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Liebhaberstück Xenia (German Edition)

Liebhaberstück Xenia (German Edition)

Titel: Liebhaberstück Xenia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Aidan
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Zentimeter. Hinter dem LKW ergab sich eine Lücke, da die nachfolgenden Autos auf die linke Spur gewechselt hatten. Die Lücke nutzte ich, sprang hin und zerrte den Vogel zurück. Und spürte gleichzeitig einen gewaltigen Ruck nach hinten.
    Thorsten Hartmann hatte mich mitsamt dem Schwan etwa einen Meter von der Fahrbahn weggerissen, hielt mich grob bei den Schultern gepackt und funkelte mich über den Schwan hinweg böse an. „Bist du wahnsinnig ?!“
    Was ich in seinen Augen neben un gehörigem Zorn noch entdeckte, war nackte Angst.
    Angst um mich?
    Es brachte mein Herz vor Freude zum Hüpfen und machte mich seltsam hilflos.
    Fluchend zog er mich zum Auto, wobei ich den Schwan noch immer umklammert hielt. Das Vieh war sc hwerer, als ich erwartet hatte. Hartmann riss die Beifahrertür auf und marschierte zur Fahrerseite. Ich setzte den Schwan vor mich in den Fußraum und stieg ein, wobei ich meine Beine vorsichtig rechts neben dem Vogel drapierte.
    Die Jungs hatten ihr Spiel unterbrochen und starrten mit großen Augen auf den Schwan. Sogar Fitzgerald staunte.
    Ich wandte mich zu ihnen um und versicherte ihnen: „Es ist alles okay! Der Schwan ist verletz t. Wir bringen ihn am besten gleich in die Tierklinik.“
    „Sind Sie sicher, dass wir uns nicht bei ihm die Vogelgrippe holen?“, fragte Thorsten Hartmann skeptisch, als er den Golf zurück auf die Fahrbahn lenkte.
    Ich untersuchte das sichtlich geschockte Tier, so gut ich es unter den Umständen konnte, registrierte die einseitige Vergrößerung der Pupille seines rechten Auges sowie eine Aufschürfung darüber und meinte: „Er hat wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung. Vermutlich ist er gegen einen LKW geflogen.“
    Als Antwort erntete ich nur ein Brummen.
    „ Herr Dr. Hartmann?“ Ich forschte in seinem Gesicht.
    „Hm?“ Sein e Augen waren stur nach vorn gerichtet, die Brauen zusammengezogen, der Mund entnervt zusammengepresst.
    Lächelnd sagte ich: „Danke!“
    „Wofür?“ Sein Blick streifte mich, noch keinen Deut besser gelaunt.
    „Für Ihre Sorge um mich.“
    „Ich sollte dich übers Knie legen für deinen Leichtsinn“, knurrte er. „Dazu hätte ich echt verdammt Lust!“
    „Das wäre jetzt ungünstig, so auf der Autobahn“, erwiderte ich. „Und außerdem hat das Ganze von Ihrer Warte aus bestimmt gefährlicher ausgesehen, als es war. Ich bin kein Risiko eingegangen, wirklich nicht. Ich bin schließlich nicht lebensmüde. Und außerdem…“
    „Außerdem was ?“
    „Und außerdem dürfen Sie mich ruhig weiterhin siezen!“
    Ein Grinsen stahl sich in sein Gesicht , als er kopfschüttelnd brummte: „Du unmögliches Weib!“
    „Es heißt: Sie unmögliches Weib, wenn’s recht ist!“
    Was er antwortete, konnte ich nicht verstehen, weil die Jungs auf der Rückbank laut nach Fitzgerald riefen, der seine anfängliche Scheu vor dem Schwan offenbar überwunden hatte und sich nun anschickte, ihn anzugreifen. Der Vogel quittierte die Annäherungen des Frettchens mit einem drohenden Fauchen.
    Für den Rest der Fahrt waren alle damit beschäftigt, das vor Jagdeifer enthemmte Frettchen zu bändigen, während ich den sichtlich erstarkenden Schwan davon abhielt, Hartmanns Hand zu attackieren, wann immer diese sich auf den Schalthebel legte.
    Ich war froh, als wir endlich beide Jungs mitsamt dem Frettchen bei Ingos Eltern abliefern und uns weiter zur Tierklinik aufmachen konnten.
    „Und wo genau ist die Tierklinik?“ Hartmann hatte noch immer einen leichten Unwillen im Tonfall.
    „ Irgendwo an der Potsdamer Chaussee“, informierte ich ihm. „Frau Gerhardt, eine Interessentin, hat neulich einen Termin mit mir nicht einhalten können,“ – mal wieder – „weil sie ihren Wellensittich dorthin bringen musste.“
    Thorsten Hartmann, der sich in Berlin zum Glück sehr gut auskannte, fand sofort hin und parkte den Golf im Halteverbot auf dem Gelände der Veterinärmedizinischen Fakultät.
    Den Schwan aus dem Wagen zu heben, erwies sich als weitaus schwieriger, als das Hineinsetzen gewesen war. Fauchend hackte er nach allem, was sich bewegte, und als ich ihn endlich aus dem Wagen gezogen hatte, schlug er wütend mit den Flügeln, sodass er mir aus den Händen glitt. Bevor ich ihn wieder ergreifen konnte, nahm er flatternd ein paar Schritte Anlauf, erhob sich in die Luft und flog auf und davon. Bald war er hinter den Baumkronen verschwunden.
    „Es scheint ihm wieder besser zu gehen“, diagnostizierte der Doktor. „Auf jeden Fall kriegen wie ihn

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