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Liebesvergessen (German Edition)

Liebesvergessen (German Edition)

Titel: Liebesvergessen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Babsy Tom
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genießen (wenn auch nur mit mir allein!). Nachdem ich das Kind dann drei Jahre am Körper getragen hatte und mich mindestens drei Bandscheibenvorfälle plagten, musste das Kind natürlich eine Kita besuchen, am besten so eine Waldörfler-Kindertagesstätte, davon hatte ich schon so einiges gehört, natürlich nur Positives! Und dann, beim Elternabend, da hatte ich mit anderen Eltern darüber zu diskutieren, dass in den kleinen rosa Fruchtzwergen ja Zucker sei und dass das für die kleinen Milchzähnchen der blanke Horror…
    Ich merkte, wie mein Atem nur noch stoßweise ging und ich anfing zu hyperventilieren. Und das alles sollte ich ohne Ehemann tun? Auf der Suche nach einer Tüte, in die ich meine Panik hecheln wollte, humpelte ich wie eine Ertrinkende durch mein Refugium. Keiner, der mir nach dem Elternabend die müden Füße massierte oder mir schon mal ein Sandwich übrig gelassen hatte, weil er ja wusste, dass es spät werden würde. Ich fand eine Tüte und atmete stoßweise in sie hinein und wieder aus, ein… aus… ein… aus. Während sich mein Puls allmählich beruhigte, wischte ich meine klammen Hände an meiner Jogginghose ab. Zögernd setzte ich mich wieder an die Nähmaschine und vergrub mein Gesicht in den Händen. Verzweifelt schaute ich mir den Strampler an, der fast fertig war. Es fehlten nur noch die Knöpfe und Ösen an der Schulterpartie. Druckknöpfe fand ich leider nicht, schrieb sie mir aber auf meinen Einkaufszettel. Ich wusste weder, ob der Strampler zu klein oder zu groß sein würde, eins jedoch wurde mir hier in diesem Augenblick bewusst, nämlich, dass ich mit diesem Strampler einen Prototyp angefertigt hatte. Er sah fantastisch aus, dafür, dass es der erste von hoffentlich noch vielen sein würde. Und nun fasste ich einen Entschluss: Ich würde mir in Ruhe Stoffe besorgen und dann anfangen, Strampler und Babysachen zu schneidern. So würde ich einerseits wieder auf Touren kommen, andererseits meiner langen Weile den Garaus machen. Vielleicht konnte ich so ja auch Geld verdienen? Bei Ebay vielleicht. Ich hatte jetzt etwa vier Stunden an der Fertigung gesessen. Das Schnittmuster war eine gute Vorlage. Der nächste würde vielleicht nur drei Stunden dauern. Euphorie packte mich. Wozu brauchte ich schon einen Ehemann? Ich war schließlich auch WER! Betsy lag zu meinen Füßen und spitzte die Ohren, so als würde sie meine Empfindung teilen. Glücklich nahm ich den Strampler und hielt ihn an meinen noch kaum vorhandenen Babybauch. „Der ist für dich mein Schatz, guck“, gluckste ich zufrieden. Wie zur Antwort meldete sich abermals meine Blase und machte mich darauf aufmerksam, dass ich ihr lange keine Beachtung geschenkt hatte. Während ich schleunigst auf die Toilette schoss und ihr freien Lauf ließ, kontrollierte ich nochmals mein Handy. Bedauernd stellte ich fest, dass Tom sich immer noch nicht gemeldet hatte, weder telefonisch noch per SMS, nicht ein einziges Lebenszeichen. Ob ich ihn anrufen sollte? Entmutigt verwarf ich den Gedanken. Ich wollte ihm Zeit lassen, den Umstand der Schwangerschaft zu verkraften. Wobei mein Unterbewusstsein zänkisch wetterte, warum um alles in der Welt Tom ein Recht hatte, überhaupt sauer auf mich zu sein. Schließlich waren wir geschiedene Leute. Konnte da nicht jeder machen, was er wollte? In erster Linie war das sowieso mein Baby, egal von wem es war. Es gehörte mir. Wer der Vater war, spielte eine untergeordnete Rolle, versuchte mein wirklich cooles Ich zu argumentieren. Die Ängstliche in mir wiederum fragte sich die ganze Zeit, ob die Coole total gaga war und wie sie allein mit einem Baby klarkommen wollte. Ich fuhr meinen PC hoch und loggte mich bei Amazon ein. Die Ängstliche durchstöberte alle Ratgeber für junge Mütter, bestellte ein Dutzend Bücher und mutierte so allmählich zur Hoffnungsvollen.
    Der Rest der zwei Wochen, den ich allein, mit Ausnahme von Betsy, zu Hause verbrachte, plätscherte so vor sich hin. Ich durchblätterte jeden Tag unsere alten Fotoalben, bis sich jedes einzelne Bild auch ohne Album hinter meiner Stirn eingeprägt hatte. Das vermittelte mir das Gefühl, ein wenig schlauer, wissender und auch zugehöriger zu sein. Auch wenn ich mich an die jeweiligen Situationen nicht erinnern konnte, so fühlte ich dennoch, dass die Fotos Teile meiner Vergangenheit spiegelten. Die Nächte verbrachte ich in Toms Atelier. Auch wenn ich endlich die Freiheit genoss, allein in meiner oberen Etage zu haushalten, zog es mich jeden

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