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Liegen lernen

Liegen lernen

Titel: Liegen lernen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goosen
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saß. Dann schloß sie die Tür hinter sich, schob ihr Kleid hoch und setzte sich rittlings auf meinen Schoß.
    »Gloria«, sagte ich, »Beck und Mariele…«
    »Es ist so schön still hier«, sagte sie und küßte mich. Sie roch nach Wein und Essen, auch ein bißchen nach Espresso. Sie lutschte an meinem Ohrläppchen und stöhnte leise.
    »Gloria, ich…« Aber sie küßte mich wieder. Sie zog ihren Mantel aus und ließ ihn fallen. Sie griff unter ihr Kleid und zog sich Slip und Strumpfhose aus. Sie griff mir in den Schritt. Sie zog meinen Reißverschluß herunter und griff nach meinem Schwanz. Er war ganz weich. Sie ging auf die Knie und versuchte, mich mit dem Mund hart zu machen. Ich stieß sie weg und sagte: »Laß das!« Sie verlor das Gleichgewicht, kippte nach hinten und stieß mit dem Kopf gegen die Tür. Der Rahmen splitterte und die Tür ging auf. Gloria fiel aus dem Beichtstuhl. Sie schrie: »Sag mal, hast du sie noch alle!« Ihre Stimme war sehr laut in der hohen, dunklen Kirche. Mariele und Beck kamen angelaufen. Gloria zog sich gerade den Slip und die Strumpfhose an. Beck und Mariele sagten nichts. »Du bist ein Idiot«, zischte Gloria. Ich sah Beck an. Er runzelte die Stirn. Mariele sah weg. Gloria zog ihren Mantel an und stürmte hinaus. Ich folgte ihr.

11
    Das Vorstellungsgespräch bei Professor Mutter war am Dienstag. Zu viert saßen wir auf den fest an der Wand angebrachten Schalensitzen vor der Tür von Mutters Büro, zwei Männer und zwei Frauen. Die beiden Frauen kannte ich vom Sehen. Die eine mochte fast so alt sein wie Roberta Appleman, eine späte Studentin mit Kind, einem etwa sechsjährigen Mädchen, mit dem man sie manchmal in der Cafeteria sah. Ihre schmalen Lippen waren fest zusammengepreßt. Sie schien den Job unbedingt haben zu wollen.
    Die andere Frau war viel jünger und trug ein sehr kurzes Kleid, schwarze Strümpfe und hochhackige Schuhe. Sie war nicht unbedingt hübsch, wußte aber, sich zurechtzumachen.
    Den Mann hatte ich noch nie gesehen. Er war vielleicht Mitte Zwanzig, versuchte aber, älter auszusehen. Er trug einen dunklen Anzug mit Hemd und Krawatte. Sicher kannte er eine Menge historischer Daten auswendig.
    Ich kam als letzter, sagte guten Tag, bekam als Antwort aber gerade mal ein Kopfnicken.
    Ich hatte gedacht, wir würden alle der Reihe nach zu Einzelgesprächen ins Allerheiligste vorgelassen, statt dessen aber bat uns Mutters Sekretärin alle gleichzeitig ins Büro und sagte, »der Chef« komme in ein paar Minuten. Das Büro war etwa doppelt so groß wie das der Appleman. Mutter hatte sich Mühe mit der Einrichtung gegeben. Immerhin hatte er den Lehrstuhl schon seit Jahre behalten. Der größte Teil des in der ganzen Uni verlegten grauen Linoleums wurde durch einen alten Perserteppich verdeckt. An den Wänden hingen gerahmte Drucke abstrakter Kunstwerke. Ein schwerer Eichenschreibtisch stand im rechten Winkel zur Tür. Es lagen zwar eine Menge Papiere darauf herum, doch alle waren zu sauberen Stapeln geschichtet, die Stifte lagen in einer kleinen Schale, nur ein aufgeschlagenes Buch lag auf der grünen Schreibunterlage aus Kunststoff.
    Gleich links neben der Tür standen ein niedriger Tisch und eine schwarze, lederne Sitzgarnitur, ein Zweisitzer-Sofa und zwei Sessel. Wahrscheinlich hatte Mutter nur vier Kandidaten eingeladen, weil nur vier Sitzgelegenheiten vorhanden waren. Die Sekretärin verschwand, und wir hockten stumm da.
    Nach etwa fünf Minuten flog die Tür auf, und Mutter platzte herein. Er war etwa einsneunzig groß und hatte eisgraue Haare. Zwischen seinem Scheitel und dem Türrahmen blieben vielleicht zwei Zentimeter Platz. Er trug einen dunkelbraunen Anzug mit Weste und ein weißes Hemd, aber keine Krawatte, und auf der Nase eine Lesebrille, die ihm bis zur Nasenspitze hinuntergerutscht war. Grußlos durchmaß Mutter den Raum mit zwei oder drei Riesenschritten, ließ sich in seinen ledernen Schreibtischsessel fallen und sah uns der Reihe nach an, als mache er sich Gehirnfotos von uns. Dann fragte er: »Was ist Geschichte?« Er zeigte auf die Schmallippige. Sie sah aus, als hätte sie beim Eishockey den Puck ins Gesicht bekommen.
    »Wie bitte?« fragte sie, und ihre Stimme klang alt.
    »Was ist Geschichte? Wollen Sie sagen, Sie studieren das, haben sich aber noch nie Gedanken darüber gemacht, was es eigentlich ist?« Mutter leckte sich die Lippen. Das schien ihm Spaß zu machen.
    »Äh… äh… Geschichte ist… Beschreiben, wie es wirklich gewesen

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