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Lied der Wale

Lied der Wale

Titel: Lied der Wale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Thomas
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acht. Die schlimmste Schicht von allen. Nach der Vier-bis-acht war er den ganzen Tag kaputt. Noch dazu konnte er nicht auf Kommando einschlafen. Im Gegensatz zu Steve.
    Der lag keine drei Minuten flach, und schon war die Kabine erfüllt von einem gleichmäßigen Sound. Zuerst schnarchte er noch mit der Zurückhaltung des Neuankömmlings, dann mit mindestens 100 Dezibel. Verflucht, wo war das Ohropax, wenn man es brauchte?
    »He, schalt die Säge ab!«
    Steve reagierte nicht mal.
    Sam trat mit seinem Fuß gegen die Matratze über ihm, dort, wo er Steves Hintern vermutete. Steve schnaufte kurz, dann schnarchte er weiter. Sam versuchte es zu ignorieren. Er wusste, dass er im Schlaf ebenfalls wie eine Kaffeemaschine röchelte, das hatten ihm schon einige Frauen unter die Nase gerieben. Aber eben im Schlaf, und dahin musste man erst mal kommen bei Steves Getöse. Den letzten bissen immer die Hunde.
    Sam starrte auf die Unterseite der tönenden Koje über ihm und dachte an die Reporterin. Die Lady war genau seine Kragenweite. Ein fester, knackiger Hintern, was er schon im Schlauchboot feststellen konnte, und ihre Brüste schienen ebenso vielversprechend. Sie hielt sie gut unter dem dicken Pulli verborgen, aber sein Kennerblick hatte schon durch die Auf- und Abbewegung beim Treppensteigen erkennen können, dass es besondere Exemplare waren. Auch das Gesicht hatte ihm zugesagt. Erkonnte mit diesem ganzen Kitsch von Kastanienaugen und sinnlichen Lippen nichts anfangen. Entweder ein Gesicht passte, oder es passte nicht. Das von »Ms National Geographic« passte.
    Er gab ihr neun Punkte. Zehn markierten die Spitze. Gab kaum eine in seinem Leben, der er die Zehn zugestanden hatte. Geschlafen hatte er nur mit wenigen Neunern, meistens mit Achtern. Siebener waren selten gewesen und Sechser indiskutabel.
    Govind hatte ihn angeblökt, als er ihn im Hafen von Rio einmal mit einer Acht in einem der Zodiacs erwischt hatte. Er war richtig stinkig geworden, als Sam ihm erklärte, was eine Acht war, und kochte geradezu über, als sich herausstellte, dass Sam nicht mal ihren Namen kannte. Govind hatte ihn als Chauvi bezeichnet, und obwohl Sam mit Fremdwörtern auf Kriegsfuß stand, war ihm dieses einigermaßen geläufig. Es stimmte ihn freudig, gab ihm das Gefühl, er gehöre auch zur Intelligenzija. Dabei sah er sich lediglich als Mann, der keine Zeit mit unnützen Dingen vertrödelte. Und er mochte die Mädels, mit denen er etwas anfing. Es war ja nicht so, dass er nur auf das Äußere schaute, wie ihm Govind unterstellte. Es gab genug Neuner, die er angesprochen und nach ein paar Minuten in der Ecke stehen gelassen hatte. Was nützte ein schöner Körper, wenn die Damen Schwierigkeiten hatten, den nächsten Satz zu formulieren? Er selbst war bestimmt kein Shakespeare, doch wenn ihm schon auffiel, dass seine Eroberung nichts Gescheites über die Lippen brachte, dann war einfach Schichtende. Govind hatte behauptet, er verachte die Frauen. Da musste Sam nun wirklich lachen. »Wenn ich die Frauen verachte, dann verbring ich nicht meine Nächte mit ihnen im Rettungsboot.« Simpelste Logik, oder? Doch Govind hatte nur abgewinkt. Verstand eben nichts von Weibern. Sam hegte den heimlichen Verdacht, dass der Inder vom andern Ufer war.
    L eah erwachte, kaum dass die Sonne dem Meer entstieg. Soweit sie es durch ihr Bullauge erkennen konnte, hatten sich die schweren Wolken zum Horizont hin verzogen. Das Morgenrot verwandelte sie in rosafarbene Sahnehäubchen und wich schon bald einem strahlenden Zitronengelb, das einen herrlichen Tag versprach. Leah hatte gerade eine Katzenwäsche am Waschbecken in der Kabine hinter sich gebracht, als Steve an die Tür klopfte.
    »Ich hoffe, du hast gut geschlafen?«
    »Wie ein Murmeltier. Oder sollte ich besser sagen – wie ein Wal? Können Wale überhaupt schlafen?«
    »Man nimmt es an«, fing er sofort an zu dozieren, »entweder schlafen sie an der Wasseroberfläche oder während des allmählichen Absinkens. Und wenn dabei Sauerstoffmangel eintritt, kehren sie langsam zur Oberfläche zurück.«
    »Wow!« Leah zeigte sich beeindruckt. So genau hatte sie es gar nicht wissen wollen. Überrascht stellte sie fest, dass ihr Magen knurrte. Hunger. Schon war die selbst auferlegte Fastenkur vergessen.
    Als sie die Messe betraten, kam ihnen McGregor entgegen. Der Mistkerl strahlte eine Vitalität aus, die ihn nicht gerade unattraktiver machte. Im Gegenteil. Cool bleiben, nichts anmerken lassen. Leah erinnerte sich nicht

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