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Lied der Wale

Lied der Wale

Titel: Lied der Wale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Thomas
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Publikum schon nach den ersten Metern verlor. »Dadurch, dass wir Wale individuell markieren, können wir nicht nur sagen, wo eine bestimmte Art sich aufhält, sondern wir können ganz detaillierte Aussagen über einzelne Tiere machen. Bleiben die Gruppen als Gruppe bestehen, oder ändern sich die Verbände? Gibt es Wal-Ehen? Oder nur zufällige Paarungen? All diese Fragen sind nicht wirklich beantwortet. Und den Job machen wir.«
    Gott sei Dank schob Marek zwei riesige Teller auf den Tisch, die sich sehen lassen konnten: Müsli, Rührei, frische Sprossen, Käsetoasts – genug, um selbst Govind satt zu bekommen.
    Leah nutzte die Chance, um das Thema zu wechseln. »Ihr habt doch gerade einen Prozess verloren, weil ihr ein Schiff gerammt habt. Was hat das mit Walbeobachtung zu tun?«
    Steve hob die Hände mit einer Geste der Unschuld. »Wir sind nie angetreten, die Walfangflotte zu versenken. Wir sind nicht Paul Watson.«
    Watson, Watson?, fragte sich die Topjournalistin ... Wer war das noch mal?
    »Den Namen nie gehört?«
    »Doch. Nur dachte ich, dass er bei Greenpeace ist.« Uff. Gute Arbeit, Nick, ich nehme alles zurück. Der einzige Watson, den Leah bis zu seinem »Einführungsabend« gekannt hatte, jagte mit Sherlock nach Moriarty.
    Wie sie von Steve erfuhr, stimmte das mit Greenpeace nur zum Teil. Paul Watson war zwar eines der Gründungsmitglieder,hatte sich jedoch schon lange von der Organisation getrennt. Er sei das, was man einen militanten Walschützer nenne. »Hat Ende der Siebziger die Sierra gerammt.«
    Steves Ton klang fast vorwurfsvoll, sie konnte sich auf den Mann keinen rechten Reim machen. Gerade eben hatte er ihr noch lang und breit erzählt, dass seit 1968 alleine an die 25 000 getötete Wale auf das Konto der Sierra gingen. Auf das Konto eines einzigen Schiffs.
    »Und er hat damit einer Menge Walen das Leben gerettet«, erwiderte Leah. Worauf wollte Steve eigentlich hinaus?
    »Ich billige solche Aktionen nicht. Es gibt auch andere Methoden, zum Beispiel deine: die Leute darüber informieren, was für eine Metzelei sich trotz der IWC-Statuten auf den Ozeanen abspielt. Die Feder ist mächtiger als das Schwert.«
    Halleluja! Was war denn das jetzt? Versuchte der Typ, sich bei ihr einzuschleimen? Er redete über seine Lebensaufgabe mit ungefähr so viel Pathos wie ein Politiker über die Vorzüge der Gegenpartei. Sogar Leah fand das befremdlich, obwohl sich ihr inniges Verhältnis zu Meeresbewohnern eher auf das Öffnen von Thunfischdosen beschränkte.
    »Hey, Steve, David braucht dich auf der Brücke.«
    Leah hatte Sam nicht kommen hören und erschrak, als sie seine Stimme unmittelbar hinter sich vernahm.
    »Keine Angst, ich übernehm das hier.«
    Leah las in Steves Augen, dass es genau das war, was er befürchtete. »Bin gleich zurück.«
    »Lass dir Zeit«, warf ihm Sam hinterher und ließ sich dicht neben Leah auf die Bank fallen. Etwas zu dicht. Sie rutschte ein paar Zentimeter zur Seite. Der sarkastische Blick, den Govind ihrem Sitznachbarn zuwarf, als er sich über Steves unangetastete Rühreier hermachte, entging Leah nicht.
    »Steve hat dir gerade von Watson erzählt, oder?«, meinte Sam,der bemüht war, den entstandenen Abstand zwischen ihnen wieder zu verringern.
    »Ja. Von den Attacken auf Walfangschiffe. Nicht gerade legal, würde ich sagen.«
    »Nein, nicht wirklich.«
    Sams Blick schien der Schwerkraft zu unterliegen, denn er wanderte immer wieder von Leahs Gesicht abwärts. O. k., verstanden, die engen Pullis blieben ab jetzt im Koffer.
    »Klingt nach einem ausgewachsenen Aber .«
    »Kannst gegen Watson sagen, was du willst, er hat Tausenden von Walen das Leben gerettet. Der hat gehandelt, während alle anderen sich nur den Mund fusslig geredet haben.«
    »Und ihr tretet jetzt mit der ›SeaSpirit‹ an seine Seite?«
    »Schön wär’s. Wir machen mehr so in Forschung. Warum suchen wir uns nicht ein ruhigeres Plätzchen und reden darüber?«
    Masao und der Inder, die bisher so bemüht schienen, der Konversation nicht zu lauschen, konnten sich ein Lachen kaum verkneifen.
    »Was hältst du davon? Nur so ... du und ich«, flüsterte Sam unbeirrt weiter und unterstrich die subtile Botschaft, für den Fall, dass sie Leah möglicherweise entgangen sein sollte, mit seiner Hand auf ihrem Oberschenkel – die prompt von Leah entfernt wurde.
    »Pass auf«, flüsterte sie zurück, um ihn nicht vor seinen Freunden zu blamieren, »wir beide tun am besten so, als ob das hier ein Versehen ist. O.

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