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Lied der Wale

Lied der Wale

Titel: Lied der Wale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Thomas
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er.
    Steve seufzte. Selroy war der letzte Reporter gewesen, dem David gestattet hatte, das Schiff zu betreten. Der Kerl hatte sich eine Woche auf der »SeaSpirit« breitgemacht, um dann drei Zweiseitenartikel in fotokopierten Tierschützerzeitungen unterzubringen. Toller Publicityerfolg. Aber er wollte das große Geld, und er bekam es, denn er hielt sich bedauerlicherweise zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort auf. Eine Woche, nachdem er von der »SeaSpirit« verschwunden war, trat Sarah Kaye, amtierende Senatorin von Oregon, in den Verschluss einer Bierdoseund wetterte fleißig gegen den ökologischen Irrsinn in Form von Aludosen. Unabhängig davon machte sie sich seit geraumer Zeit für den Tierschutz stark. Selroy schaltete schnell und nutzte die Kombination für seine Zwecke. Er rief bei einer Glamour-Gazette an und verkündete, bestes Beispiel für Tierschutz mit mangelndem Öko-Bewusstsein stelle die »SeaSpirit« dar. Er hatte dort vier Filme verknipst, unter anderem ein Bild von McGregor, wie er eine Bierdose ins Meer warf. Dass das Ganze nur so aussah, dass McGregor in Wirklichkeit über Selroys Fotokoffer gestolpert war und dabei die Balance verloren hatte, sodass er beinahe selbst über Bord gegangen wäre, darüber stand in Selroys Reportage natürlich nichts.
    Der Artikel war schnell verfasst. Tenor: Wale schützen, aber die Umwelt mit Füßen treten. Anscheinend gab es gerade nichts anderes, das sich für eine Schlagzeile geeignet hätte, daher stürzten sich alle Blätter des Landes in eine Öko-Diskussion, mit Senatorin Kaye als Galionsfigur des neuen Umweltbewusstseins.
    David hatte von dem Schaden, den Selroy angerichtet hatte, erst erfahren, als plötzlich alle Welt auf der »SeaSpirit« anrief, um eine Stellungnahme von ihm zu bekommen. Als er dann einen dieser fleißigen Gutmenschen an der Strippe hatte, der für ›Ecology Today‹ schrieb und in Bierdosen das neuzeitliche Armageddon sah, riss David der Geduldsfaden. Er fabulierte wild zusammen, dass in der endgültigen Energiebilanz das Trinken von Dosenbier ein wahrer Segen für die Natur sei. Denn die Energie, die man durch das geringere Gewicht von Dosen gegenüber Pfandflaschen einspare, sei um den Faktor 1,3 höher als die Energie, die man für die Herstellung von Dosen zusätzlich verbrauche – man habe sich also sehr wohl darüber Gedanken gemacht. Der Kerl druckte den Quatsch. Und das Telefon stand abermals nicht still, weil nun eine ganze Horde Marketingleiter von Getränkeunternehmen anrief, die erstens um die Studiebaten, die das belegte, und ihm zweitens anboten, ihn lebenslänglich mit Bier einzudecken, falls er sich für Werbezwecke vor ihren Karren spannen ließ. Danach ging David eine Woche nicht mehr ans Telefon.
    Es klingelte immer noch. »Man kann nicht wegen einer schlechten Erfahrung im Leben aufhören zu leben, David. Wir reden hier vom ›National Geographic‹!«
    »Wie du meinst, aber ich will damit nichts zu tun haben! Weder hier an Bord noch danach, wenn die Dame irgendwelchen Blödsinn verzapft.«
    Damit hob er den Hörer, nur um ihn gleich wieder zurückfallen zu lassen, und ging. Zwei Sekunden später klingelte es erneut, und Steve griff augenblicklich zum Telefon.
    »›SeaSpirit‹, Benson.«
    Leah war erfreut zu hören, dass ihrem Besuch auf dem Schiff selbstverständlich nichts im Wege stand, wann auch immer sie wollte. Leah hakte nach, wollte wissen, in welchem Hafen sie die »SeaSpirit« treffen könnte, doch Steve gab ihr zu verstehen, dass sie nicht geplant hätten, in der nächsten Zeit einen Hafen anzulaufen.
    »Aber das ist trotzdem kein Problem. Wir kreuzen derzeit 150 Meilen südlich der Kodiak-Insel. Am besten erreichen Sie uns, wenn Sie sich von dort aus mit einem Hubschrauber zum Schiff  bringen lassen. Am Flughafen gibt’s einen Lufttaxi-Service. Die genauen Koordinaten gebe ich Ihnen, wenn Sie ankommen.«
    Dass sie als ›National-Geographic‹-Reporterin nicht den blassesten Schimmer hatte, wo sich auf dem Globus die Wie-auch-immer-sie-hieß-Insel überhaupt befand, wollte Leah nicht preisgeben, wurde aber schnell fündig: Kodiak, Nordpazifik, Alaska, Inselgruppe der Aleuten. Immerhin, die Aleuten waren ihr ein Begriff.

A m liebsten wäre es Leah gewesen, Geoffrey hätte die Nacht bei sich zu Hause verbracht, aber nein, er wollte sich partout noch aussprechen, bevor sie zu ihrem kleinen Trip aufbrach. Da es, was Michael betraf, jedoch kaum noch etwas zu sagen gab, was sie ihm nicht längst

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