Liebeszauber an der Algarve
Wie gebannt blickte Grace den beiden nach, bis sie ins Hotel verschwanden.
Nach der unbarmherzigen Mittagshitze draußen dankbar für die Klimaanlage in dem luxuriös eingerichteten Konferenzraum, drehte Marco nervös seinen goldenen Kugelschreiber zwischen den Fingern, während er sich auf das gewissenhafte Vorstandsmitglied am anderen Ende des langen Mahagonitisches zu konzentrieren versuchte.
Der loyale Joseph Simonson drückte sich so klar aus wie immer, als er über das Übernahmeangebot berichtete. An der Präsentation des Mannes gab es nichts auszusetzen. Dennoch fiel es Marco schwer, bei der Eröffnungsrede aufzupassen, weil er ständig an vor Wut funkelnde strahlend blaue Augen und ein Gesicht denken musste, das seiner Vorstellung von Aphrodite, der griechischen Göttin der Liebe und Schönheit, so nahekam.
Grace Faulkner.
Aber nicht nur ihre Schönheit hatte ihn aus der Fassung gebracht. Marco fragte sich, wie die junge Frau erfahren hatte, dass er in einem Waisenhaus aufgewachsen war. Denn dies war etwas, was er niemals bereitwillig verbreitet hatte. Ein weiteres Gespräch ließ sich nicht umgehen, wenn er ihr einschärfen wollte, dass es dumm wäre, diese Information den Medien zuzuspielen. Natürlich gab es Einheimische, die schon immer gewusst hatten, dass es stimmte.
Vielleicht war es unklug gewesen, auf ihre Loyalität zu hoffen und zu glauben, sie würden mit Außenstehenden nicht über seine Vergangenheit reden? Er hatte mit der Presse schon einiges durchgemacht. Schlagzeilen mit einer neuen Enthüllung hatten ihm gerade noch gefehlt! Und diese wäre für ihn von allen wahrscheinlich am schwersten durchzustehen.
Seine Gedanken kehrten zu Grace Faulkner zurück. Sie hatte gesagt, sie wollte ihn nicht beeindrucken, doch unerklärlicherweise hatte sie genau das getan. Auf dem Weg in den Konferenzraum hatte er seine Sekretärin Martine angerufen und gebeten, Nachforschungen über Grace Faulkner und die Hilfsorganisation anzustellen.
Leider wäre es nicht das erste Mal, dass eine Frau log, um an ihn heranzukommen … dass sie eine erfundene Geschichte über sein Liebesleben an eine Zeitung verkaufte.
Er wünschte, die junge Frau vor dem Hotel wäre die, die sie zu sein behauptete. Und sie hätte ihn tatsächlich nur abgepasst, weil sie seine Hilfe für die gute Sache wollte, die ihr anscheinend so sehr am Herzen lag.
In jenem Moment, in dem er dicht vor ihr gestanden und ihr in die Augen gesehen hatte, die strahlten wie ein sonnenbeschienener blauer See, hatte sie nicht schuldbewusst weggesehen. Nein, sie hatte seinen Blick erwidert, als hätte sie nichts zu verbergen, als würde sie die Wahrheit sagen.
Das fand er so verführerisch und ansprechend. Im Lauf der Jahre hatte er Beziehungen zu einigen sehr schönen Frauen gehabt, aber ihre Selbstsucht war nicht schön gewesen.
Seine Exfreundin Jasmine, zum Beispiel. Das Model hatte versucht, ihn wegen Wortbruchs zu verklagen. Er hatte ihr angeblich versprochen, sie finanziell zu unterstützen, als das berühmte Modehaus, für das sie modelte, ihren Vertrag nicht verlängerte. Der Grund dafür war, dass sie lieber feierte und Drogen nahm, anstatt zur Arbeit zu erscheinen.
Doch er hatte ihr nichts dergleichen versprochen. Tatsächlich hatte er schon mit Jasmine Schluss gemacht, bevor ihre berühmten Arbeitgeber sie fallen ließen. Dank seiner Anwälte war die Klage aus Mangel an Beweisen vor Gericht abgewiesen worden.
Kurz danach hatte Jasmine ihre kleine Skandalgeschichte für eine lächerliche Summe an eine Boulevardzeitung verkauft, „Misshandlungen“ erfunden und ihn als einen verabscheuungswürdigen Frauenfeind hingestellt.
Dieser Reinfall lag inzwischen sechs Monate zurück. Seitdem war Marco noch argwöhnischer und zynischer, wenn Frauen sich mit ihm treffen wollten.
Nur schien Grace Faulkner wirklich mehr an andere zu denken als an sich selbst. Deshalb wollte er trotz seiner verständlichen Vorsicht mehr über die Schönheit mit dem engelhaften Gesicht herausfinden, die ein Herz für Not leidende Kinder und den Mut hatte, einfach auf ihn zuzugehen und ihr Anliegen vorzubringen, als hätte sie jedes Recht dazu …
„Marco?“
Da sich Joseph sichtlich unbehaglich fühlte, vermutete Marco, dass er ihn schon zweimal angesprochen hatte. Nicht daran gewöhnt, dass ihr Vorsitzender zerstreut war, wechselten die übrigen Vorstandsmitglieder betretene Blicke.
„Könnten Sie das noch einmal für mich erläutern, Joseph?“, bat Marco und
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