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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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ein fanatischer Workaholic. Wenn ich eine gute Idee hatte, dann musste ich sie auf Band bannen - sofort. Fünf Minuten später hatte ich sie vielleicht schon wieder vergessen. Ich stellte fest, dass es manchmal vorteilhafter war, wenn alle glaubten, ich sei sauer - ohne dass einer wusste, warum. So konnte ich
mehr aus ihnen rauskitzeln. Sie dachten, aufgepasst, heute ist er komisch drauf, irgendwie exzentrisch oder streitsüchtig. Aber am Ende bekam ich, was ich aus einem Track oder einem Song herausholen wollte. Den Trick wandte ich allerdings nur an, wenn ich es für absolut notwendig hielt. Außerdem konnte ich dann immer für eine Dreiviertelstunde aufs Klo verschwinden und mir einen Schuss setzen, während sie darüber nachdachten, was ich gerade gesagt hatte.
    Ich nehme an, dass ihnen meine Zeitplanung ziemlich eigenartig vorkam. Bald nannten sie es Keith Time, und vor allem Bill Wyman wurde deswegen ein bisschen stinkig. Nicht, dass er jemals was gesagt hätte. Meine ersten Planungen sahen vor, um zwei Uhr nachmittags anzufangen, was aber nie klappte. Also verschoben wir den Arbeitsbeginn auf sechs Uhr abends, was in der Regel darauf hinauslief, dass es gegen ein Uhr nachts losging. Charlie schien das nichts auszumachen. Aber Bill war in dieser Hinsicht empfindlich. Im Nachhinein kann ich das verstehen. Ich ging aufs Klo, grübelte über den Song nach, setzte mir einen Schuss, und nach fünfundvierzig Minuten hocke ich immer noch da und versuche rauszufinden, was ich da eigentlich tue. Ich hätte einfach sagen sollen, Jungs, macht eine kleine Pause, ich muss noch ein bisschen über die Sache nachdenken. Aber das habe ich nicht getan. Das war unhöflich und rücksichtslos von mir.
    Anscheinend war mein Spruch »Ich geh mal eben hoch und bring Marlon ins Bett« das Signal für jeden, dass ich für die nächsten paar Stunden verschwunden sein würde. Andy Johns erzählte mir, dass er einmal mit Mick und Jimmy Miller unten an der Treppe stand und sagte: »Wer geht jetzt hoch und weckt ihn auf? Ich tu mir den Scheiß nicht mehr an.« - »Keine Chance, ich geh da nicht rauf. Geh du rauf, Andy.« - »Wieso ich? Ich bin doch nur der kleine Andy. Kommt schon, Jungs, ich pack das nicht mehr.« Dazu
kann ich nur sagen, dass das auf der Tour Ende der Siebziger noch schlimmer wurde. Da hatte nur Marlon die Genehmigung, mich zu wecken.
    Aber irgendwie klappte es schon. Lassen wir Andy Johns, unseren unermüdlichen Toningenieur im Mighty Mobile, Zeugnis ablegen:
    Andy Johns: Wir arbeiteten an »Rocks Off«. Bis auf Keith waren alle schon gegangen. Er sagte: »Spiel mir das noch mal vor, Andy.« Es war vier oder fünf Uhr morgens, und während das Band lief, schlief er ein. Ich dachte, klasse, jetzt komm ich endlich auch mal raus. Ich bin also zu der Villa gefahren, die Keith freundlicherweise für mich und Jim Price gemietet hatte. Ich war gerade eingeschlafen, als das Telefon klingelte. »Wo zum Henker steckst du? Mir ist eben was Fantastisches eingefallen.« Es war eine halbe Stunde Fahrt mit dem Auto. »Tut mir leid, Keith. Ich bin gleich da.« Also ich wieder ins Auto und zurück. Er spielte dann noch diesen anderen Part mit der Telecaster ein. Daraus wurde dieses Wechselspiel mit den zwei Gitarren auf »Rocks Off«, das mich immer noch umhaut. Er hat das in einem einzigen Take runtergerissen, zack und fertig. Heute bin ich froh, dass das so gelaufen ist.«
    Dann reiste irgendwann der ganze Zirkus ab. Ich blieb mit Anita, Marlon und einer kleinen Restcrew in Nellcôte. Im Spätherbst drängten vom Meer Wolken an Land, es wurde grau und stürmisch, die Farben veränderten sich. Dann kam der Winter, der ziemlich trübselig war, vor allem wenn man an den Sommer zurückdachte. Außerdem wurde es brenzlig. Die Beamten von der brigade des stupéfiants , wie die Drogenfahnder genannt wurden,
saßen uns im Nacken. Sie hatten Beweise zusammengetragen und Zeugen vernommen. Nicht nur die üblichen Verdächtigen, sondern auch mich und die Cowboys und alle anderen Konsumenten von stupéfiants in unserer Gruppe. Zugegeben, die diesbezüglichen Aktivitäten in Nellcôte waren nicht gerade unauffällig gewesen, und es war auch nicht sonderlich schwer gewesen, uns auszuspionieren.
    Im Oktober wurde im Haus eingebrochen und ein Großteil meiner Gitarren gestohlen. Wir wären ja daraufhin einfach abgehauen, aber die französischen Behörden ließen uns nicht gehen. Man teilte uns mit, dass wegen diverser schwerwiegender Delikte offiziell

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