Liebling verzweifelt gesucht
mir vermisst gemeldet. Ich gab ihr die üblichen Ratschläge, was man in einem solchen Fall tun konnte: zahlreiche Suchzettel in der Nachbarschaft aushängen, die Polizei, Tierärzte und Tierkliniken in der Nähe verständigen. Vor allem aber sagte ich ihr, sie solle selbst intensiv nach ihrem Kater suchen.
»Sehen Sie in umliegenden Garagen, Waschküchen, Schuppen, Kellerräumen und auf dem Dachboden Ihres Wohnhauses nach. Gehen Sie in die Räume hinein und suchen Sie alle Ecken und Nischen gründlich ab. Es genügt nicht, nur die Tür zu öffnen und nach der Katze zu rufen. Glauben Sie mir, Ihr Blacky wird Ihnen nicht antworten. In fremden Räumen haben Katzen oft Panik und verkriechen sich im hintersten Winkel. Manchmal rennen sie aus Angst vor einem Gewitter oder auf derFlucht vor einem Hund oder einer anderen Katze irgendwo hinein und werden unbeabsichtigt eingesperrt. Selbst wenn die Tür zwischendurch geöffnet wird, kommen sie häufig nicht aus ihrem Schlupfwinkel heraus. Aber ich bin sicher, wenn Sie intensiv nach Blacky suchen, werden Sie ihn bald wiederfinden.«
Frau N. bedankte sich und begann sofort mit der Suche. In den nächsten Tagen rief sie mich regelmäßig an, aber Blacky tauchte nicht auf. Ich versuchte ihr Mut zu machen und sie zu motivieren, dass sie die Suche nicht aufgab. Sie war in der Tat unermüdlich und stellte buchstäblich die ganze Nachbarschaft auf den Kopf. Sie sprach mit den Nachbarn sowie mit Anwohnern angrenzender Wohnhäuser, mit Garagenbesitzern und Hausmeistern und bat alle, die Augen nach ihrem Kater aufzuhalten und in Kellern, Dachböden und Gartenschuppen nachzusehen. Nach zwei Wochen gab es immer noch keine Spur von Blacky.
Blacky saß auf dem kalten Betonboden und leckte sich seine schmerzenden Pfoten. Immer wieder hatte er an der Stahltür gekratzt. Nun waren die Vorderpfoten schon ganz wund gescheuert. Der Raum war ziemlich dunkel, nur durch die Schächte der Kellerfenster fiel von außen etwas Licht herein. Auf einem seiner üblichen Erkundungsstreifzüge in seinem Territorium hatte Blacky einen kleinen Abstecher nach hier unten gemacht. Die Tür zur Kellertreppe hatte ausnahmsweise offen gestanden und so hatte er die Gelegenheit genutzt, neugierig wie er war, und sich im Gang zwischen den Holzverschlägen der einzelnen Kellerabteile ein wenig umgesehen. Plötzlich hatte er polternde Schritte auf der Treppe gehört und vor Schreck einen Satz in den nächsten Kellerraum gemacht, dessen Tür offen stand. Dort hatte er sich in eine Ecke geduckt.
Die polternden Schritte kamen immer näher, die schwere Stahltür quietschte in den Angeln und fiel mit einem lauten Knall zu. Die Schritte entfernten sich wieder. Blacky rührte sich nicht in seiner Ecke. Nach einer Weile, als alles ruhig blieb, begann er sich umzusehen. Vor allem inspizierte er die Tür. Er kratzte mit der Pfote daran und rutschte an dem Stahl ab. Die Kellerfenster lagen hoch und waren auch verschlossen. Er war eingesperrt. So hatte er sich das Ende seines Ausflugs nicht vorgestellt. Er wollte nach Hause zu seinem Futternapf. Wenn es ums Fressen ging, war mit ihm nicht zu spaßen. Verspätete sein Frauchen sich einmal mit dem Abendessen, machte er seinem Unmut mit lautem anklagendem Miauen Luft. Das führte auch immer zum Erfolg. Im Handumdrehen stand ein gefüllter Futternapf mit Leckerbissen für ihn bereit. So hatte er sich im Laufe der Jahre ein ziemliches Fettpolster angefressen. Seine Besitzerin hatte schon daran gedacht, ihn auf Diät zu setzen, es aber dann doch nicht übers Herz gebracht. Blacky wollte jedenfalls hier raus. Doch wie lange er auch an der Tür kratzte, sie öffnete sich nicht.
Nun war er erschöpft. Er hatte nicht nur Hunger, sondern auch Durst. Er sah sich in der Waschküche um, in der er gelandet war. Geräte standen da, Waschmaschinen und Trockner, ein Holzschemel mit einem Putzlappen darauf neben einem kleinen Handwaschbecken. Er sprang auf diesen Schemel. Da saß es sich immerhin gemütlicher als auf dem kalten Betonboden. Während er auf dem Schemel saß und sich die wunden Pfoten leckte, hörte er in regelmäßigen Abständen ein plopp, plopp. Am Wasserhahn bildeten sich Tropfen, die dann in dem Becken aufschlugen. Er sprang auf den Beckenrand. Es war sehr mühsam. Eine halbe Ewigkeit musste er mit den Vorderpfoten im Becken stehen und mit vorgestrecktem Kopf darauf warten, dass sich der nächste Tropfen am Wasserhahn bildete und er ihn mit der Zunge auffangen konnte. Aber
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