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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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aber wenn der zweite Gitarrist
nicht da war oder das Interesse verloren hatte, gingen die Overdubs los. Auf vielen Platten bin ich viermal zu hören. So lernte ich eine Menge über Aufnahmetechniken, ich unterhielt mich mit Studioleuten und sammelte Erfahrungen mit Mikrofonen, Gitarren und Verstärkern. Ich lernte, wie man unvorhergesehene Situationen bewältigt, wie man den Sound einer Gitarre beim Overdubbing verändert. Denn wenn man nicht aufpasst, klingt es am Ende wirklich, wie es ist - nach einem einzigen Gitarristen, der sämtliche Parts spielt. Dabei soll sich eigentlich jede Gitarre anders anhören. Auf Alben wie December’s Children und Aftermath übernahm ich zusätzlich Brians Parts. Gelegentlich legte ich acht Gitarren übereinander und zog sie dann beim Abmischen für einen Takt hier und da hoch, bis es nach zwei oder drei Gitarren klang. Irgendwann zählte ich gar nicht mehr mit, aber in Wirklichkeit waren es acht, die im Mix an verschiedenen Stellen auftauchten.
    September 1965, backstage bei einer Show in München, lernte Brian Anita Pallenberg kennen. Anita folgte uns nach Berlin, wo es zu spektakulären Ausschreitungen kam. Über die nächsten paar Monate war sie immer öfter mit ihm unterwegs. Sie war ein vielbeschäftigtes Model, ständig auf Reisen. Aber schließlich zog sie nach London, und die beiden ließen sich auf eine Beziehung ein, die bald von heftigen Gewaltausbrüchen begleitet war. Brian rangierte den Humber Snipe zugunsten eines Rolls-Royce aus, für den er allerdings immer noch zu klein war.
    Etwa zur selben Zeit entdeckte er LSD. Ende 1965 setzte sich Brian wieder mal mitten in einer Tour ab, mit den üblichen Ausreden von wegen gesundheitlicher Probleme, und tauchte in New York wieder auf. Er jammte mit Bob Dylan, hing mit Lou Reed und den Velvet Underground ab - und nahm LSD. Für ihn war LSD keine Droge wie jede andere. Was den Rest der Band anging,
war das Dope damals wirklich keine große Sache - wir rauchten ein bisschen was, nahmen ein paar Aufputschmittel, um uns auf Touren zu bringen. Doch Brian begriff sich, seit er mit dem Acid angefangen hatte, als Teil einer Elite. Wie beim Acid Test . Das war so ein Cliquending, er wollte irgendwo dazugehören, fand aber einfach keine Heimat. Soweit ich weiß, war er der Einzige, der überall rumerzählte: »Du, ich war auf LSD.« Brian fühlte sich, als hätte er die Ehrenmedaille des amerikanischen Parlaments erhalten. Ständig sagte er Sachen wie: »Du kannst das nicht verstehen, Mann, ich war auf einem Trip.«
    Noch dazu war er immer furchtbar geschniegelt. Seine Haare! Nicht auszuhalten. Lauter winzige Ticks, die einem mit der Zeit ungeheuer auf die Nerven gingen. Das ist typisch, wenn man Drogen nimmt, jeder hält sich für was ganz Besonderes. Der Club der Acid Heads. »Bist du ein Head?«, fragten einen die Leute, als hätte man dadurch eine besonders herausgehobene Stellung. Dabei hatten die nur irgendwas genommen, was man selbst noch nicht ausprobiert hatte. Was für ein elitärer Schwachsinn. Und alles wegen Ken Kesey.
    An das Ereignis, das Andrew Oldham in seiner Biografie so symbolträchtig beschreibt, kann ich mich noch gut erinnern. Es war März 1966, und Brian war auf dem Boden der RCA-Studios zusammengebrochen, mit seiner Gitarre zwischen den Beinen. Das Ding brummte vor sich hin und versaute den ganzen Sound, irgendwer musste es ausstöpseln - womit wir Brian, zumindest Andrew zufolge, endgültig den Strom abdrehten. Mir ging einfach dieses Geräusch auf die Nerven, und wirklich neu war die Situation auch nicht, da Brian immer mal wieder zusammenklappte. Er stand auf Beruhigungsmittel, Seconal, Tuinal, Desbutal, die ganze Palette. Man denkt, man spielt wie Segovia, didel didel didel , und stattdessen kommt nur dum dum dum heraus. Mit einer kaputten
Band kann man nicht arbeiten. Wenn an der Maschine was nicht stimmt, muss man zumindest versuchen, sie zu reparieren. Aber bei den Stones konnte man nicht einfach sagen, scheiß drauf, du bist raus. So lief das nicht, gerade damals nicht. Gleichzeitig konnte es so nicht weitergehen, mit dieser Bitterkeit, diesem Riss durch die Truppe.
    Anita stellte Brian auch der anderen Bande vor, den Cammells und Co. Von denen wird später noch zu hören sein. Allerdings nichts Gutes.

    Bild 5

    © Michael Cooper/Raj Prem Collection

KAPITEL 6

    In dem ich in Redlands verhaftet werde. Im Bentley nach Marokko fliehe. Mich mit Anita Pallenberg bei Nacht und Nebel aus dem Staub mache.

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