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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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Gerichtssaal, wedelten mit den Armen und quasselten aufeinander ein - wie in einem ganz normalen Büro also. Aber so konnte sich Rupert wenigstens in den Branchenjargon einklinken, wenn ihn schon die Musik kaltließ.
    Erst nach einer ganzen Weile wurde uns bewusst, was sich Allen Klein so alles einverleibt hatte. In Großbritannien besaßen wir eine Firma namens Nanker Phelge Music, an der wir alle beteiligt waren. In New York hatten wir dann bei einer Firma unterschrieben, die sich ebenfalls Nanker Phelge nannte; über dieses Unternehmen sollte von da an alles laufen. Wir dachten natürlich, das wäre auch unsere Firma, Nanker Phelge USA. Tja, später fanden wir heraus, dass die amerikanische Firma und Nanker Phelge UK nichts miteinander zu tun hatten - und dass Klein alleiniger Eigentümer von Ersterer war. Das ganze Geld ging natürlich an Nanker Phelge USA. Als Mick sein Haus in Cheyne Walk kaufen wollte, musste er achtzehn Monate auf die Kohle warten. Warum? Weil Allen gerade MGM übernehmen wollte.
    Klein war ein gestrauchelter Anwalt. Das Gesetz war die Liebe seines Lebens - genau wie die Tatsache, dass Recht und Gesetz zwei Paar Schuhe sind. Für ihn war das alles ein Spiel. Am Schluss gehörten ihm die Rechte an unserem gesamten Werk, alles, was im Rahmen unseres Vertrags mit Decca geschrieben oder aufgenommen worden war, inklusive den Masterbändern. Der Decca-Vertrag sollte 1971 auslaufen, endete aber tatsächlich 1970, ein Jahr früher, mit Get Yer Ya-Ya’s Out! Insofern besaß Klein auch die Rechte an allen unfertigen oder noch nicht aufgenommenen Stücken bis 1971. Und damit wurde es kompliziert: Wir kämpften um die Stücke, die zwischen Get Yer Ya-Ya’s und’71 entstanden waren.
Am Ende überließen wir ihm zwei Songs, »Angie« und »Wild Horses«. Er behielt die Verlagsrechte für die Songs aus all den Jahren, und wir bekamen unseren Prozentanteil, der uns zustand.
    Bis heute besitzt er - beziehungsweise seine Erben, denn er ist 2009 gestorben - die Rechte an »Satisfaction«. Mir ist das mittlerweile scheißegal. Es war eine echte Lektion. Trotz seiner Verfehlungen hat er uns mächtig auf die Sprünge geholfen; ohne ihn wären wir niemals so weit gekommen. Okay, »Satisfaction« half damals natürlich. Letztendlich habe ich sogar besser verdient, indem ich die Rechte an »Satisfaction« abgegeben habe, und ums Geld ist es mir sowieso nie gegangen. Am Anfang hab ich mich immer gefragt: Okay, reicht es für neue Saiten? Später dann: Okay, reicht es für die Show, die wir uns vorstellen? Ich denke, für Charlie und auch Mick war und ist es dasselbe. Insbesondere am Anfang - nicht dass wir was gegen Geld gehabt hätten, aber das meiste floss gleich wieder in die Musik. Was Allen angeht, sind gemischte Gefühle geblieben - er hat uns zugleich groß gemacht und über den Tisch gezogen.
    Marshall Chess hatte die gesamte Karriereleiter durchlaufen, angefangen bei der Poststelle, bis er nach dem Tod seines Vaters zum Chef von Chess Records aufstieg. Jetzt hatte er die Firma verkauft und wollte ein neues Label starten, also gründeten wir zusammen mit ihm 1971 Rolling Stones Records. Atlantic Records sollte den Vertrieb übernehmen, wodurch der elegante Türke Ahmet Ertegun ins Spiel kam. Ahmet! Zusammen mit seinem Bruder Nesuhi brachte er das Musikbusiness dazu, seine Ansichten über die Hörgewohnheiten der Leute gründlich zu überdenken. In seiner Arbeit klang unser (zugegeben jugendlich-naiver) Idealismus nach. Verdammt, den Kerl vermisse ich wirklich! Zum letzten Mal habe ich ihn backstage im New Yorker Beacon Theatre getroffen. »Wo ist hier das Scheißhaus, Mann?« Ich brachte ihn hin, er legte den
Riegel vor, und ich trabte auf die Bühne. Nach der Show wurde uns mitgeteilt, dass er auf den Fliesen ausgerutscht war, ein Sturz, von dem er sich nie richtig erholt hat. Ich habe ihn geliebt. Ahmet hat talentierte Leute gefördert. Und er fasste selbst mit an, ganz anders als bei diesen Riesenkonzernen EMI oder Decca. Seine Firma war aus Liebe zur Musik entstanden. Ihm ging es nicht nur ums Geschäft, genauso wenig wie Jerry Wexler. Das war ein Team, fast eine Familie. Muss ich wirklich die ganzen Namen im Katalog aufzählen? Aretha … Ray … es sind einfach zu viele. Auf einmal gehörte man zur Elite.
     
    1970 stellten wir fest, dass wir ein echtes Problem hatten.
    Wir waren in eine aberwitzige Lage geraten: Klein borgte uns Geld, das wir ihm niemals würden zurückzahlen können. Einerseits weil

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