Freudestrahlend ging ich auf ihn zu. Papa machte ein sehr besorgtes Gesicht, als er mit dem Arzt sprach.
»Papa! Wie lieb, dass du gekommen bist«, unterbrach ich das Gespräch der beiden.
Erst jetzt schien er mich zu bemerken und schaute mich verwundert an.
»Lene? Was machst du denn hier? Hat Julia dich angerufen?«
»Nein, wieso?«
Ich war verwirrt. Er war gar nicht meinetwegen hier? Was war mit Julia?
»Wie schaust du denn überhaupt aus?«, fragte er vorwurfsvoll mit Blick auf mein tief ausgeschnittenes Dirndl. »Sag mal, bist du etwa betrunken?« Er sah mich kritisch an.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, bin ich nicht. Ich bin verletzt.« Ich hielt ihm den verbundenen Daumen entgegen. »Ich war in der Kochshow, und da hab ich mich in den Daumen geschnitten …« Ich kicherte. »Und dann hat mir die Schwester versehentlich …«
Doch Vater hörte mir gar nicht richtig zu.
»Lene, ich hab jetzt keine Zeit für deine Kindereien. Hans liegt auf der Intensivstation, und es geht ihm sehr schlecht.«
Mit einem Schlag blieb mir jegliches Kichern im Hals stecken und verwandelte sich dort zu einem dicken Kloß. Mein Kopf pochte, und mit jedem Herzschlag rauschte es in meinen Ohren. Ich konnte nichts sagen. Armer Hans. Arme Julia. Und armer Papa.
»Sie können jetzt nach oben gehen, Herr Koller«, sagte der Arzt.
»Darf ich mitkommen?«, fragte ich und verdrückte die Tränen. »Ich könnte doch …«
»Tut mir leid, aber es dürfen nur zwei Besucher hinein«, erklärte der Arzt. Offenbar war Julia schon bei Hans.
»Aber Julia sagte doch, es sei nicht so schlimm«, sagte ich verwirrt.
»Es gab plötzlich Komplikationen mit seinem Herz«, erklärte Vater bedrückt.
»Sagst du mir Bescheid, wenn …« Ich konnte nicht weitersprechen. Vater schaute mich kurz an, nickte und ging dann den Gang entlang zum Fahrstuhl.
»Komm, Lene. Du musst jetzt ins Bett.« Karl nahm mich am Arm und ging mit mir in Richtung Ausgang. Inzwischen konnte ich die Tränen nicht mehr zurückhalten.
»Danke, dass du so lieb bist«, sagte ich und schniefte.
»Bedanke dich nicht zu früh. Ich will nur, dass du morgen ausgeschlafen bist, wenn ich mit dir wegen der Misshandlungsgeschichte ein Hühnchen rupfen werde.«
»Das würde ich an Ihrer Stelle dringend unterlassen.«
Karl und ich drehten uns um. Der nette Polizist von vorhin stand hinter uns und schaute Karl streng an.
»Bitte?«, fragte Karl bemüht freundlich.
»Sie haben gerade Ihrer Frau Gewalt angedroht, und das gab es wohl schon öfter bei Ihnen.«
Warum dachte nur jeder, dass Karl und ich verheiratet waren?
»Moment. Also, das ist ein Missverständnis. Das haben wir eben schon mit Doktor Fischer geklärt«, protestierte
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