Liebling, Ich Kann Auch Anders
Grenzen!
Sibylle wird eine TV-Sendung moderieren, in der sie all ihr Wissen über Männlein, Weiblein und die Dinge des Lebens in weise Ratschläge packen kann. ›Geist, Geld und Hormone‹ ist der vorläufige Titel. Senderintern wird das Format jedoch als ›Luderschule‹ etikettiert.
›Wollis chaotisches Liebesleben‹ erscheint nächstes Jahr als Buch und soll auch als Animationsfilm in die Kinos kommen. Leonardo kann nur noch lachen über seine Eskapaden, die alles ins Rollen gebracht haben.
Ach ja, er scheint übrigens der Einzige unseres alten Singleklüngels zu sein, dem bislang ungetrübtes Liebesglück mit einem Mann beschieden ist. Mit seinem David will er in den gesegneten Stand der Homosexuellenehe treten. Zu Pfingsten findet die große Hochzeitsparty statt. Eva sagte, sie werde ihm keine Steine in den Weg legen, obwohl er ihr doch schon quasi die (Rentner-)Ehe versprochen hatte.
Für meinen Roman habe ich einen Vertrag, und die Venedigreise, auf der Eva und ich das Ereignis feiern werden, ist gebucht.
Also Friede, Freude,Ostereier für alle, die wir lieben?
Nicht ganz. Eva hat seit Magnus keinen Mann mehr angerührt. Obwohl mich das ja einerseits freut, da ich immer fürchte, da könnte einer kommen und sie mir abspenstig machen, bin ich nicht glücklich darüber, denn das passt überhaupt nicht zu ihr. Ich frage mich schon, ob da nicht ein tieferes Trauma vorliegt, das behandelt werden müsste.
Jonathan ist geradezu übertrieben liebenswürdig zu mir. Das geht mir zwar manchmal leicht auf die Nerven, aber es rührt mich auch, weil ich ahne, was dahinter steckt: Er hat vermutlich ein schlechtes Gewissen, weil er immer noch nicht geschieden ist. Dabei ahnt er gar nicht, dass ich darauf vorerst überhaupt keinen Wert lege. Ich schätze meinen Freiraum und das Pendeln zwischen Stadt und See viel zu sehr und könnte keinen Mann ertragen, der mich durch permanente Präsenz einengt. Auch ist mir klar, wie sehr er an seinen Kindern hängt. Die brauchen ihn noch, und er soll ruhig für sie da sein. Ich will zwar auch mal eine Familie, aber das eilt wirklich nicht. Allerdings habe ich ihm verboten, seinen Familienfrust in meiner Gesellschaft zu thematisieren. Er darf mich auch nur besuchen, wenn er gut drauf ist. Zum ersten Mal bin ich die Frau, die ausschließlich für die zauberhaften Stunden im Leben eines Mannes zur Verfügung steht. Sie sehen, ich bin sehr wohl lernfähig und habe einiges dazu gelernt im letzten Jahr!
Kleines Nachspiel
Eva war für eine Talkrunde nach Berlin eingeladen. Darin hat sie inzwischen wirklich Routine. Die Sendung sollte am Freitagabend ausgestrahlt werden. Der Sender hatte sowohl die Flüge als auch das Hotel gebucht, was sie praktisch und bequem fand. Doch am Samstagmittag rief sie mich an und sagte, sie werde erst im Laufe des Montags zurückkommen. Sie tat zwar irrsinnig geheimnisvoll und sagte, ich brauchte mir keine Sorgen zu machen, aber ansonsten war sie verschwiegen wie eine Auster.
Am Montag tauchte sie dann endlich auf. Strahlend schön und mit sehr verdächtig glänzenden Augen.
»Eliza, du wirst es nicht glauben, was mir passiert ist!«
»Was ganz Tolles jedenfalls – so wie du aussiehst. Mit deinem Strahlen stellst du jedes Flutlicht in den Schatten.« Sie strahlte noch mehr.
»Erzähl!«
»Im Detail?«
»Im Detail!«
»Okay. Also ich bin am Samstag im Hotel zum Frühstück gegangen. Großes Buffet und wenig Personal – das Übliche. Also konnte ich selbst nach einem Platz suchen. War mir recht. Ich wollte einen am Fenster. Da war nur noch ein Tisch frei. Ich nichts wie ran. Da kam aber so ’ne schusselige Tante und blökte mich an: ›Hier sitze ich!‹ Na prima, danke für die Warnung, dachte ich. Am Nebentisch saß ein einsamer Mann, der mir zu verstehen gab, ich sollte mich zu ihm setzen. Mein absoluter Traumtyp, sage ich dir.«
»Aha!« Blitzvisionen durchzuckten mein Hirn. Herr Wunderbar II wird mir meine Freundin entziehen.
»Alptraum!«
Ich atmete kurz auf. Sie sprach weiter: »Zugekämmte Glatze, Zipfelbart und fusselige Strickjacke. Muss nicht sein, sagte ich mir und ließ mein Auge wandern. Und da fiel es doch tatsächlich am Ende des Saals auf einen jungen Mann von angenehmem – sehr angenehmem – Äußeren. Der war mir tags zuvor im Lift aufgefallen, weil er mich an einen ganz reizenden Volontär erinnerte. Ronaldo. Ich dachte, was soll’s, jetzt bin ich mal für einen Moment nicht die
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