Life - Richards, K: Life - Life
ließen die Hochzeit Hochzeit sein.
Was es mit Bianca auf sich hatte, fand ich erst viel später raus. Mick sieht es nicht gern, wenn ich mit seinen Frauen rede. Aber am Ende heulen sie sich immer bei mir aus, wenn sie von seinem neuesten Seitensprung gehört haben. Was kann ich also dafür? Auf einer langen Fahrt zum Flughafen, mit viel Zeit zum Nachdenken … Wer nicht alles seine Tränen an meiner Schulter getrocknet hat: Jerry Hall, Bianca, Marianne, Chrissie Shrimpton … Was weiß ich, wie viele Hemden dabei draufgegangen sind. Und dann fragen sie mich , was sie tun sollen! Ausgerechnet mich! Woher soll ich das wissen? Ich springe doch nicht mit ihm in die Kiste! Einmal kam Jerry Hall angelaufen, weil sie eine Nachricht von irgendeiner seiner Geliebten gefunden hatte. Von hinten nach vorne geschrieben stand da: »Ich bin deine Geliebte auf immer und ewig.« Man musste den Zettel nur vor den Spiegel halten. Mick, Glückwunsch zu diesem genialen Code! »So ein Arschloch!«, kreischte sie, und ich war plötzlich in dieser äußerst unwahrscheinlichen Rolle: die tröstende Schulter, der gute Onkel Keith. Ich schätze, so sehen mich die wenigsten.
Zu Beginn hielt ich Bianca für eine dahergelaufene Tussi. Zumal sie anfangs ziemlich arrogant rüberkam - klar, dass man sich dadurch keine Freunde macht. Aber mit der Zeit lernte ich sie besser kennen. Tatsächlich war sie ziemlich intelligent und, was mich immer
mehr beeindruckte, auch ziemlich willensstark. Sie setzte sich sehr für Amnesty International ein und war ständig auf Achse, um für ihre eigene Menschenrechtsorganisation zu werben. Respekt. Sie war natürlich auch sehr hübsch und so weiter, aber vor allem hatte sie Kraft und Charakter. Womit Mick natürlich nicht klarkam. Leider hatte sie keinen Humor, das war der einzige Nachteil. Ich frage mich immer noch, wie man sie zum Lachen bringen könnte, aber mir will einfach nichts einfallen. Hätte sie auch noch Sinn für Humor gehabt, hätte ich sie geheiratet!
Der Beginn von Micks und Biancas Beziehung fiel mit unserer Flucht aus England zusammen. Der Bruch war also schon da, kein Zweifel, oder zumindest eine Sollbruchstelle. Bianca hatte einen Haufen Ballast im Schlepptau, ihren ganz eigenen Freundeskreis, den alle außer Mick absolut uninteressant fanden. Menschlich hatte ich nichts gegen sie, aber ihre Wirkung auf Mick und das Milieu, das sie mitbrachte, schmeckten mir nicht. Mick entfernte sich noch weiter von der Band, eine Tendenz, die er schon immer gehabt hatte. Wenn er nicht gerade zu einem zweiwöchigen Spontanurlaub verschwand, beschloss er, von Paris aus zu pendeln. Bianca war schwanger, und im Herbst, als sie in Paris lebte, brachte sie ihre Tochter Jade zur Welt. Ich will ihr gar nicht vor werfen, dass ihr das Leben in Nellcôte nicht gefallen hat. Aber Mick war dadurch ständig hin- und hergerissen.
Zu Beginn unserer Zeit in Nellcôte gingen wir öfter am Hafen spazieren oder zum Café Albert in Villefranche, damit Anita ihren Pastis trinken konnte. Natürlich fielen wir in dieser Umgebung auf, aber wir waren ja einiges gewöhnt. Die Leute konnten denken, was sie wollten. Doch ausgerechnet, als wir am wenigsten damit rechneten, gab es Ärger. Glücklicherweise stieß bald Spanish Tony zu uns, der mir wiederholt das Leben gerettet hat, im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Auf einem unserer Ausflüge ins Umland
von Nellcôte, genauer gesagt ins Städtchen Beaulieu, rettete er mir buchstäblich den Arsch. Mit Marlon und Tony an Bord kurvte ich in meinem Jaguar E-Type zum Hafen und parkte - allerdings an der falschen Stelle, wenn man den beiden Typen glauben konnte, die sofort angelaufen kamen. Anscheinend Hafenbeamte. »Ici«, sagte der eine und winkte Tony und mich in ein Büro. Wir stiegen aus, während Marlon im Auto blieb. Durchs Fenster konnten wir ihn im Auge behalten, und es würde ja nicht lange dauern.
Tony spürte es als Erster. Zwei französische Fischer, schon etwas älter. Einer stand mit dem Rücken zu uns. Und verriegelte plötzlich die Tür. Tony sah mich bloß an und sagte: »Halt mir den Rücken frei«. Dann legte er los. Wie ein Blitz. Er drückte mir einen Stuhl in die Hand, schnappte sich einen anderen, sprang auf den Tisch und drosch auf die beiden ein, dass die Splitter nur so flogen. Die beiden Typen hatten gut gegessen und eine Menge Wein intus; die Überreste ihres Mittagessens lagen noch auf dem Tisch. Während ich dem einen ins Genick stiefelte, kümmerte sich
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