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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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Academy gehörten. Und dann war da natürlich noch dieses Tuntenhafte, das ihn von den anderen unterschied. Er ließ es nicht raushängen, aber er verbarg es auch keineswegs. Er hatte einen stählernen Blick, und ich bewunderte seinen Mumm. Ich bin mir sicher, dass ein großer Teil dieses Auftretens auf die African Rifles zurückgeht. In Afrika waren ihm die Augen aufgegangen. Captain Robert Fraser, außer Dienst. Wenn er wollte, konnte er durchaus seine Autorität spielen lassen. Aber ich glaube, dass er die Art, wie das damals so genannte Establishment sich an etwas zu klammern versuchte, obwohl es ganz offensichtlich gerade dabei war, in sich zusammenzustürzen, einfach nur noch verabscheute. Ich bewunderte seine Haltung hierzu. Und ich vermute, deshalb hat er sich uns und den Beatles und den ganzen Avantgarde-Künstlern angeschlossen.
    Fraser und Christopher Gibbs waren zusammen in Eton gewesen.
Als Anita Gibby zum ersten Mal begegnete, vor ewigen Zeiten, kam er geradewegs aus dem Knast; er hatte, mit achtzehn, bei Sotheby’s ein Buch geklaut - er war schon immer ein passionierter Sammler mit einem sehr guten Auge gewesen. Als Mick beschloss, das Leben eines Landedelmanns führen zu wollen, kamen wir über Robert wieder mit Gibbs in Kontakt. Robert hatte nichts übrig für die Provinz und verwies uns an Gibby. Also begann Gibbs, Mick und Marianne in England herumzukutschieren, und sie sahen sich verschiedene Schlösser und Landgüter an. Auf seine Art habe ich Gibby immer gemocht. Ich habe öfter in seiner Wohnung im Cheyne Walk am Embankment übernachtet. Er besaß eine wahnsinnige Bibliothek. Ich konnte einfach so abhängen und mir die wunderschönen Erstausgaben und herrlichen Illustrationen und Bilder ansehen, mit denen ich mich sonst nie hatte befassen können, weil ich pausenlos auf Achse gewesen war. Er war ständig damit beschäftigt, seine Sachen zu verhökern. Großartige Stücke übrigens. Und Gibby war ein diskreter Werber für seine eigenen Sachen. »Ich hab da diese wundervolle Truhe, sechzehntes Jahrhundert.« Andauernd hatte er gerade irgendwas vertickert, oder etwas anderes stand zum Verkauf. Außerdem war er ziemlich verrückt. Der einzige Typ, den ich kenne, der tatsächlich morgens nach dem Aufwachen als Erstes ein Röhrchen Amylnitrat unter seiner Nase zerbrach. Das haute sogar mich um. Er hatte immer eins am Bett. Einfach die kleine gelbe Ampulle umknicken und aufwachen. Ich habe ihn dabei beobachtet und konnte es kaum glauben. Ich hatte ja nichts gegen Poppers, aber dann doch eher später am Abend.
    Was Robert Fraser und Christopher Gibbs gemein hatten, waren Mut und Furchtlosigkeit - sie besaßen mehr Selbstbewusstsein als jeder andere. Und gleichzeitig waren sie Muttersöhnchen. Diese Jungs fürchteten sich alle vor ihrer Mama. Vielleicht waren sie
deshalb alle solche Schwuchteln. Originalton Strawberry Bob: »Ogottogott, meine Mutter kommt!« - »Na und?« Das heißt nicht, dass sie nachgiebig waren oder unter dem Pantoffel standen. Sie hatten einfach nur einen absolut überwältigenden Respekt vor ihren Müttern. Sehr starke Mütter offenbar, denn diese Jungs waren ihrerseits sehr stark. Ich habe gerade erst erfahren, dass Gibbs’ Mutter die Vorsitzende der Pfadfinderinnen weltweit war und Generalbevollmächtige für die Überseegebiete. Das gehörte nicht zu den Dingen, über die wir sprachen.
    Der Einfluss dieser beiden Männer ist mir lange Zeit nicht klar gewesen, aber sie haben die Szene verändert und den Stil der Zeit maßgeblich beeinflusst.
    Gibbs und Fraser waren jedoch nur die sichtbarsten Figuren bei dem Ganzen. Da gab es noch die Lampsons und Lambtons, Sykeses, Michael Rainey. Und es gab Sir Mark Palmer, Hofpage der Königin und unverbesserlicher Vagabund, Gott hab ihn selig, mit seinen Goldzähnen und den Windhunden an einer Kordel als Leine und den Wohnwagen, mit denen er über die Landstraßen zuckelte und sich ein Plätzchen auf den Anwesen seiner Freunde suchte. Kann ja sein, dass einem, wenn man dazu erzogen wird, der Königin die Schleppe zu tragen, nach einer Weile ein Caravan als eine echte Alternative erscheint. Solange man noch keine Haare am Sack hat, ist das Schleppentragen ja in Ordnung, aber was macht man später?
    Plötzlich scharwenzelte die halbe Aristokratie um uns herum, junge Adelssprösslinge, Erben irgendeiner alten Verbindung, die Ormsby-Gores, die Tennants, die ganze Bande. Ich hab nie wirklich rausgefunden, ob sie auf dem Proll-Trip waren, oder

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