Liebeswunder in Italien
und begriffen hatte, dass sie vielleicht eines Tages nicht mehr da sein würde.
„Was sagst du dazu?“ Clara kam in dem schlichten weißen Brautkleid aus Seide mit langen Ärmeln aus Spitze aus der Umkleidekabine.
Ihre Mutter betrachtete sie anerkennend und war – wie so oft in diesen Tagen – den Tränen nahe. „Du siehst wie eine Prinzessin aus.“
Und ausnahmsweise fühlte Clara sich auch so. Noch vor einer Woche hatte sie sich nicht vorstellen können, diesen Tag noch zu erleben, schon gar nicht mit Valentino. Wie oft hatte sie sich insgeheim ausgemalt, er würde nach Monta Correnti zurückkommen.
Als er ihr bei ihrem Wiedersehen gesagt hatte, sie sei eine bemerkenswert schöne Frau, hatte er es ernst gemeint. Das hatten ihr sein bewundernder Blick und seine Stimme verraten. Danach hatte sie sich immer gesehnt. Tiefe Freude erfüllte sie.
Ihre ganze Familie hatte darauf bestanden, dass sie an diesem Vormittag im Bett blieb, und sie hatte dieses Mal nicht widersprochen. Sie hatten ihr das Frühstück und das Mittagessen aufs Zimmer gebracht, und sie durfte erst aufstehen, als es Zeit war, zu der Boutique mit den Brautmoden zu fahren.
Bianca trug ihr bestes Kleid und hatte die bis auf die Schultern reichende Mantille mitgenommen, die sie Clara kurz vor der Trauung anlegen würde. Sie küsste sie auf die Wange. „Das Kleid ist wie für dich geschaffen. Ich wünschte, alle unsere Verwandten und Freunde würden in die Kirche kommen und dich sehen.“
„Ja, das wäre schön.“ Ihre Mutter seufzte. „Aber wir machen so viele Fotos wie möglich und schicken sie ihnen sonst. Es war richtig, dass Valentino alles getan hat, um die Paparazzi fernzuhalten. Bis jetzt weiß niemand etwas von der Hochzeit.“
„Außer der Verkäuferin“, erinnerte Clara sie.
„Stimmt. Sie hat jedoch keine Ahnung, wer der Bräutigam ist.“
„Ja, und er wird sich aufregen, wenn wir zu spät in die Kirche kommen.“ Bianca hakte sich bei Clara unter. „Lasst uns gehen.“
Alle drei verließen das Geschäft und gingen zu dem Lieferwagen auf dem Parkplatz davor. Ihre Mutter stieg zuerst ein mit der großen Tragetasche, in der sich jetzt Claras Garderobe befand, die sie vor dem Umziehen getragen hatte. Dann half Bianca ihrer Schwester vorsichtig in den Wagen und achtete darauf, dass das Brautkleid keinen Schaden nahm, ehe sie selbst in Tomasos Auto stieg, in dem auch die Kinder saßen.
Claras Vater lenkte den Wagen durch Monta Correnti und dann die kurvenreiche Straße den Hügel hinauf zu der wunderschönen Barockkirche San Giovanni, die aus dem siebzehnten Jahrhundert stammte.
Es war ein sonniger und warmer Tag. Einen besseren hätten sie sich für die Hochzeit nicht wünschen können. Während alle vor Aufregung und Begeisterung förmlich überschäumten, breitete sich eine tiefe Ruhe in Clara aus.
Für sie war es ein seltsam unwirklicher Augenblick. In einer Stunde wäre sie Valentinos Frau, eine Rolle, um die viele Geschlechtsgenossinnen sie beneiden würden. Doch sie machte sich nichts vor und wusste genau, was die Ehe mit ihr für ihn bedeutete und was nicht.
Von ganzem Herzen wünschte sie sich, noch lange zu leben. Wenn es nicht sein sollte, würde er seine Freiheit zurückbekommen. Bis dahin würde er alles Menschenmögliche für sie tun. Am Tag zuvor hatte sie einen Vorgeschmack von der Ernsthaftigkeit seiner Absicht bekommen, als er sich im Krankenhaus die Bedienung des Dialysegeräts stundenlang hatte erklären lassen.
Und dass er daran arbeitete, die Beziehung zu seinem Vater in Ordnung zu bringen, wie er ihr versichert hatte, bedeutete ihr mehr, als er ahnte. Sie wünschte sich eine Ehe voller Harmonie, und dazu gehörte auch, dass er mit seinem Vater Frieden schloss.
Clara hatte sich vorgenommen, ihn im Umgang mit seiner Familie zu unterstützen und ihn so glücklich wie möglich zu machen.
Ihr Vater fuhr jetzt um die Kirche herum und hielt vor dem Hintereingang an, der normalerweise nur von den Priestern benutzt wurde. Tomaso parkte seinen Wagen direkt hinter ihnen, und nachdem alle ausgestiegen waren, legte Bianca ihr die Mantille um den Kopf.
Schließlich trafen auch ihre verheirateten Brüder Dante und Cesare mit ihren Angehörigen ein und brachten ihre Großmutter mit. Dann machte Tomaso Fotos, um diesen Tag für immer im Bild festzuhalten.
Kurz darauf öffnete Pater Bruno die Kirchentür.
„Da seid ihr ja.“ Valentino kam ihnen entgegen mit einer pinkfarbenen Rose im Knopfloch des Jacketts
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