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Lied der Wale

Lied der Wale

Titel: Lied der Wale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Thomas
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Kopf. Und auch McGregor erschienihr plötzlich in einem anderen Licht. Seinen Gesichtsausdruck, als die Harpune Ketan traf, würde sie nicht vergessen.

I hr Grübeln wurde erst durch die Geschäftigkeit an Bord unterbrochen. McGregor kam an Deck, komplett in einen Neoprenanzug verpackt. Ihm folgte Joe, ebenfalls im Taucheroutfit, kurz darauf Govind. Sam war dabei, einen der Zodiacs von seiner Plane zu befreien.
    McGregor wechselte ein paar Worte mit Govind, der immer wieder aufs Meer hinaus deutete. Leahs Augen folgten seiner Hand, bis sie schließlich sah, wie eine Wolke aus zerstiebendem Wasser über die Wellen hinausschoss, ähnlich der, die sie vorhin auf dem Monitor gesehen hatte. Kurz darauf donnerte Jeroha aus dem Wasser in die Höhe. Es hatte etwas Majestätisches – dieser Flug einer Titanin, dieser heroische Kampf gegen die Schwerkraft, die letztlich doch gewinnen würde. Die Himmelsstürmerin vollführte eine leichte Drehung in der Luft, und als ob sie verstand, dass dieser Versuch nicht ausreichen würde, um sie in die höheren Sphären zu tragen, kippte sie seitwärts wieder dem Meer entgegen. Während Jeroha sich drehte, erkannte Leah die weiße Zeichnung an den Seitenflossen. Die Walkuh versank in den Wellen, um sich Sekunden später erneut voller Hoffnung aus den Fluten zu erheben. Leah verfolgte gebannt das Spiel der Kräfte. Was hatte Govind gesagt: Er will mit ihr schwimmen? Schwer vorstellbar, so ein kleiner Mensch, verwickelt in den Zweikampf zwischen Meer und Wal ... Sie wandte sich McGregor zu, der gerade die Atemgeräte überprüfte.
    »Ist es nicht ziemlich gefährlich, wenn Sie so nahe an sie rangehen?«
    McGregor lächelte: »Sehr sogar ...«
    »Aber ...«
    »Aber nur für sie ... Keine Sorge. Sie weiß, wir sind auf ihrer Seite.«
    »Sie weiß? Was macht Sie so sicher, dass es für Sie nicht gefährlich ist? Kommt Ihnen nie der Gedanke, dass Sie ein Wal angreifen könnte?«
    McGregor sah sie mit einem Ausdruck echten Erstaunens an: »Warum sollte er? Jeroha erwartet mich. Sie weiß, was ich vorhabe.«
    »Sie weiß, was Sie vorhaben?«, echote Leah ungläubig. Ihr Blick wanderte nun zwischen dem Wal und Mc Gregor hin und her. »Wollen Sie damit sagen, Wale können Gedanken lesen?«
    »Erschreckt Sie das?«
    Leah wusste nicht, was sie mit einer solchen Antwort anfangen sollte. Natürlich erschreckte es sie nicht, sie wusste nur nicht, ob es nicht etwas zu viel des Guten war zu behaupten, dass diese Wesen da draußen den Menschen überlegen sein könnten.
    Kaum hatten die Worte seinen Mund verlassen, schien es McGregor unangenehm zu sein, dass er überhaupt etwas von sich und seiner Denkweise preisgegeben hatte. Also versuchte er es schnell wieder vom Tisch zu wischen: »Man kann das nicht beschreiben, man muss es erleben.« Und um Leah keine Chance  zu geben, ihn in ein unerwünschtes Zwiegespräch zu verwickeln, kletterte er über die Reling und folgte Joe die Strickleiter hinab.
    Wieder schoss eine Fontäne in die Luft. Jeroha ließ sich jetzt ruhig im Meer treiben, so als ob hiermit alle Begrüßungsformalitäten abgeschlossen wären und sie nun darauf wartete, dass man ihr endlich einen Besuch abstattete.
    Wenig später jagte der gelbe Zodiac über die Wellen. Steve erschien neben Leah an der Reling, eine riesige Kamera in denHänden. Jetzt konnte man auch erkennen, wie in Jerohas Nähe eine Menge weiterer Flossen aus dem Wasser ragten.
    »Eine ganze Walschule«, begeisterte sich Steve über den Anblick.
    Hundert Meter von Jeroha entfernt drosselte Joe die Geschwindigkeit und brachte gleich darauf die »SeaSpirit« zum Stillstand. Im gleichen Moment ließ sich McGregor ins eisige Wasser fallen.
    Leah versuchte zu erkennen, was sich auf dem Meer abspielte, doch die Entfernung war zu groß. Sie überlegte gerade, ob sie Steve um einen Blick durch sein Objektiv bitten sollte, als Govind neben ihr erschien, in der Hand ein Fernglas. »Dachte, du kannst es brauchen.«
    Leah bedankte sich, und einen Augenblick später hatte sie McGregor im Visier, wie er mit kräftigen Zügen auf die Walkuh zuschwamm. Offenbar hatte er das Atemgerät im Boot gelassen. Als er bei Jeroha angekommen war, strich er mit seiner Hand über ihre Schwarte, bewegte sich auf die Rückenflosse zu und hielt sich an ihr fest. Der Wal klatschte mit seiner Fluke aufs Wasser, dann setzte er sich in Bewegung. McGregor ließ sich durchs Meer ziehen. Leah kannte derartige Bilder zwar aus einstudierten Vorführungen in einem

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