Lied des Schicksals
Notration, die er immer dabeihatte, hatte er bereits am vergangenen Abend verspeist. Als er eine Stelle erreichte, wo das Ufer flach und eben und von Eukalyptusbäumen bewachsen war, beschloss er, dort sein Nachtlager aufzuschlagen. Da er überhaupt keine Buscherfahrung hatte, wusste er nicht einmal, wie man ein Feuer anzündete. Bei seinen Versuchen brachte er nur eine Stichflamme zustande, die beinah sofort wieder verlöschte.
SchlieÃlich fand er sich damit ab, dass er die Nacht frierend und hungrig verbringen musste, wickelte die Satteldecke um sich und lehnte sich mit dem Rücken gegen einen Baum. Er döste nur unruhig, da ihn jedes Geräusch nervös aufschrecken lieÃ. SchlieÃlich schlief er doch erschöpft ein und wurde erst vom Lärm eines Raddampfers geweckt. Sofort war er auf den Beinen und stakste steif ans Ufer. Er brauchte nicht mal zu rufen, denn der Dampfer hielt hundert Meter stromaufwärts an. Als er sah, wie Männer ausstiegen, um Feuerholz zu sammeln, verlangsamte er seinen Schritt. Das Schiff würde noch eine Weile dort bleiben.
Kein Frühstück hatte ihm jemals so gut geschmeckt wie das an diesem Morgen auf dem Flussdampfer, und auch kein Getränk war mit dem Tee zu vergleichen, mit dem er die gebratenen Hammelkoteletts und das Rührei hinunterspülte. Nachdem seine Lebensgeister wieder erwacht waren, erklärte er dem Kapitän, dass er hinter einem gefährlichen Mörder her sei, der aus der Haft entkommen sei und nun versuche, nach Südaustralien zu fliehen.
»Auf welchem Schiff ist denn dieser Verbrecher?«
»Auf der River Maid . Er hat Beziehungen zu Trevannick.«
»Tatsächlich? Sind Sie sicher?«
»Absolut. Meinen Sie, Sie könnten die River Maid einholen?«
»Auf jeden Fall. Die Silver Swan ist ein reines Passagierschiff. AuÃer in den Städten halten wir nur an, um unsere Holzvorräte aufzufüllen. Collinsâ River Maid dagegen ist ein schwimmender Gemischtwarenladen. Und eines kann ich Ihnen sagen, Collins und ich, wir können uns nicht ausstehen. Wenn Sie den Jungs beim Holzaufladen helfen, können wir schneller losfahren.«
»Ich bin doch kein Arbeiter, Captain. Sagen Sie Ihren Männern, sie sollen sich beeilen.«
Der Kapitän zuckte mit den Schultern. »Ganz wie Sie wollen. Was machen Sie denn mit Ihrem Pferd?«
»Gar nichts. Es hat hier genügend Wasser und Gras.«
Der Kapitän der Silver Swan kam zu dem Schluss, dass er den Polizisten nicht besonders mochte. Seine Passagiere taten das offenbar auch nicht, denn sie grüÃten nur höflich und distanziert, wenn sie dem ungepflegten Sergeant begegneten. Und wenn dieser irgendwelche abfälligen Kommentare über seine Person mitbekam, wurde seine ohnehin miese Laune nur noch schlechter. Die Einschätzung des Kapitäns, dass sie die River Maid erst in ein bis zwei Tagen einholen würden, vergröÃerte zudem noch seinen Frust. Er wollte seinen Mann schnappen, bevor sich dieser auf südaustralisches Gebiet rettete.
Mittlerweile waren sieben Tage vergangen, seit die River Maid in Swan Hill abgelegt hatte. Sie hatten die Mündung des Darling River passiert, und die Grenze zu Südaustralien war nur noch zwei Tagesreisen entfernt. Etty und Darcy waren jetzt ruhiger, genossen die Landschaft, die sie durchreisten, und interessierten sich für die Siedler, die sie entlang des Flusses trafen. Ständig begegneten ihnen Raddampfer in allen Formen und GröÃen, die flussaufwärts fuhren. Einige Male waren sie auch von Dampfern überholt worden, die wie sie flussabwärts unterwegs waren.
Darcy saà hinten auf dem Deck und lieà eine Angelschnur ins Wasser hängen. Etty hockte auf einem umgedrehten Eimer neben ihm. »Da kommt ein Raddampfer immer näher, der uns gleich überholen wird. Das könnte ein Passagierschiff sein. Auf dem oberen Deck scheint es viele Kabinen zu geben.«
»Da hast du wohl recht. Das Schiff nähert sich sehr schnell. Wenn es uns in diesem Tempo überholt, werden wir klatschnass.«
Sie wussten, dass Hal den anderen Dampfer gesehen hatte, denn die Maid drosselte bereits ihre Geschwindigkeit und fuhr nach rechts, um das andere Schiff vorbeizulassen.
»Es heiÃt Silver Swan «, sagte Etty. »Ist das kein schöner Name für ein Schiff?«
Darcy zuckte mit den Schultern und holte seine Angelschnur ein. »Ein fantasievoller Name. Dabei
Weitere Kostenlose Bücher