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Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition)

Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition)

Titel: Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Schwarzhuber
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Karl.
    Doch der Polizist ließ sich nicht darauf ein.
    »Lene. Jetzt sag doch was!«, forderte Karl mich auf. Aber ich fand das jetzt alles gar nicht mehr lustig und schluchzte nur. Für den Polizisten ein Indiz dafür, dass ich tatsächlich misshandelt wurde. Doktor Fischer wurde ausgerufen, und Karl musste noch einmal ins Behandlungszimmer. Diesmal mit polizeilicher Begleitung. Unter dem Vorwand, auf die Toilette zu müssen, ließ ich die beiden vorangehen und verschwand aus dem Krankenhaus. Inzwischen war es weit nach Mitternacht, und ich war völlig erschöpft. Ich wollte nur noch nach Hause und winkte einem Taxi.

Kapitel 23
    Hans’ Beerdigung fand vier Tage später statt. Obwohl er schon seit Jahren das Bett nicht mehr verlassen und somit kaum Kontakt zu anderen Leuten gehabt hatte, war die Kirche bis auf den letzten Platz mit Trauergästen gefüllt. Viele waren wegen Julia gekommen, doch die meisten kannten ihn aus der Zeit vor seinem Schlaganfall. Sie erinnerten sich an den Mann, der immer gut gelaunt auf seinem Traktor saß und der nie Nein sagen konnte, wenn er um Hilfe gebeten wurde. Auch ich dachte zurück an den Hans aus meiner Kindheit. Einige Wochen nach dem Tod meiner Mutter hatte Hans mir im Stall ein verwaistes Rehkitz gezeigt und mich gebeten, ihm zu helfen, es gemeinsam aufzuziehen. Es war eine große Aufgabe, die viel Verantwortungsbewusstsein erforderte. Anfangs alle zwei bis drei Stunden musste das Tier mit der Flasche gefüttert und versorgt werden. Nachdem Hans gesehen hatte, wie gut ich mich um das Kitz kümmerte, wechselten wir uns nach der Schule tagsüber mit dem Füttern ab. In den Nächten war Hans alleine für das Rehkitz zuständig. Als Edi – so nannten wir es – größer wurde und nicht mehr auf unsere Hilfe angewiesen war, brachten wir es in einen nahe gelegenen Wildpark. Dort konnte es wieder mit seinen Artgenossen durch die herrlichen Wälder streifen.
    Hans hatte mir mit der Aufgabe, mich um das Kitz zu kümmern, das genau wie ich die Mutter verloren hatte, auf eine besondere Weise über die schlimmsten ersten Monate hinweggeholfen.
    Beim Verlassen der Kirche blickte ich hoch zum Himmel und wusste, dass Hans bei meiner Mutter angekommen war. Auf dem Weg von der Kirche zum Friedhof entdeckte ich einige Leute aus meinem Freundeskreis. Auch Claudia und sogar Michi waren unter den Trauergästen. Ich ahnte, dass er wegen mir und Papa gekommen war. Und ich freute mich darüber. Er schob sich vorsichtig durch die Menge und stellte sich an meine Seite. Als der Sarg langsam in die Erde gelassen wurde, legte er mitfühlend einen Arm um mich. Doch seine Nähe empfand ich plötzlich eher als bedrückend denn als tröstend. Ich war froh, als er sich von mir löste, um am Grab vorbeizugehen. Danach verlor ich ihn aus den Augen.
    Obwohl Papa Julia in den letzten Tagen stets zur Seite gestanden hatte, wahrte er in der Kirche und am Friedhof einen gebührenden Abstand zu ihr und ihren Verwandten. Sogar beim Leichenschmaus in der Dorfwirtschaft hielt er sich zurück. Schließlich war er nur der Nachbar. Julia hielt sich tapfer, doch ich wusste, wie schwer es ihr fiel, sich von ihrem Mann zu verabschieden. Wir hatten die letzten Tage viel über Hans und ihr gemeinsames Leben vor und nach seinem Schlaganfall vor zehn Jahren gesprochen.
    »Als er damals zusammenbrach und ins Krankenhaus kam, wünschte ich mir nur, dass er nicht stirbt«, erzählte Julia. »Doch nach einer Weile, als ich ihn so hilflos liegen sah, war ich mir nicht mehr sicher, ob der Tod nicht doch besser für ihn gewesen wäre.«
    »Ach Julia. Es war sein Weg, den er zu gehen hatte«, versuchte ich, sie irgendwie zu trösten. Ich war leider noch nie sonderlich geschickt darin, in solchen Momenten die richtigen Worte zu finden.
    »Ja. Wahrscheinlich. Ich habe so viel Zeit neben seinem Bett verbracht. Habe gebügelt, gelesen, Kirschen entkernt, Steuerunterlagen sortiert … ach, alles, was man eben so macht. Und Hans lag da, und auch wenn er nicht reden konnte, so spürte ich, dass er Anteil nahm an dem, was ich machte. Er war so ein besonderer Mensch in meinem Leben, und er wird mir sehr fehlen … Aber ich gönne es ihm, dass er jetzt friedlich eingeschlafen ist.«
    Ich konnte nichts darauf sagen. Wir hatten beide Tränen in den Augen. Plötzlich sprang Julia auf.
    »Hans würde jetzt ganz bestimmt mit uns schimpfen und sagen, wenn ihr zwei mit so langen Gesichtern herumhängt, dann geh ich lieber auf eine Halbe ins Wirtshaus«,

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