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Lied der Wale

Lied der Wale

Titel: Lied der Wale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Thomas
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am Ende seines Schlauchbootes zu befestigen. Die Länge des Netzes hatten sie auf 100 Meter reduziert, völlig ausreichend für das Manöver, für das es gedacht war.
    »David, nein«, meldete sich Steve per Funk. »Ist alles auf Video, tu das nicht, wir haben genug am Hals, ich will nicht noch ein Verfahren!«
    Unbeirrt steuerte David den Zodiac zur »Hikari« zurück, manövrierte gefährlich nahe am Bug vorbei. Als sich das Netz in breiter Front vor dem Walfänger ausgebreitet hatte, gab David das Zeichen.
    »Jetzt!«
    Masao koppelte das Netz ab, das dank der Geschwindigkeit der »Hikari« sofort unter deren Rumpf verschwand. Sie konnten nur hoffen, dass es vom Sog der schweren Schiffsschraube angezogen wurde, um sich rettungslos in ihr zu verstricken, bevor der Harpunier auf einen weiteren Wal feuern konnte.
    Vorsichtshalber hatte David die Netze ein paar Wochen zuvor mit dünnen Stahlseilen verstärken lassen, wohl ahnend, dass sie so ihrem neuen Zweck eher gerecht wurden. Sollte den Japanern die beschissene Schiffsschraube um die Ohren fliegen. Wenn es nach Masao gegangen wäre, hätte er noch Sprengstoff daran befestigt.
    Steves Schlauchboot versuchte unterdessen, die Wale aus dem Bereich der »Hikari« zu vertreiben, was sich als schwieriges Unterfangen erwies. Voller Verzweiflung schrie Sam gegen den Wind: »Haut endlich ab, verdammt, weg von hier!«
    Die »Hikari« hatte wieder Fahrt aufgenommen, und der Harpunier war bereits dabei, sein Geschütz nachzuladen, während er mit dem Mann im Ausguck in Kontakt stand, der mit seinem Fernglas hektisch das Meer absuchte. Die Vorfreude auf weiteren reichen Fang stand den Männern ins Gesicht geschrieben, und sie würden keine Ruhe geben, bis das Schiff voll beladen war. David betete, dass die Zeit reichen würde, denn mittlerweile steuerte die »Hikari« auf eine Herde von Buckelwalen zu, die trotz Sams und Steves Bemühungen keine Anstalten machten, Reißaus zu nehmen.
    Knappe zwanzig Meter von ihrem Schlauchboot entfernt, war der Harpunier gerade dabei, einen prächtigen Buckelwal insVisier zu nehmen, als ein knirschendes Geräusch zu hören war, nicht laut, nur gerade so wahrnehmbar, aber doch laut genug, um die Besatzung in Panik zu versetzen. Mit jeder Umdrehung der Turbinen wickelte sich das Netz fester um die Schraube. Doch zu Davids Überraschung zog es ihr Boot dabei näher und näher an den Walfänger heran. Offenbar hatte das Netz sich am Schlauchboot verhakt, das nun gefährlich schnell auf den Bug der »Hikari« zusteuerte. Masao versuchte fieberhaft, das Seil zu durchtrennen, verlor dabei das Gleichgewicht und stürzte über Bord. Doch er konnte sich am Boot festhalten. Jetzt zählte jede Sekunde. Wenn der Zodiac dem Bug zu nahe kam, würde ihn der Sog unweigerlich unter den gewaltigen Rumpf der »Hikari« ziehen.
    »Masao!«, schrie David.
    Der begriff und warf David das Messer zu, bevor er den Versuch unternahm, wieder ins Boot zu gelangen. Kein schöner Tod, schoss es ihm durch den Sinn, wenn der tonnenschwere Stahl über ihre Köpfe hinwegziehen und sie dabei zerquetschen würde. Das verfluchte Seil! Mit aller Kraft zog David die Klinge mehrmals darüber, bis die Fasern endlich auseinandersprangen und auch der letzte kleine Strang zerriss. David sah hoch und zuckte zusammen. Direkt vor ihm türmte sich die Bugwand der »Hikari« auf. Allerhöchstens zwei Meter entfernt, mehr nicht.
    Masao, der sich inzwischen zum Steuer vorgearbeitet hatte, ließ den Motor aufheulen und lenkte den Zodiac knapp an der »Hikari« vorbei. In letzter Sekunde.
    Langsam, kaum merkbar, verlor der Walfänger an Geschwindigkeit. Von den Gesichtern der Besatzung war deutlich das Entsetzen abzulesen, als die Männer feststellen mussten, dass sie das Schiff nicht mehr unter Kontrolle hatten. Offenbar hatte sich das Netz nicht nur um die Schraube geschlungen, sondern auch das Ruder blockiert.
    Mit versteinerter Miene verfolgte David, wie die Buckelwale zwischen den Wellentälern verschwanden. Wenigstens das war ihnen gelungen. Doch er konnte sich über seinen Sieg nicht freuen. Das Opfer war zu groß gewesen. Ketan gab es nicht mehr. In ein paar Stunden erinnerte nichts mehr an seine ehemalige Erhabenheit, außer ein paar Knochen.
    Er konnte jetzt die »Hikari« ihrem Schicksal überlassen. Sie musste manövrierunfähig auf den Wellen treiben, bis ihr irgendein Schiff zu Hilfe eilte, das sie über Funk verständigen würden. Das konnte dauern, und noch länger würde es

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