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Lieder von Sternen und Schatten

Lieder von Sternen und Schatten

Titel: Lieder von Sternen und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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sollen. Ein totaler Angriff, bei dem das Leben eines Planeten auf unsere Vernichtung hinarbeitet. Es ist der Schwamm ... eine totale Ökologie, wie Ned das gerne nennt. Ein klassischer Fall des parasitären Kollektivdenkens. Aber wir können es nicht verstehen. Wir wissen nichts von seinen Grundbegriffen, seinen gestaltenden Erfahrungen. Wir wissen nichts. Über irgend etwas von dieser Art hat man keine Forschungen angestellt. Außer vielleicht über die Wasserquallen von Noborn. Aber das war ein kollektiver Organismus, gebildet aus getrennten Kolonien zum wechselseitigen Wohl. Eine gutartige Form, sozusagen. Soweit ich das beurteilen kann, ist Greywater, der Schwamm, eine einzige, alles umfassende Masse, die den ganzen Planeten übernommen hat, ausgehend von irgendeinem einzelnen zentralen Punkt.« Er rieb sich die Hände und nickte. »Ja. Darauf aufbauend, können wir Mutmaßungen darüber anstellen, was sie denkt. Und wie sie handeln wird. Und das paßt, diese totale Feindseligkeit.«
    »Wie denn das?« fragte Sanderpay.
    »Nun, der Schwamm hatte nie vorher mit irgendeiner anderen Intelligenz zu tun. Nur mit niedrigeren Formen. Das ist wichtig. Er beurteilt uns also nach sich selbst, dem einzigen Verstand, den er kennt. Er ist dem Zwang unterworfen, zu dominieren, alles Leben sich unterzuordnen, mit dem er in Berührung kommt. Und so glaubt er, wir wären ebenso, fürchtet er, daß wir versuchen, diesen Planeten in die Gewalt zu bekommen, wie er es einmal getan hat.
    Nur, wie ich die ganze Zeit schon sage, er sieht uns nicht als die Intelligenz. Wir sind Tiere, klein, beweglich. Er hat Leben von dieser Art früher schon gekannt, und alles von niedriger Art. Aber die Station selbst ist etwas Neues, etwas außerhalb seiner Erfahrung. Ich wette, daß er die Station als die Intelligenz betrachtet. Als eine Intelligenz, wie er selbst. Die landet, sich etabliert, Fühler ausstreckt, nach ihm und seinen Wirten greift. Und uns, uns arme Tierchen, sieht der Schwamm als unwichtige Werkzeuge.«
    Delvecchio seufzte.
    »Ja, Ike. Das haben wir alles schon gehört. Ich gebe zu, daß es eine bestechende Theorie ist. Aber wie beweisen Sie, daß sie zutrifft?«
    »Der Beweis findet sich überall«, sagte Granowicz. »Die Station wird fortwährend, rund um die Uhr angegriffen. Aber wir können hinausgehen und Proben nehmen, und die Chancen stehen fünfzig zu fünfzig, ob wir angegriffen werden oder nicht. Warum? Nun, wir töten auch nicht jeden Glitscher, den wir sehen, oder? Natürlich nicht. Und der Schwamm versucht nicht, uns zu töten, es sei denn, wir reizen ihn. Denn wir sind nicht wichtig, glaubt er. Etwas wie die Flugmaschinen – mobil, aber nicht tierisch, fremdartig -versucht er dagegen zu vernichten. Weil er sie als wichtige Ausläufer von Greywater erkennt.«
    »Weshalb dann die Sporen?« sagte Delvecchio.
    Granowicz tat das mit einer lässigen Handbewegung ab.
    »Der Schwamm möchte uns natürlich in seine Gewalt bringen, gewiß. Um die Station der Wirte zu berauben. Aber es ist die Station, die er auslöschen will. Er kann sich nicht vorstellen, mit einer anderen Intelligenz zusammenzuarbeiten – wer weiß, vielleicht mußte er rivalisierende Schwammkolonien seiner eigenen Art vernichten, bevor er diesen Planeten beherrschen konnte. Sobald er Intelligenz wahrnimmt, ist er bedroht. Und in der Station nimmt er Intelligenz wahr.«
    Er wollte weitersprechen, aber Delvecchio nahm plötzlich die Füße vom Tisch, setzte sich auf und sagte: »Oh, oh.«
    Granowicz zog die Brauen zusammen.
    »Was?«
    Delvecchio ließ den Finger vorschnellen.
    »Ike, denken Sie einmal über Ihre Theorie nach. Was ist, wenn Sie recht haben? Wie wird der Schwamm denn dann das Raumschiff wahrnehmen?«
    Granowicz überlegte kurz, nickte vor sich hin und pfiff dann leise durch die Zähne.
    »Ja, wie?« sagte Sanderpay. »Wovon redet ihr überhaupt?«
    Granowicz drehte sich zu ihm herum.
    »Das Raumschiff war mobil, aber nichts Tierisches. Wie die Station. Es kam aus dem Himmel, landete, zerstörte einen großen Bereich des Schwammes und der Wirtsformen. Und hat sich seitdem nicht weggerührt. Wie die Station. Der Schwamm sieht es vermutlich als eine zweite Station, eine zweite Bedrohung. Oder als eine Ergänzung unserer Station.«
    »Ja«, sagte Delvecchio. »Aber es wird noch schlimmer. Wenn Sie recht haben, dann unternimmt der Schwamm vielleicht in eben diesem Augenblick einen Angriff mit allen Mitteln – gegen den Rumpf des Raumschiffes.

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