Liebhaberstück Xenia (German Edition)
das sowieso schon taten.
So beschloss ich, ein paar freundliche Worte und ein paar Ostereier mit Mick zu teilen, mich dann zurückzuziehen und ihn Freya zu überlassen. Da Olav mein ehemaliges Zimmer inzwischen an einen Kunststudenten vermietet hatte, würde ich fortan für die Zeit meiner Besuche in Gabeldorf im Gästezimmer meines Elternhauses unterkommen.
Inzwischen suchte ich schon mal die Ritualsachen zusammen, die mir gehörten: der Fluorit, die Wasserschale, das Körbchen mit den Eiern – ach nein, das brauchten wir ja noch. Ich kniete noch immer auf dem Boden, als Mick hereinkam.
„Hallo Upline ! Wo zum Teufel wart ihr?“
„Hallo Mick “, antwortete ich. „Was soll das heißen, wo wir waren?“
„Wir haben ewig im verdammten Regen auf euch gewartet.“
Wir!
Hinter ihm kam Thorsten Hartmann in Freyas Küche, die sogleich so eng wirkte, dass mir die Luft wegblieb. „Hallo“, sagte er, und sein Blick fuhr über mich von oben bis unten wie eine Spur aus heißem Kerzenwachs.
„Heißt das , ihr wolltet uns schon wieder in unserem heiligen Hain auflauern und uns bei unseren geheimsten Ritualen belauschen?“ Freya stemmte ein herausforderndes Lächeln in ihre Mundwinkel und die Hände in die sexy geschwungenen Hüften.
„Klar wollten wir das“, gab Mick unverfroren zu. „Tho rsten hat heute frei, und wir dachten, letztes Mal war auch Tagundnachtgleiche, da werdet ihr sicher wieder was Geiles machen. Ich hab extra im Internet recherchiert, wann wieder Tagundnachtgleiche ist.“ Er schaute sich in der Küche um. „Aber offensichtlich habt ihr uns verarscht und es hier durchgezogen.“
„Draußen regnet es “, sagte Freya.
„Das haben wir auch gemerkt “, schnaubte Mick.
Freya hob spöttisch die Augenbrauen. „Wir dachten eben, nur Idioten würden bei so einem Wetter dumm im Wald herumstehen.“
Mick brummte nur unwillig.
„ Wir gehen am besten ins Wohnzimmer!“ Sie drückte Mick die Flasche mit dem Ritualwein und die Brötchen in die Hand. Ich beschäftigte mich damit, Thorsten Hartmann zu ignorieren und die roten Eier ins Wohnzimmer zu bringen. Freya folgte mit dem Rest unseres Festmahles.
Im Wohnzimmer rückten wir den Tisch und Lokis Spielzeug zur Seite und improvisierten ein Picknick auf dem Boden. Mick ließ sich sofort mir gegenüber nieder und sein Bruder neben mir.
Viel zu nahe .
Wie üblich.
Ich rückte ein Stück von ihm ab und bekam von Freya Besteck in die Hand gedrückt, das ich austeilte.
Wie konnte ich es bloß anstellen, zu gehen, ohne gleich der Mega-Stimmungstöter zu sein?
Okay, ich würde noch zum Essen bleiben, aber dann gleich verschwinden!
Des Doktors Hand strich über mein Haar und verweilte bei den Osterglocken. „Blumen“, fraß sich seine tiefe Stimme durch meinen Körper. „Ich liebe es, wenn Sie solches Gemüse im Haar tragen.“
Ich wischte seine Hand weg und schob den Käse beiseite, um noch weiter von Hartmann wegrutschen zu können.
„Greift zu!“ Freya sank neben Mick.
Das ließen sich die Hartmänner nicht zweimal sagen. Mick griff nach den Ostereiern, sein Bruder nach mir. Ich wehrte ihn ab mit einem vorgehaltenen Vollkornbrötchen, bis er lachend hinein biss und seine Attacken einstellte.
Was dazu führte, dass auch ich mich entspannen kon nte.
Alles war fast so wie bei Mabon. Auf dem Boden vor dem Sofa sitzend tranken wir bei Kerzenlicht Wein, redeten über die Steinkreise Schottlands und die Blazer der Bundeskanzlerin, und irgendwann lehnte sich Thorsten Hartmann gegen mich.
Immerhin war ich geistesgegenwärtig genug, ihn wegzuschieben und Freya um ein kleines Döschen und Reinigungsflüssigkeit für meine Kontaktlinsen zu bitten. Da sie selber welche trug, konnte sie damit dienen.
Nachdem ich die Kontaktlinsen im Bad herausge fummelt hatte, kehrte ich ins Wohnzimmer zurück, wo mich Thorsten Hartmann gleich in seine Arme zog.
Was hatte dieser Mann nur an sich, dass ich bei ihm i mmer so nachgiebig wurde wie ein Schließmuskel bei Blasenschwäche?
Vielleicht weil mich sein Herzschlag unter meinem rechten Ohr wieder so unfair einlullte. Und weil er nichts tat, außer mit meinem Haar und den darin steckenden Osterglocken zu spielen. Und weil das ganz harmlos war. Und sehr schön. Und weil…
Das Boot drohte zu kentern im unruhigen Wellengang einer aufgewühlten See. Gepaart mit den Flüchen der Walfänger drangen Schreie der Buckelwale klagend an mein Ohr, während ich vom Rhythmus des Meeres geschaukelt wurde. Immer
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