Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
Vom Netzwerk:
exzentrische Talente und sehr starke Persönlichkeiten. Sie waren alles andere als Herdentiere. Mick und Marianne unternahmen Pilgerfahrten nach Herefordshire mit John Mitchell, einem Autor und dem Merlin der Gruppe, um fliegende Untertassen zu beobachten und Energielinien zu finden. Anita hatte ein Leben in Paris, tanzte und durchschwebte dort eine Nacht nach der anderen im Régine’s, wo man sie umsonst reinließ, und führte in Rom ein ebenso glamouröses Leben. Sie arbeitete als Model und bekam Filmrollen. Die Szene, mit der sie sich umgab, war die Hardcore-Avantgarde zu einer Zeit, als es so was wie Hardcore noch gar nicht gab.
    Zugleich begann die Drogenkultur explosionsartig um sich zu greifen. Erst kam Mandrax mit Gras, gegen Ende 1966 Acid, irgendwann im Jahr 1967 Koks, dann Heroin. Ich weiß noch, wie David Courts, der meinen ersten Totenkopfring gefertigt hat und immer noch ein guter Freund ist, zum Dinner in einen Pub in der Nähe von Redlands kam. Er hatte eine ziemliche Dosis Mandrax und ein paar Drinks intus und war drauf und dran, seinen Kopf in die Suppe zu stecken. Ich erinnere mich vor allem deshalb daran, weil Mick ihn sich über die Schulter geworfen und zum Auto getragen hat. So was würde er heute nicht mehr tun - was mir klarmacht, wie lange es her sein muss, dass Mick sich verändert hat. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.
    Damals gab es einige faszinierende Typen. Captain Fraser, der Offizier bei den King’s African Rifles war, dem verlängerten Arm der Kolonialmacht in Ostafrika, wurde in Uganda stationiert, wo
Idi Amin sein Feldwebel war. Und er wurde zu Strawberry Bob, schwebte nachts in Schlappen und indischen Wickelhosen umher, während er tagsüber messerscharfe Anzüge mit Nadelstreifen oder Pünktchen trug. Die Robert Fraser Gallery hatte eine Vorreiterrolle. Er machte Ausstellungen mit Jim Dine, vertrat Roy Lichtenstein. Und er war der Erste, der Warhols Chelsea Girls in seiner Wohnung in London ausstellte. Er zeigte Larry Rivers und Rauschenberg. Robert sah alle Veränderungen voraus; bei Pop-Art kannte er sich wirklich aus. Ein geradezu aggressiver Avantgardist. Mir gefiel die Energie, die in all das floss, oft besser als das, was dort dann tatsächlich ausgestellt wurde - dieses allgegenwärtige Gefühl, dass alles möglich war. Ansonsten schüttelte es mich bei dieser unglaublich überzogenen Arroganz des Kunstbetriebs derart, als wäre ich auf Turkey, und dabei nahm ich das Zeug noch nicht mal. Allen Ginsberg war mal bei Mick daheim in London zu Besuch, und ich habe einen ganzen Abend damit verbracht, dem alten Windbeutel zuzuhören, wie er über alles und jeden dozierte. Das war die Zeit, als Ginsberg ständig auf einer schief klingenden Ziehharmonika spielte, ab und zu ein Ommm von sich gab und so tat, als würde er von der ganzen Schickeria um ihn herum nichts mitkriegen.
    Captain Fraser liebte seinen Otis Redding und seine Booker T. & The MGs wirklich. Manchmal kam ich, wenn ich die Nacht durchgemacht hatte, mit dem neuen Album von Booker T. oder Otis Redding morgens in seiner Wohnung in der Mount Street vorbei - damals der Salon. Da begrüßte einen dann Mohammed, der marokkanische Diener in seiner Dschellaba, der uns zwei Pfeifen präparierte, und wir hörten »Green Onions«, »Chinese Checkers« oder »Chained and Bound«. Robert war auf Heroin. Er besaß einen ganzen Schrank voll mit Zweireihern, allesamt hervorragend gearbeitet und aus den besten Stoffen, und seine Hemden waren
oft maßgeschneidert, aber immer mit ausgefransten Kragen und Manschetten. Das gehörte zu seinem Look. Da er in den Anzugtaschen immer ein paar Briefchen für den Notfall aufbewahrte, immer nur zehn Milligramm, ging er ständig an den Schrank und wühlte sämtliche Taschen durch, ob noch irgendwo was zu finden war. In Roberts Wohnung standen die fantastischsten Gegenstände herum, in Silber gefasste tibetische Totenschädel, Knochen mit Silberkappen an den Enden, Tiffany-Jugendstillampen, überall die schönsten Stoffe und Textilien. Und mittendrin er in diesen kreischbunten Seidenhemden, die er aus Indien mitgebracht hatte. Robert kiffte gern, »dieses wunderbare Haschisch«, »bester schwarzer Afghane«. Er war eine seltsame Mischung aus Avantgarde und alter Welt.
    Was ich an Robert mochte, war, dass er kein Snob war. Er hätte sich problemlos hinter Eton und einem Patriziergetue verstecken können. Aber er war offen - zeigte ganz bewusst Werke von Künstlern, die nicht zur Royal

Weitere Kostenlose Bücher