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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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zu bekommen und ihn zu behalten. Er stand um fünf auf, kam um halb acht nach Hause und ging um halb elf schlafen; da blieben ihm
ungefähr drei Stunden für die Familie. An den Wochenenden versuchte er das wettzumachen. Er nahm mich mit in seinen Tennisclub oder in die Heide, wir spielten ein bisschen Fußball oder kümmerten uns zusammen um unseren kleinen Garten. »Mach dies, mach das.« - »In Ordnung, Dad.« - »Hier die Schubkarre, hack dies um, reiß das raus.« Es machte mir Spaß, unserem Grünzeug beim Wachsen zuzuschauen, und ich wusste, dass Dad sich auskannte. »Die Kartoffeln müssen jetzt rein.« Nur das Nötigste. »Die Stangenbohnen werden gut dieses Jahr.« Er blieb ziemlich auf Abstand. Für viel mehr hatten wir keine Zeit, aber ich war trotzdem glücklich. Für mich war er ein großartiger Bursche, eben mein Dad.
    Als Einzelkind ist man gezwungen, sich seine eigene Welt zu erfinden. Du lebst mit zwei Erwachsenen zusammen, einen Teil deiner Kindheit bekommst du also fast ausschließlich Erwachsenengespräche zu hören. Und während ich mir die Unterhaltungen über Versicherungen und Miete anhörte, hatte ich niemanden, der mir zuhörte. Aber das ist bei jedem Einzelkind so. Keine Brüder oder Schwestern, die man sich schnappen könnte. Also geht man raus und sucht sich Freunde, nur dass die Zeit zum Spielen bei Sonnenuntergang vorbei ist. Es lebten auch keine Cousins und Cousinen in der Nähe, obwohl unsere Familie wirklich weitläufig war. Die Frage ist, wen sucht man sich als Freund und wie findet man ihn überhaupt. Ein sehr wichtiger, ein lebenswichtiger Aspekt für einen Jungen in diesem Alter.
    Die Ferien waren in dieser Hinsicht eine besonders intensive Zeit. Wir fuhren meist nach Beesands in Devon, wo wir einen Wohnwagen hatten. Beesands lag neben Hallsands, einem verfallenen, ins Meer gerutschten Dorf - für mich als kleinen Jungen äußerst faszinierend. Wie in dem Film Five Go Mad in Dorset. All die baufälligen Häuser, von denen man die Hälfte unter Wasser erahnen
konnte, und gleich daneben die bizarren, romantischen Ruinen. Beesands war ein altes Fischerdorf, direkt am Wasser, auf dem Strand lagen die Fischerboote. Ich fand das Dorf fantastisch, weil ich schon nach zwei oder drei Tagen jeden kannte. Am vierten Tag nuschelte ich schon mit schwerem Devon-Akzent und spielte, wenn ich Touristen über den Weg lief, begeistert den Einheimischen. »Which way’s Kingbridge?« - »Ooh, where ye be goin’?« Eine sehr elisabethanische Redewendung, die Leute da sprechen immer noch ein sehr altes Englisch.
    Manchmal campten wir auch im Zelt, was Bert und Doris schon immer gemacht hatten. Ich lernte, wie man den Campingkocher anzündet, wie man das Überdach aufbaut, wie man die Unterlegplane ausrollt. Sobald wir angekommen waren, hielt ich Ausschau nach jemandem, mit dem ich etwas unternehmen konnte. Wenn ich keinen fand, langweilte ich mich. Und ich wurde ein bisschen eifersüchtig, wenn ich eine Familie mit vier Brüdern und zwei Schwestern sah. Aber gleichzeitig wird man so auch erwachsener. Weil man sich hauptsächlich mit der Erwachsenenwelt auseinandersetzen muss - mal abgesehen von der eigenen Welt, die man sich erschafft. In ihr kommen die Fantasie und all die Sachen ins Spiel, die man auch alleine machen kann. Wichsen zum Beispiel. Daher bedeutete mir jede Freundschaft besonders viel. Manchmal lernte ich fabelhafte Ersatzbrüder oder -schwestern aus einem anderen Zelt kennen, und wenn die Zeit dann vorbei war und wir wieder nach Hause fuhren, war ich immer todtraurig.
    Das Höchste für meine Eltern waren die Samstage und Sonntage im Bexley Tennis Club, einem Anhängsel des Bexley Cricket Club, der ein prachtvolles, wunderschönes Clubgebäude aus dem neunzehnten Jahrhundert besaß. Im Tennisclub kam man sich immer wie die arme Verwandtschaft vor. Man wurde nie in den Cricketclub eingeladen.

    Außer wenn es wie aus Kübeln schüttete, gab es am Wochenende dennoch nur eine Option - ab in den Tennisclub. Ich kenne mich in Bexley besser aus als in Dartford. Meine Cousine Kay und ich kamen nach dem Mittagessen mit dem Zug nach und trafen meine Eltern im Club - an jedem Wochenende. Die meisten anderen Leute gehörten eindeutig zu einer anderen Schicht der englischen Klassengesellschaft. Sie hatten Autos. Wir fuhren Rad. Mein Job war es, die über die Bahngleise geflogenen Bälle wieder einzusammeln - wobei ich immer Gefahr lief, von einem Stromschlag gekillt zu werden.
    Zur Gesellschaft

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