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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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war immer noch ein bisschen lückenhaft, so dass sie gelegentlich auf Deutsch loslegte, wenn sie der Sache Nachdruck verleihen wollte. »Entschuldige, Übersetzung folgt.«
    Anita, was für ein Luder, und so verdammt sexy! Eine der tollsten Frauen der Welt. Das baute sich alles so auf in Courtfield Gardens.
Manchmal dämmerte Brian einfach weg, und dann sahen Anita und ich uns an. Aber sie war Brians Lady. Also Hände weg. Ich hatte nicht vor, einem anderen Bandmitglied die Frau auszuspannen. Und so gingen die Tage dahin.
    Immer wieder sah ich Anita an und dann Brian und dann wieder sie, und mir wurde klar, ich kann nichts dagegen tun. Ich muss einfach mit ihr zusammen sein. Ich werde sie nehmen, oder sie wird mich nehmen. So oder so. Diese Erkenntnis machte die Sache nicht einfacher. Diese offenkundige elektrische Spannung zwischen uns hielt etliche Monate vor, und Brian rückte immer mehr an den Rand. Ich für mein Teil musste eine Menge Geduld aufbringen. Ich hing immer so drei, vier Tage bei ihnen rum und trabte dann einmal die Woche nach St. John’s Wood. Besser wieder ein bisschen auf Abstand gehen, meine Gefühle waren überdeutlich. Glücklicherweise waren noch eine Menge andere Leute da. Auf eine verzweifelte Art bettelte Brian ständig um Aufmerksamkeit. Aber je mehr er davon bekam, desto mehr wollte er haben.
    Außerdem stieg ich langsam dahinter, was zwischen Brian und Anita vor sich ging. Nachts hörte ich manchmal Gepolter, und dann kam Brian mit einem blauen Auge an. Brian schlug Frauen. Aber die eine Frau auf der Welt, bei der man das besser nicht versuchte, war Anita Pallenberg. Jedes Mal, nachdem sie sich stritten, erschien Brian mit blauen Flecken und verpflastert. Das hatte aber nichts mit mir zu tun, oder etwa doch? Ich war ja nur da, um mit Brian rumzuhängen.
    Anita stammte aus der Welt der Kunst und war selber nicht unbegabt - sie interessierte sich für Kunst, trieb sich mit den zeitgenössischen Vertretern herum und verlor sich ganz in der Pop-Art-Welt. Ihr Großvater und Urgroßvater waren Maler gewesen, eine Familie, die anscheinend in einem Rausch von Syphilis und Wahnsinn untergegangen war. Anita konnte zeichnen. Sie wuchs im
weitläufigen Haus ihres Großvaters in Rom auf, verbrachte ihre Teenagerzeit aber in München an einer dekadenten Nobelschule, von der sie schließlich wegen Rauchens, Trinkens und - schlimmstes aller Vergehen - wegen Trampens verwiesen wurde. Mit sechzehn bekam sie ein Stipendium für eine Grafikschule nahe der Piazza del Popolo in Rom und begann schon in diesem zarten Alter mit Roms Intelligenzia in den Cafés abzuhängen, »Fellini und diese ganzen Leute«, wie sie sich ausdrückte. Anita hatte Stil. Sie besaß außerdem ein erstaunliches Talent, Dinge zusammenzufügen, Verbindungen zu knüpfen. Das war das Rom der Dolce-Vita -Zeit. Sie kannte alle Filmemacher - Fellini, Visconti, Pasolini; in New York hatte sie Warhol, die Pop-Art-Welt und die Beat-Autoren kennengelernt. Dank ihrer Fähigkeiten war sie mit vielen verschiedenen Welten und den unterschiedlichsten Menschen bestens vertraut. Sie war wie ein Katalysator für alle möglichen Entwicklungen der damaligen Zeit.
    Wenn es einen Stammbaum gäbe, einen Baum, der die Entstehung der Hip-Szene Londons zeigte, jener Szene, deretwegen die Stadt damals berühmt war, stünden Anita und Robert Fraser, der Galerist und Kunsthändler, ganz oben an der Spitze, gleich neben Christopher Gibbs, dem Antiquitätenhändler und Bibliophilen, nebst einigen wenigen anderen Höflingen. Und das lag hauptsächlich an den Verbindungen, die sie knüpften. Anita kannte Robert Fraser schon seit langem, und zwar seit 1961, als sie durch ihren damaligen Freund Mario Schifano, einen führenden Pop-Maler in Rom, mit der frühen Welt der Pop-Art in Kontakt kam. Durch Fraser hatte sie Sir Mark Palmer, den König aller Vagabunden, kennengelernt sowie Julian und Jane Ormsby-Gore und Tara Browne (Vorbild für »A Day in the Life« von den Beatles). Damit bestand also schon ein Grundstock für die Begegnung zwischen der Welt der Musik - die von Anfang an in der Kunst-Underground-Szene
eine große Rolle spielte - und den Adligen, auch wenn das hier nicht gerade die üblichen Adligen waren. Jedenfalls hatten wir drei Eton-Schüler - Fraser, Gibbs und Palmer -, von denen sich später herausstellte, dass zwei von ihnen, Fraser und Gibbs, aus Eton rausgeworfen oder vorzeitig abgegangen waren. Und alle drei verfügten über ganz besondere

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