Lied des Schicksals
Platz. Ich entschuldige mich. Es ist wohl Ihr gutes Recht, gekränkt zu sein.«
Etty setzte sich wieder auf ihren Stuhl. »Natürlich ist das mein gutes Recht, Signor. Wenn Sie nicht mein Arbeitgeber wären, würde ich auf der Stelle hinausgehen. Und wenn ich nicht so leidenschaftlich gerne singen würde, würde ich das Ensemble verlassen und nie wieder zurückkommen.«
»Beruhigen Sie sich doch bitte. Essen Sie Ihre Brötchen, und trinken Sie Ihren Tee. Nach dem Essen werden wir weiter über diese Angelegenheit reden.«
Schweigend verzehrten sie ihr Frühstück, Etty entrüstet, Signor Ruggeiri amüsiert.
»Ich hatte gehofft â¦Â«, Signor Ruggeiri tupfte sich den Mund mit seiner Serviette ab, »dass Sie auch die Neuseeland-Tournee mit uns zusammen machen.«
»Mein Vertrag gilt nur für Australien.«
»Dann verlängern wir ihn.«
Etty konnte ihre Verblüffung nicht verbergen. »Wird sich Donna Bella denn nicht wieder dem Ensemble anschlieÃen?«
»Donna Bella wird in Neuseeland zu uns stoÃen. Sie reist direkt von Melbourne dorthin.«
»Ist denn ihr Bein restlos verheilt?«
»Ich glaube ja. Ich möchte jedoch nicht, dass sie jeden Abend auftritt und sich möglicherweise überanstrengt.«
Würde Donna Bellas Rückkehr dazu führen, dass Benito sie in Ruhe lie� Etty hatte da ihre Zweifel. Sie war für ihn zu einer Herausforderung geworden, die er bezwingen wollte.
Etty biss sich erneut auf die Unterlippe. »Ich würde gerne mit nach Neuseeland fahren«, sagte sie seufzend und runzelte gleichzeitig die Stirn.
»Wenn die unerwünschten Aufmerksamkeiten unseres verliebten Benitos nicht wären. Ich werde mit ihm reden und ihm sagen, er soll sich benehmen.«
»Meinen Sie, er wird auf Sie hören, Signor? Er ist nämlich sehr von sich eingenommen.«
»Für mich ist er nicht so wichtig wie Sie, Henrietta. Er wird sich benehmen, wenn er befürchten muss, seine Stellung im Ensemble zu verlieren. Der junge Marcus könnte sehr gut seinen Platz einnehmen. Der Junge ist äuÃerst vielversprechend. Ich habe sogar schon daran gedacht, ihn an einem Abend die Hauptrolle singen zu lassen. Er ist schon viel zu lange die zweite Besetzung. Kommen Sie heute Abend zu mir, dann unterzeichnen wir einen Vertrag für die Neuseeland-Tournee.«
Was auch immer Signor Ruggeiri zu Benito gesagt haben mochte, es hatte sofortige Wirkung. Noch am selben Nachmittag wurde ein riesiger Blumenstrauà bei Etty abgeliefert. Die beiliegende Karte enthielt eine wortreiche Entschuldigung â in schlecht formuliertem Englisch â dafür, dass er ihr Kummer bereitet habe. Madame fand die Geste natürlich höchst romantisch. Etty blickte der abendlichen Begegnung mit Benito nervös entgegen. Als sie zum Theater kam, stellte sie jedoch erstaunt fest, dass der Signor Wort gehalten hatte und Marcus an diesem Abend in der Verkauften Braut die männliche Hauptrolle sang.
Henrietta und Marcus erhielten lang anhaltenden, stürmischen Applaus. Ihre Duette entfachten einen besonderen Zauber, den niemand, und schon gar nicht der Leiter des Ensembles, vorhergesehen hatte. Signor Ruggeiri war entzückt.
»Ihr müsst häufiger miteinander singen. Zusammen seid ihr magnifico . Wenn Sie nach Italien kommen, Henrietta, werden Sie immer Marcus zum Partner haben. An der Seite von Benito waren Sie gut. Aber mit Marcus sind Sie brillant.«
Marcus strahlte über dieses seltene Lob, legte Etty einen Arm um die Schulter und drückte sie an sich. Etty lächelte ihn glücklich an. Sie waren gut gewesen zusammen. Dann sah sie, dass Benito sie mit finsterer Miene beobachtete, und wusste, was er dachte. Doch Marcusâ Umarmung war rein freundschaftlich gewesen, er hatte nichts getan, woran Etty Anstoà nehmen könnte.
Als Etty zu ihrer Garderobe ging, stellte sich Benito ihr in den Weg. »Bella Henrietta.«
Bevor sie ahnte, was er vorhatte, lagen seine Hände auf ihren Schultern, und seine Lippen berührten ihre. Der Kuss war nicht leidenschaftlich, nur fest, genauso fest wie der Schlag, den Etty ihm auf die Wange verpasste, sobald er sie loslieÃ. Sie drängte sich an ihm vorbei, fort von dem Blick seiner beängstigend zornig glühenden Augen, und lief schnurstracks Alistair in die Arme.
Hinter ihr brüllten sich Marcus und Benito auf Italienisch an. Alistair
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