Liebesvergessen (German Edition)
ich ihm lang und breit, wie es zur Diagnose „Schwangerschaft“ gekommen war und Dr. Wunderlich hörte mir aufmerksam zu. Nachdem ich mit der Schilderung meiner sexuellen Ausschweifungen, an die ich keinerlei Erinnerungen hatte, endete, lehnte sich Dr. Wunderlich gedehnt in seinem Ohrensessel zurück, nicht ohne mich eines verwarnenden Blickes gering zu schätzen. Er hatte ja Recht, das wusste ich. Aber das Kind war nun mal in meinen Brunnen gefallen. Was sollte ich also tun? Nun fing auch noch Vera an, beschützend ihre Mutterflügel über mich zu breiten.
„Sie ist sonst gar nicht so“, machte sie sich für mich stark, „dafür lege ich beide Hände ins Feuer, Dr. Wunderlich. Ich betone: beide Hände! Da kann nur jede Menge Alkohol im Spiel gewesen sein, ganz bestimmt.“
Nun überlegte ich, ob Veras Mutmaßungen ein nicht noch schlechteres Licht auf mich warfen… maßlos besoffen UND Sex mit zwei Männern? Auweia.
Dr. Wunderlich stimmte das offensichtlich milde und bat mich nun, auf dem Stuhl Platz zu nehmen, welcher, würde er sprechen können, sicherlich eine Vielzahl von guten Storys parat hätte.
„Na dann wollen wir mal gucken, wie weit Sie sind“, klatsche Dr. Wunderlich mit seinen Gummihandschuhen in die Luft und begann, mich per Ultraschall zu untersuchen. Vera und ich verfolgten staunend sein Geschick auf dem Monitor. Ich konnte lediglich Ameisen ausmachen. Ich bin schwanger mit Ameisen! Wahnsinn! Ein wenig sah es auch nach Sendeschluss im Ersten Deutschen Fernsehen aus. Vera guckte ebenso ratlos in den Fernseher wie ich. Aber nicht Dr. Wunderlich. Der konnte etwas ausmachen.
„Aha! Da haben wir es.“ Dr. Wunderlich drehte den Lautsprecher an und wir hörten ein gleichmäßiges, schnelles Schlagen. Das war dann wohl der Herzschlag meines Ungeborenen. Dem Anlass entsprechend kullerten mir nun sämtliche Hormone in Form von Tränen aus beiden Augen. Ich hörte den Herzschlag meines Kindes. War das zu fassen?
„Ist es schwarz?“, fragte Vera nun neugierig und Dr. Wunderlich sah sie mitleidig an. Moment, eigentlich schaute er mich an, oder? Sein Silberblick ließ keine genaueren Rückschlüsse zu.
„Nun ja, zurzeit ist es noch schwarzweiß, welche Farbe das Kind bei der Geburt haben wird, lässt sich leider erst bei selbiger beantworten“, unterrichtete uns der Doktor.
„Und wie weit ist die Schwangerschaft fortgeschritten?“, fragte ich angespannt. Der Arzt zog seine Stirn kraus und ich war auf alles gefasst.
„Ich denke, sie sind maximal in der dritten oder vierten Woche, noch ganz am Anfang. Wir haben Glück, dass wir überhaupt schon etwas sehen. Das ist einerseits ein gutes Zeichen, da ihr Kind von Ihrem Unfalltrauma nichts abbekommen hat, andererseits stellt sich für Sie leider immer noch die Frage, wer der Vater des Ungeborenen ist. Nun ja, aber soweit ich das professionell beurteilen kann, ist weder der Fötus in Gefahr, noch hat er irgendeinen Schaden genommen.“ Erleichtert atmete ich tief durch. Der Doktor drückte ein paar Knöpfe, druckte ein Ultraschallbild aus und drückte es mir in die zitternden Hände. Was war ich erleichtert!
„Das hier ist ihr Kind und das der dazugehörige Dottersack!“, erklärte er mir das Schwarzweiß-Gekrissel. Ich war gerührt. Das war das erste Foto von meinem Kind. Wahnsinn! Ich steckte es andächtig in meine Handtasche.
„Geh ich denn Recht in der Vermutung, dass Sie das Kind bekommen werden?“, fragte mich Dr. Wunderlich und sah mich mit dem einen Auge und Vera mit dem anderen Auge an.
„Ja. Dr. Wunderlich, auf jeden Fall werde ich das Kind bekommen. Ich freue mich riesig, auch wenn die Umstände mehr als suboptimal sind, aber um ehrlich zu sein, freu ich mich wahnsinnig darauf, Mutter zu werden“, plapperte ich überglücklich und aufgeregt. Vera nickte die ganze Zeit vehement, weil sie sich wahrscheinlich ebenso angesprochen fühlte.
„Gut. Wenn Sie das nächste Mal kommen, so in vier Wochen, bekommen Sie Ihren Mutterpass. Ich schreibe Ihnen noch Magnesium und Folsäure auf und dann bitte, in Gottes Namen, schonen Sie sich. Und bitte! Verzichten Sie in den nächsten neun Monaten doch auf Alkohol!“ Der Seitenhieb saß. Mit diesen Worten gab er uns zur Abschied die Hand und Vera und ich verließen die Praxis. Als ich durch die Eingangstür an die frische Luft trat, fing ich an wie ein Teenager im Justin-Biber-Konzert zu quietschen. Ich war so aufgekratzt und froh darüber, dass alles in Ordnung war. Und sofort kam mir
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