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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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Knaller wie »Brown Sugar« oder »Start Me Up« hatten. Außerdem stachen die Uptempo-Nummern dann noch mehr hervor, ein schöner Kontrast zu so großartigen Nummern wie »No Expectations«. Uns ging es nicht darum, den Leuten das Hirn rauszublasen. Wir waren ja nicht Heavy Metal. Uns ging es um Musik.
    »Flash!« Verdammt, was für eine Platte! Alles, was ich draufhatte, kam da zusammen und wurde mit einem Kassettenrekorder aufgenommen. Bei »Jumpin’ Jack Flash« und »Street Fighting Man« hatte ich einen neuen Sound entdeckt, den ich meiner akustischen Gitarre entlocken konnte. Dieser mahlende, dreckige Sound stammte aus den versifften kleinen Motels, wo es für die Aufnahme nichts anderes gab als diese neue Erfindung - den Kassettenrekorder. Außerdem störte man damit keinen. Plötzlich hatte man sein eigenes Ministudio. Mit der Akustikgitarre übersteuerte man den Philips-Kassettenrekorder bis zur Verzerrung, so dass es sich beim Abspielen wieder wie eine E-Gitarre anhörte. Der Rekorder war quasi Tonabnehmer und Verstärker in einem. Du quetschst also die Akustikgitarre in den Kassettenrekorder, und am anderen Ende kommt mit voller Wucht eine elektrische raus. Eine E-Gitarre rutscht dir immer in den Händen rum. Es ist, als müsste man einen zuckenden Zitteraal festhalten. Die Akustikgitarre klingt dagegen sehr trocken, und du musst sie völlig anders spielen. Wenn es dir aber gelingt, diesen besonderen Klang zu elektrifizieren, erhältst du diesen fantastischen Sound. Ich habe die Akustikgitarre immer gemocht, habe sie begeistert gespielt und mir dabei gedacht, wenn ich sie, ohne gleich an die Steckdose
zu gehen, nur ein bisschen nachrüsten könnte, dann hätte ich einen einzigar tigen Sound. Sie hat so ein kleines Prickeln ganz oben. Ich kann es nicht erklären, aber es hat mich damals ungeheuer fasziniert.
    Im Studio schloss ich den Rekorder an einen kleinen Zusatzlautsprecher an und stellte ein Mikro davor, um dem Klangbild mehr Volumen und Tiefe zu geben. So entstand der Basistrack. Bei »Street Fighting Man« gibt es, abgesehen vom Bass, den ich später drüberspielte, kein einziges elektrisches Instrument. Alles akustische Gitarren. Ebenso bei »Jumpin’ Jack Flash«. Ich wollte, das ginge noch immer, aber sie produzieren diese Teile einfach nicht mehr. Schon bald danach bauten sie einen Limiter ein, und ab da konnte man sie nicht mehr übersteuern. Immer wenn man grade was richtig Tolles entdeckt hat, sperren sie es einem vor der Nase zu. Die Band hielt mich für durchgeknallt, aber sie ließen mich meine Verrücktheit ausleben. Ich hörte einen Sound, den ich da rausholen konnte, und Jimmy war sofort dabei. »Street Fighting Man«, »Jumpin’ Jack Flash« und die Hälfte von »Gimmie Shelter« wurden so aufgenommen, auf einem Kassettenrekorder. Ich habe eine Gitarre über der anderen aufgenommen und immer noch eine draufgelegt. Manchmal sind es acht Gitarren bei einem Stück. Man mischt sie einfach alle zusammen. Charlie Watts’ Schlagzeugparts bei »Street Fighting Man« wurden auf einem kleinen Übungsset für Schlagzeuger aus den Dreißigern gespielt. Es war ein kleiner aufklappbarer Koffer mit einem winzigen Becken und einem verkleinerten Tamburin, das als Snare diente. So kamen diese Songs zustande, praktisch mit Equipment aus dem Ramschladen, entstanden mit ein bisschen Spielzeug auf dem Hotelzimmer.
    Es war eine magische Entdeckung, und das galt erst recht für die Riffs. Diese entscheidenden, wunderbaren Riffs, die einfach kamen, ich weiß nicht, woher. Ich bin damit gesegnet und kann sie
doch nie ganz ergründen. Fällt dir ein Riff wie das von »Flash« ein, dann fühlst du dich wunderbar erhaben und genießt dabei eine geradezu hinterhältige Freude. Natürlich muss man dann jedes Mal die anderen davon überzeugen, dass es auch wirklich großartig ist. Da muss man erst mal die Drecksarbeit leisten. »Flash« ist im Grunde ein umgedrehtes »Satisfaction«. Diese Riffs sind fast alle nah miteinander verwandt. Wenn aber einer sagen würde: Von heute an darfst du nur noch ein einziges deiner Riffs spielen, würde ich mich ganz klar für »Flash« entscheiden. Ich liebe »Satisfaction« heiß und innig, aber die Akkorde folgen beim Komponieren dann doch der üblichen Formel. »Flash« hingegen ist was ganz Besonderes. »It’s allllll right now« - das ist fast arabisch oder jedenfalls sehr alt, archaisch, klassisch, Akkorde, die man in dieser Kombination allenfalls in gregorianischen

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