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Liebhaberstück Xenia (German Edition)

Liebhaberstück Xenia (German Edition)

Titel: Liebhaberstück Xenia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Aidan
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beobachten, wie Olav Hartmann abschätzend musterte. Selber Schuld, Idiot!
    Maxi zeigte sich dagegen unbeeindruckt, war er es doch gewohnt, dass die verschiedensten Geschäftspartner bei mir mitfuhren, wenn auch nicht unbedingt auf dem Fahrersitz. Die beiden Jungs beschäftigten sich auf der Rückbank mit dem Frettchen und Ingos Gameboy.
    Wir fuhren los.
    „Ihr Exmann?“, erkundigte Thorsten Hartmann sich schließlich, nachdem er bis zur Einfahrt in die Autobahn geschwiegen hatte.
    „Ja“, erwiderte ich so knapp, das ich das Wort fast ve rschluckte, in der Hoffnung, Hartmann würde spüren, dass ich darüber nicht sprechen wollte.
    Er spürte es nicht. „Warum haben Sie sich getrennt?“
    „Das geht Sie nichts an !“ Unbehaglich warf ich einen Blick nach hinten, doch die Jungs waren zu intensiv mit der Diskussion ihres Spielstandes beschäftigt, um langweiligen Erwachsenengesprächen zu lauschen. Das Frettchen Fitzgerald schlief zwischen ihnen auf der ausgeklappten Armlehne.
    Der Doktor bedachte mich mit einem Stirnrunzeln und konzentrierte sich wieder auf den Verkehr. Ich lotste Hartmann zum Friedhof, wo ich ausstieg und Max andeutete, mir zu folgen. Aus dem Kofferraum holte ich das Stöckchen Osterglocken, das gestern unsere Ritualblumen geliefert hatte, und begab mich zum Grab meiner Familie.
    Ich erzählte Max etwas über den Respekt, den er seinen Ahnen schuldete, und betrachte in einer gemeinsamen Minute andächtiger Meditation das erste Grün auf dem Grab, das unter dem nun verbrauchten Wintergesteck keck hervorlugte. Nachdem wir das Osterglockenstöckchen eingepflanzt und bewässert und das Wintergesteck entsorgt hatten, machten wir uns auf den Rückweg.
    Thorsten Hartmann lehnte lässig an einem der Grabsteine und beobachtet mich. Als ich das Loch, das Fitzgerald inzwischen so fleißig in einem der Gräber gebuddelt hatte, wieder zugescharrt hatte, saß der Doktor schon auf dem Fahrersitz meines Wagens.

    Er fuhr schnell.
    Wir nahmen die Autobahn fast im Flug und vorwiegend auf der Überholspur. Aber Hartmann war ein sehr guter Fahrer, wie ich zugeben musste. Ich fühlte mich sicher bei ihm im Auto. So sicher, wie ich mich auch in seinen Armen fühlte. Sicher und geborgen. Und begehrt.
    Eine klassische Fehleinschätzung zwar, u nd dennoch war es ein Bild, der meinen Augen gut tat: Wie er entspannt am Lenkrad saß. Wie beim Schalten seine Unterarm-Muskeln kraftvoll spielten. Wie sich seine Augen mit dem fokussierten Blick des Steinzeitjägers auf den langsamen roten Fiat vor uns richteten, der die linke Fahrbahn nicht freimachen wollte. Wie sich dabei zwei steile Falten zwischen seinen Augenbrauen zeigten, die ich am liebsten mit meinen Lippen glätten würde…
    Mit einem Mal fiel mir das Ritual ein, dass ich letztes Jahr für den männlichen Gott zelebriert hatte, damit er mir den Mann meines Lebens schickte. Hatte ich mir dabei nicht genauso einen Kerl wie Thorsten Hartmann vorgestellt? Stark, intelligent, potent, mich begehrend, mich nie um Geld anpumpend?
    Nur leider war der Doktor auch ein Mann, der von einer Frau zur nächsten zappte wie von einem Fernsehsender zum anderen. So etwas hatte ich nicht bestellt!
    Plötzlich überkam mich die schockierende Erkenntnis wie ein Hammerschlag: In meinem Ritual hatte ich nichts von Treue erwähnt. Ich hatte dieses wesentliche Detail ei nfach als gegeben vorausgesetzt. Und das, wo ich doch genau wusste, dass man genau das bekam, um was man bat, und keinen Deut mehr!
    Wie hatte mir nur dieser fatale Anfängerfehler unterlaufen können!
    Halt, Stopp ! Kommando zurück!!, rief ich in Gedanken, obwohl ich die Worte am liebsten hinaus geschrieen hätte. Ich korrigiere: Bitte, Gott, ich will einen treuen Mann! Einen Mann, der nur mich will. Sein Leben lang. Und keine andere Frau. Hast du das jetzt endlich kapiert?
    Ich zwang meinen Blick aus dem Fenster. Und erstarrte.
    Auf der weißen Linie zwischen Fahrbahn und Grenzstre ifen lag ein Schwan, dessen Flügel hilflos flatterten.
    „Halten Sie an !“, rief ich und fasste Hartmanns Handgelenk. „Bitte, sofort!“
    „Sie können dem V ogel sowieso nicht helfen“, wandte er ein.
    „Anhalten! Bitte!“ Es war halb Befehl, halb Flehen.
    Mit einem genervten Schnauben lenkte er den Golf auf die rechte Fahrbahn und weiter auf den Grenzstreifen, legte den Rückwärtsgang ein und hielt direkt vor dem Schwan.
    Schon war ich draußen.
    Ein Laster fuhr beängstigend nahe an dem Vogel vorbei, verfehlte ihn nur um wenige

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