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Liebhaberstück Xenia (German Edition)

Liebhaberstück Xenia (German Edition)

Titel: Liebhaberstück Xenia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Aidan
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zog auch mich aus der Hocke hoch. Vorsichtig, da ich das Baby hielt.
    „Xenia!“ , jammerte Doris.
    „Sie haben einen gesunden Jungen!“ Ich zeigte ihn ihr, nabelte ihn rasch ab, betupfte ihn oberflächlich mit einem Handtuch und legte ihn in den Arm seiner Mutter. „Darf ich Ihnen Ihren Sohn vorstellen, Doris?“
    Ihre L ippen bebten vor Glück, als sie das Baby betrachtete, das noch immer lauthals schrie und dabei vor Zorn seine winzigen Fäustchen ballte.
    Schon so oft hatte ich es erlebt in den fast fünfzehn Jahren meiner Erfahrung als Hebamme. Doch jedes Mal war es ein überwältigendes Erlebnis, so dass auch ich vor Freude strahlte.
    Der Riese mit den Löwenaugen lächelte zurück, verband sich so einen kurzen intimen Moment lang mit mir, der Mutter und dem Kind in der alten zeitlosen Weise, in der das Krähen eines Neugeborenen Fremde zu Sippengenossen machte. Dann wurde seine Miene wieder ernst. „Ein kräftiger Junge, herzlichen Glückwunsch!“
    „Danke, Herr Doktor“, hauchte die junge Mutter.
    „Muss der Damm genäht werden?“ Er schaute mich an. „Was meinen Sie?“
    Überrascht, dass er meine Meinung überhaupt in Erw ägung zu ziehen bereit war, beeilte ich mich zu antworten: „Nein. Sie ist nur leicht gerissen. Das heilt besser so.“
    „Dann nehme ich wohl an, dass jetzt alles in Ordnung ist“, wandte er sich gereizt an den Assistenzarzt. „Und dass Sie mich umsonst aus dem Schlaf geholt haben.“
    „Aber für mich sah es aus wie ein Kaiserschnitt!“ Der ju nge Mediziner hob beschwörend die untalentierten Hände. „Die Zervix zeigte einen Öffnungsgrad, der…“
    „Darüber sprechen wir noch!“ , fiel der Riese ihm barsch ins Wort und fügte an mich gerichtet im selben Tonfall hinzu: „Sie zuerst! In meinem Büro! In zehn Minuten!“
    Er bedachte seinen jungen Kollegen und mich noch mit e inem letzten herrischen Blick, bevor er davon marschierte.
    Der Assistenzarzt reckte die schmalen Schultern. „Sie machen hier noch alles fertig!“, befahl er mir mit der herablassend wedelnden Armbewegung eines Fürsten, der sein Gesinde herumscheucht. Dann verschwand auch er. Ausatmend schloss ich die Tür hinter ihm.
    „Xe nia!“, rief Doris und hielt sich den Bauch.
    Ich trat zu ihr. „Keine Sorge, das ist nur die Nachgeburt. Einmal pressen, und schon ist sie draußen!“
    So war es dann auch . Während das erste Rosa des frisch geborenen Morgens durch die Scheiben des Kreißsaales drang, versorgte ich Mutter und Kind, bis beide sauber und zufrieden waren. „Wie soll er denn überhaupt heißen, Ihr Sohn?“
    „Leonhart.“
    „Das ist ein guter Name! Der Name eines Königs.“ Mal was anderes als die unzähligen Kevins, die immer gerade dann auftauchten, wenn sich gleichnamige Rotznasen als Highlights des Fernsehprogramms profilierten.
    Doris zeigte das stolze Lächeln einer Frau, die ihr erstgeborenes Kind im Arm hielt. „Können Sie jetzt meinen Mann holen? Ich dachte eigentlich, der junge Herr Doktor hätte ihm Bescheid gesagt, aber anscheinend hat er es nicht.“
    „Ich hole ihn gleich!“
    Draußen fand ich den auf und ab marschierenden jungen Vater. „Herr Steinbauer“, sagte ich, als er herbeieilte. „Ihr Sohn möchte Sie kennenlernen.“
    Lächeln d folgte ich dem überwältigten Mann, der zu seiner Frau rannte und mit Ehrfurcht das Baby entgegennahm, das sie ihm reichte. Verstohlen wischte ich mir eine Träne fort. Das waren die Momente, in denen ich wusste, warum ich meinen Beruf so liebte.
    Was mir vorhin irgendwie abhanden gekommen war.
    Geduldig zeigte ich Doris, wie sie ihr Kind anlegen sollte und beantw ortete unzählige Fragen der jungen Eltern. Unaufgefordert brachte ich ihnen eine Flasche Wasser zum Trinken, da ich wusste, dass eine Frau nach der Geburt meist erheblichen Durst bekam. Und Herr Steinbauer sah auch aus, als könnte er einen Schluck gebrauchen. Ich eigentlich auch. Dann erledigte ich den Papierkram.
    Später kam eine Krankenschwester herein, eine Frau Mitte fünfzig mit freundlichen Augen und kastanienbraun gefärbten, kurzen Locken. „Na, wer hat denn da noch vor meiner Schicht das Licht der Welt erblickt? Hallo, ich bin Schwester Margot.“
    Meine Hand wies auf das Neugeborene. „Darf ich vorstellen? Leohart Steinbauer.“ Wie immer mit diesem Spruch brachte ich sofort alle zum Strahlen. Ich wandte mich an Doris: „Ab jetzt lege ich Sie und Ihr Baby in die fähigen Hände von Schwester Margot. Ich schaue später wieder bei Ihnen vorbei.

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