Liebling, Ich Kann Auch Anders
nach Magnus.
»Ich hab dir doch gesagt, er ist im Ausland.«
»Ja, schon, aber du hast mir noch nicht erzählt, was vorher war.«
»Eine Serie von Lügen und Kränkungen! Ich wünsche ihm, dass er in den USA entführt wird oder im Mittelmeer ersäuft. Oder dass er von einem Hai verspeist wird. Langsam und genüsslich aus der Sicht des Hais – und grausam und schmerzhaft für ihn.«
»Sehr christlicher Wunsch! Aber solange Menschen Millionen mal mehr Haie essen als umgekehrt, ist es unwahrscheinlich, dass so was passiert. Doch wie seid ihr verblieben?«
»Verblieben? Ha! Es ist der reinste Hohn! Der Gipfel an Stillosigkeit. Ein erbärmliches Ende einer Affäre, die ich mal für das größte je auf Erden existierende Liebesglück hielt.«
»Lass hören!«
»Na ja, einen Teil der Geschichte kennst du ja schon, die doppelte Korrespondenz. Der ging natürlich einiges voraus. Das letzte Mal, als er hier war, kam er erstmal eine halbe Stunde zu spät. Zunächst wollte er zwei Stunden bleiben, doch dann fragte er mich plötzlich nach einer knappen Stunde – bezeichnenderweise kurz nach dem Ganterschrei – wie spät es sei.«
»Hast du deine Uhr immer noch nicht wieder?«
»Natürlich nicht. Weder die Uhr noch meinen Verstand.«
Ich beschloss, das Thema Uhr zurückzustellen, denn auch dazu spürte ich ein gewaltiges Zorn-Potenzial in mir brodeln. Der andere Aspekt ging jedoch im Moment vor. Verzeih, ich hab dich unterbrochen, erzähl weiter.«
»Ich habe auf meinen Wecker geschaut, und wie gesagt, seit seinem Eintreffen war noch nicht mal eine Stunde vergangen. ›Du hast noch reichlich Zeit‹, habe ich ihn beschwichtigt, aber er behauptete, er müsse gehen. Seine Tochter habe ihn im Büro angerufen. Es gehe ihr schlecht. Sie habe Trouble mit ihrem Freund.
›Na, das finde ich ja klasse‹, habe ich mich ereifert, ›der Liebeskummer, den irgendein Schnösel deiner Tochter bereitet, treibt dich aus meinem Bett. Aber der Liebeskummer, den du mir höchstpersönlich bereitest, ist offenbar nicht der Pflege würdig!‹ Ich hatte eine Stinkwut! Zumal er auch keine Anstrengungen unternahm, mir nach seinem Höhepunkt ähnliche Freuden zu bereiten. Meinem Leib und meinem Kopf fehlte ganz eindeutig das harmonisierende Oxitocyn.
›Bitte sehr, hier ist das Telefon!‹ Ich hielt es ihm hin. ›Los, ruf deine Tochter an und sag ihr, dass es später wird! Sonst tu ich das.‹ Er hat mich ganz wild angesehen, mich in die Arme geschlossen, sich an meinen Lippen wie ein Ertrinkender am Schnorchel festgesaugt und danach mit seiner betörend erotischen Stimme verkündet: ›Bis demnächst! Hab ein bisschen Geduld mit mir, du weißt doch, ich bin ein fürchterlicher Chaot.‹
Dann ist er abgehauen. Danach hat er mich nicht mehr angerufen, aber mir per E-Mail eine Ausflucht nach der anderen serviert. Mal war’s eine Klientin, die angeblich einen bereits einseitig unterschriebenen Vertrag platzen lassen wollte. Dann ein Krebsverdacht am Lymphknoten in der Leistengegend, der ihn beunruhigte und mich natürlich trotz allem in Panik versetzte – bis der sich wieder in Luft auflöste. Schließlich war’s die Gemahlin, die eine Blitztour geplant hatte, ohne ihn zu verständigen. Über all diesen Ausflüchten habe ich dann meine Existenz als Lola M. initiiert. Die Geschichte kennst du dann ja im Detail.«
»Und du hast nie mehr mit ihm gesprochen? Und er hat dich nie mehr angerufen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Er muss irgendwann geschnallt haben, dass ich Lola war. Und daraufhin hat er die Korrespondenz eingestellt. Ich hatte natürlich keine Lust, seine Lügengeschichten mit ihm zu diskutieren. Also Sendestopp! – Aber er wird mich wiedersehen. Verlass dich drauf! Und dann wird er mich endlich von einer ganz anderen Seite kennenlernen, dieser Halunke!«
»Wär’s nicht besser, du würdest ihn einfach vergessen? Spar dir doch deine Energien für Wichtigeres! Du bist einfach zu schade für so einen labernden Windbeutel.«
»Oh nein, der kommt mir nicht ungeschoren davon. Du hattest dein New York, Eliza. – Ich werde Magnus sein Waterloo bereiten!«
Als Nächstes informierte sie mich beiläufig, sie habe morgen um elf Uhr einen Termin beim Zahnarzt. Dass sie gerade jetzt darauf kam, erfüllte mich mit Misstrauen. Auf meine Frage lächelte sie merkwürdig, was mich nachbohren ließ.
»Dir bleibt wohl gar nichts verborgen. Also, es ist so: Der Zahnarzt, bei dem ich einen Termin habe, mhm … der ist ein Lions-Bruder
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