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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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Motorradkolonne. Weil ich wirklich keine Lust habe, in den Abgrund zu stürzen, gebe ich einem Motorrad eins mit und rausche direkt an dem Monstrum vorbei. Die Typen flippen schier aus. Als wir fast an der Kolonne vorbei sind, sehen wir, dass da ein Riesengeschoss auf der Ladefläche des Lastwagens steht, eine Rakete. Schon steht die nächste Kurve an, eine enge Sache, ein Rad in der Luft über dem Abhang. Irgendwie habe ich es geschafft, wir blieben am Leben, aber es war knapp. Was macht das Teil auch mitten auf der Straße? Sekunden später hören wir einen gewaltigen Knall. Offenbar ist der Lkw in den Abgrund gerauscht. Ein ohrenbetäubender Krach, eine Explosion, Stille. Es ging so schnell, wahrscheinlich haben sie es nicht mal richtig mitbekommen. Ich meine, das war ein langer, fetter Hurensohn von einem Lastwagen, ein Gelenkfahrzeug. Keine Ahnung, wie wir damit durchgekommen sind. Ich fuhr einfach weiter. Gas durchdrücken und auf die Haarnadelkurven konzentrieren. Mein Talent als Nachtfahrer war in aller Munde. Unten in Meknes wechselten wir sofort den Wagen. Ich ging zur Vermietung und meinte: »Der Wagen läuft schlecht. Können wir einen anderen haben?« Und dann nichts wie weg. Ich rechnete jeden Moment damit, im Rückspiegel die NATO oder was in der Art zu entdecken. Das Militär musste doch irgendwie reagieren, mit Helikoptern und Suchscheinwerfern und so? Am nächsten Morgen blätterten wir die Zeitungen durch - nichts, gar nichts. Andererseits muss ich sagen, auf dem Rücken einer Dritte-Welt-Rakete in den Abgrund zu rauschen, wäre ein tragischer, aber vielleicht der einzig angemessene Tod des Krupp-Erben gewesen.

    Auf derselben Reise litt ich unter Hepatitis. Ich krabbelte praktisch auf Händen und Füßen nach Paris zurück und, weil meine Glückssträhne nicht abreißen wollte, direkt in die rettenden Arme eines der größten Wohltäter der Medizingeschichte: Dr. Bensoussan, so hieß er. Anita hatte mich zu Catherine Harlé gebracht, Modelagentin und Sufi in einem, eine erstaunliche Frau, die über vielfältige Kontakte verfügte. Für Anita war sie eine Art spirituelle Mutter; immer wenn sie krank war oder Sorgen hatte, flüchtete sie sich zu ihr. Als Anita abgehauen war, ging auch Brian Jones zu ihr, um sie zurückzuholen. Catherine stellte für mich den Kontakt zu Dr. Bensoussan her. Schon der Name, der wahrscheinlich algerischer Herkunft war, machte mir Hoffnung - der könnte mehr draufhaben als die übliche Schulmedizin. Dr. Bensoussan fuhr dauernd zum Flughafen Orly, um Scheichs, Könige und Prinzen in Empfang zu nehmen, die hier einen kurzen Zwischenstopp einlegten. Ob bei Tag oder Nacht, der Doktor war immer zur Stelle, um ihre Wehwehchen zu kurieren. In meinem Fall war es diese beinharte Hepatitis, die mich regelrecht aussaugte. Als ich ihn aufsuchte, war ich saft- und kraftlos. Er gab mir eine Infusion. Zwanzig Minuten dauerte es, bis das ganze Zeug in mir drin war. Im Wesentlichen handelte es sich um ein Vitaminpräparat - eben alles, was der Körper braucht, dazu noch ein paar andere nette Sachen. Jedes Mal kroch ich mit letzter Kraft in seine Praxis, um eine halbe Stunde später auf zwei Beinen hinauszustolzieren. »Das Auto lassen wir stehen.« Was für ein Cocktail, was für ein unglaubliches Gebräu. Was auch immer da im Detail drin war, vor Dr. Bensoussan muss ich auf jeden Fall den Hut ziehen. In sechs Wochen war ich wieder ganz der Alte. Und er kümmerte sich nicht nur um die Hepatitis, nein, er sorgte insgesamt dafür, dass ich zu Kräften kam und mich gut fühlte. Aber mein Immunsystem ist sowieso nicht von schlechten Eltern. Eine spätere Hepatitis C habe ich im Alleingang
auskuriert, durch bloßes Nichtstun. Da können nur wenige mithalten. Ich habe ein gutes Gespür für meinen Körper.
    Das einzig Blöde an den vielen Ablenkungen und Unterbrechungen, an den juristischen Reibereien, den Überseeflügen und unserem wackeligen Verhältnis mit Andrew Oldham war die Tatsache, dass wir darüber zeitweise ein Problem vergaßen, das immer deutlicher und alarmierender zutage trat: Den Rolling Stones ging der Saft aus.

Bild 6

    © Robert Altman/altmanphoto.com

    KAPITEL 7

    In dem ich - es sind die späten Sechziger - die offene Gitarrenstimmung und das Heroin entdecke. Gram Parsons kennenlerne.
    Nach Südamerika segle. Vater werde. In Muscle Shoals »Wild Horses« und »Brown Sugar« aufnehme. Altamont überlebe und einen
    Saxofonisten namens Bobby Keys

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