Life - Richards, K: Life - Life
dass ich das Zeug brauche. Irgendwie muss ich da rankommen. Also, wie stellt ihr euch das vor? Wollt ihr mir hinterherlaufen, um mich wieder hochzunehmen? Oder wie sieht euer Plan aus? Ihr habt doch einen Plan? Jetzt gebt mir erst mal ein bisschen was, damit ich in Ruhe nachdenken kann. »Nein, nein, nein.« In dieser Notlage eilte mir tatsächlich Bill Wyman zu Hilfe. Bill war der Erste, der vorbeischaute und fragte, ob er was für mich tun könnte. Mir ist das Dope ausgegangen, antwortete ich grundehrlich. Ich wusste, das war nicht Bills Spezialgebiet, aber er antwortete: »Mal sehen, was ich tun kann.« Und er wurde fündig. Die Leute vom El Mocambo hatten Connections vor Ort. Bill besorgte mir ein wenig Stoff, und so hatte ich bald das Ärgste überstanden. Natürlich ging er damit ein ziemliches Risiko ein, schließlich stand ich unter strengster Beobachtung. Ich glaube, so nah waren wir uns nie wieder, Bill und ich.
Die Mounties haben nie wieder versucht, mich festzunehmen. Damals wurde ich folgendermaßen zitiert: »Bei diesem Prozess geht es um dasselbe wie bei jedem anderen Prozess, immer dieselbe Geschichte: die gegen uns. Ich finde das ziemlich ermüdend. Ich habe meine beschissene Zeit abgesessen. Warum kümmern die sich nicht zur Abwechslung mal um die Sex Pistols?« Doch irgendwem war es verdammt ernst mit der Klage, und die Tatsache, dass Margaret Trudeau, die Gattin des kanadischen Premierministers, zu uns ins Hotel gekommen war, verkomplizierte die Angelegenheit noch zusätzlich. Margaret Trudeau als Teil der Stones-Entourage, ein gefundenes Fressen für die Klatschpresse. Die junge Frau des Premiers bei den Stones, dazu ein Haufen Drogen, das
gab Futter für mindestens drei Monate. Letztendlich mag es mir sogar zugutegekommen sein, aber im ersten Moment konnten wir uns keine Verkettung ungünstigerer Umstände vorstellen. Bei ihrer Heirat war Margaret zweiundzwanzig gewesen, Pierre einundfünfzig. Der Mächtige und das Blumenkind, ein bisschen wie Sinatra und Mia Farrow. Jetzt konnte man Trudeaus junge Braut beobachten, wie sie im Bademantel unseren Flur entlangschlenderte. Und das an ihrem sechsten Hochzeitstag! Sie hätte den Premier verlassen, hieß es. Tatsächlich war sie in das Zimmer neben Ronnie gezogen, und die beiden hatten eine Menge Spaß miteinander - oder wie Ronnie es in seiner Autobiografie so schön ausdrückt: »Diese kurze Zeit war für uns beide etwas ganz Besonderes.« Um dem Trubel zu entkommen, reiste Margaret nach New York, aber da auch Mick nach New York flog, dachte man jetzt, die beiden wären ein Paar - es wurde immer schlimmer. Dabei war sie nur ein Groupie, nicht mehr und nicht weniger. Und das war auch völlig in Ordnung. Bloß sollte man vielleicht keinen Premierminister heiraten, wenn man eine Groupiekarriere anstrebt.
Gegen eine hohe Kaution hatten sie mich zunächst auf freien Fuß gesetzt, aber da sie meinen Pass einbehielten, saß ich in der Falle. Ich musste im Hotel bleiben, ohne zu wissen, ob sie mich vielleicht nicht doch noch verhaften würden. Sie hatten mich in die Enge getrieben. Bei der nächsten Anhörung warfen sie mir zusätzlich Kokainbesitz vor und zogen die Bewährung zurück, bekamen mich wegen einer Formsache aber wieder nicht dran. Dabei hätte ich liebend gern gesehen, ob sie wirklich den Mut gehabt hätten, mich ins Gefängnis zu stecken. Die spielten sich doch nur auf, die hatten gar nicht die Eier dazu, denen fehlte das Selbstvertrauen! Sicherheitshalber verließ die restliche Band Kanada, eine weise Entscheidung. Ich war der Erste gewesen, der gesagt hatte: Ihr Arschlöcher haut jetzt ab, sonst ziehen sie euch auch noch mit
rein. Ich hab mir das selbst eingebrockt, also muss ich es auch auslöffeln.
So wie es aussah, würde ich tatsächlich ins Gefängnis wandern. Meinen Anwälten zufolge konnte ich mit zwei Jahren rechnen. Stu schlug vor, die Wartezeit für ein paar Soloaufnahmen zu nutzen, ein paar Tracks, damit man mich nicht vergisst. Er mietete ein Studio mit einem wundervollen Klavier und einem Mikro. Das Ergebnis war KR’s Toronto Bootleg , der seit einiger Zeit in den entsprechenden Kreisen kursiert. Wir nahmen die ganzen Countrysongs auf, die ich zu der Zeit eben so vor mich hinklimperte, aber wegen der üblen Zukunftsaussichten haftete dem Ganzen eine gewisse Dramatik an. Ich spielte Songs von George Jones, Hoagy Carmichael und Fats Domino, wie früher mit Gram. Merle Haggards »Sing Me Back Home« ist ohnehin ziemlich traurig
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